Ratgeber Übergewicht

Schlusslicht schließlich Alkoholkalorien, die so gut wie überhaupt nicht satt machen. Kohlenhydratkalorien bringen immer die größte Menge auf den Teller (z. B. Bananen), während Fettkalorien (z. B. Öl) kaum Volumen mitbringen. Die kurzfristige Sättigung nach dem Essen wird aber im wesentlichen durch das Nahrungsvolumen ausgelöst. Also, es ist wie mit den Kilometern. 100 Kalorien sind immer 100 Kalorien, aber wenn wir diese Kalorienmenge als Brotscheiben oder als Butter verzehren, dann wirken diese Kalorien durch ihr unterschiedliches Volumen anders.
    Auch im Körper entfalten Kalorien unterschiedliche Wirkung. Insbesondere die Kohlenhydratkalorien regulieren Hunger und Sättigung, denn das Gehirn wird mit Glukose (Kohlenhydrat) ernährt. Die Speicher für Kohlenhydrate (in der Leber) sind vergleichsweise klein (ca. 300 Gramm), darum schaltet der Organismus auf „Hunger“, wenn die Vorräte gegen Ende gehen – auch wenn noch gewaltige Mengen an Fettkalorien zur Verfügung stehen, doch die sind keine Nahrung fürs Gehirn. Darum meldet sich nach einer Bratwurst mit Pommes und Mayo bald wieder der Hunger, denn die paar Kohlenhydrate in den Pommes haben die Kohlenhydratspeicher nicht füllen können. Kurzfristig erlebte man Sättigung, weil der Magen gefüllt wurde, doch fettreiches Essen „hält nicht vor“.
    1992 erlebte ich eine große Überraschung. Zusammen mit der AOK haben wir ein Trainingsprogramm für Übergewichtige angeboten. In der ersten Woche füllten alle Teilnehmer ein Tagebuch aus, in das alles eingetragen wurde, was gegessen und getrunken wurde. Als 200.000 Tagebücher aus dem gesamten Bundesgebiet vorlagen, haben wir berechnet, wie viel Kalorien normal-, übergewichtige und sehr übergewichtige Teilnehmer aufnehmen. Die Überraschung: Kein Unterschied!
    Als sich unser Erstaunen etwas gelegt hatte, wurde eine weitere Berechnung vorgenommen, denn Kalorien als solche kann kein Mensch essen oder trinken. Wir untersuchten daher die Fettkalorien und Kohlenhydratkalorien getrennt. Und der Computer bescherte uns klare Ergebnisse: Übergewichtige ernähren sich mit einem anderen Kalorien-Mix als Normalgewichtige. Ihr Mix besteht aus mehr Fett-, aber aus weniger Kohlenhydratkalorien. Diesen Mix nannte ich dann den „dicken Mix“. Normalgewichtige essen einen umgekehrten Mix: weniger Fett-, mehr Kohlenhydratkalorien. Das ist der „schlanke Mix“.
    Übrigens, bei Kindern und Jugendlichen fanden wir die gleichen Ergebnisse. Dicke Kinder bevorzugen den „dicken Mix“, normalgewichtige Kinder den „schlanken Mix“. Schottische Kollegen haben wenig später diese Ergebnisse bestätigt. Sie analysierten zudem noch den Verzehr von Zucker und fanden ein Resultat, das auch Sie erstaunen lässt: Übergewichtige nehmen viel weniger Zucker auf als Normalgewichtige. Zucker ist ein konzentriertes Kohlenhydrat und erfüllt offenbar nicht die Rolle, die ihm immer nachgesagt wurde: Zucker als der Dickmacher!
    Wenn es also auf den Kalorienmix ankommt, dann macht es wenig Sinn, einfach nur Kalorien zu zählen. Wenn Kalorie nicht Kalorie ist, dann müssen Sie darauf achten, welche Kalorien Sie essen oder trinken.
    Wer Kalorien zählt, legt auch den Apfel weg, spart eine Scheibe Brot, isst kein Gemüse, denn natürlich sind in diesen Produkten auch Kalorien. Aber es sind exakt die Kalorien, von denen figurgeplagte Menschen ohnehin zu wenig essen. Wer abnehmen will, muss gerade diese Kalorien verzehren, die viel Menge auf den Teller bringen. Ist das nicht eine schöne Vorstellung: Wer abnehmen will, muss mehr essen!
    Schnell zur Information, welche Lebensmittel vor allem Lieferanten für die vier unterschiedlichen Kalorienarten sind (vgl. Tabelle 2 ).
    Tabelle 2: Kalorienarten – Sättigungsgefühl – Lebensmittel
Kohlenhydratkalorien
Gutes Sättigungsgefühl, bringen Volumen auf den Teller, liefern Vitamine und Mineralstoffe
In allen Pflanzenprodukten wie Gemüse, Obst und Salat, in Getreideprodukten wie Brot, in Kartoffeln, Nudeln und Reis. In Form von Zucker in Softdrinks, Kuchen und Süßigkeiten.
Fettkalorien
Geringes Sättigungsgegefühl, wenig Volumen, Geschmacksverstärker, lebenswichtige Fettsäuren
In tierischen Produkten wie Milch, Sahne, Käse, Butter, Schmalz, Wurst, Fleisch. In pflanzlichen Produkten wie Margarine, Öl, Kokosfett, Avocado.
Eiweißkalorien
Sehr gutes Sättigungsgefühl, liefern Bausteine für Muskelaufbau
In tierischen Produkten wie Milch, Käse, Eiern, Fleischwaren, aber auch in