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Ratings, Ratings, Ratings (German Edition)

Ratings, Ratings, Ratings (German Edition)

Titel: Ratings, Ratings, Ratings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Brocks
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restlichen zwei Wochen Urlaub lasse ich mir auszahlen, denn bald werde ich nicht mehr viel Knete haben.
    Ich traute mich nun auch, meinen wichtigsten langjährigen Kunden anzurufen. Er führte mir direkt neue Probleme, die die Lebensversicherungsbranche gerade so durchmachte vor und wie sehr sein Unternehmen erfolgreich gegen die ganzen Probleme ankämpfte, ohne dass ich überhaupt danach gefragt hatte. Aber das erinnerte mich an meine Pflichten in den nächsten vier Wochen hier. Überall gab es Probleme von außen und daneben mussten die Unternehmen auch noch mit hauseigenen Problemen kämpfen.
    Wir alle trugen trotzdem Anzüge und teure Mäntel und Uhren, und nach dem Gespräch, war es an der Zeit, meinem Kunden meinen Abgang zu stecken.
    „Wirklich? Wohin gehst du denn?“, fragte dieser . „Nach Afrika“, sagte ich immerhin mutig „Für mich ist im Moment ein Ortswechsel nötig“ und mehr verriet ich ihm nicht. Ich war ihm ja auch keine Rechenschaft nötig. Dann verfasste ich ein kurzes Schreiben, formulierte es noch mal um, um es an alle meine Geschäftskontakte zu schicken, lehnte mich zurück und tat erst mal nichts.
    Danach passierte auch in meiner Outbox nichts. Noch nichts. Das würde sich aber schon bald ändern. Es fehlte mir nur noch der Mut die Mail abzuschicken. Aber mein Finger fand den Sendeknopf nicht. Noch nicht.

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    …………… Arbeiten ist gut, kündigen ist besser. Auch Tristan hatte den Schritt getan und wurde nicht mal gefragt, was nun. Denn es war klar, dass er seinen Job samt den Tieren liebte und alle wussten, dass er schon lange nach Afrika gewollt hatte, aber halt nicht alleine. Doch als er aus dem Urlaub kam, mit einem Dauergrinsen im Gesicht, war allen klar, dass dieser Zeitpunkt nun gekommen war.
    Mich interessierte dahingegen ein sauberer Abgang. Kontrolle würde auf jeden Fall von meinem Nachfolger anstehen.
    Ich fahre mit den Augen durch mein Kundenverzeichnis, und bleibe direkt beim dritten hängen. Von den ca. 12 Versicherungsratings, die ich in Deutschland betreue, gehört dieser Kunde zu den wenigen, der nach dem Zusammenbruch der Aktienmärkte in 2002 seine Kapitalanlagestrategie gänzlich neu durchdacht hatte. Ein paar Aktien, lediglich 4% des Gesamtportfolios, war derzeit (im Vergleich zu den ehemals fast 30%) noch in Aktien angelegt, und dennoch waren seine erzielten Kapitalerträge überhaupt keine Glanzleistung auf dem Parkett, sondern sahen aufgrund anderer Baustellen überhaupt nicht gut aus.
    Zudem war v on faulen Bankkrediten in vielen Presseberichten die Rede gewesen, und über hohe Abschreibungen, die sich nicht nur auf den Firmenwert einiger Tochtergesellschaften und griechische Staatsanleihen bezogen, hatte ich auch irgendwo gelesen. Die Presseberichte fand ich direkt im Papierstapel vor mir (das lag mir echt, im Chaos Artikel erfolgreich zu finden) und ohne weitere Positionen zu prüfen, hatte ich fast 300 Millionen Euro an Abschreibungen zusammengerechnet und damit sah es echt so aus, als ob das Unternehmen fast sein ganzes Pulver verschossen hatte.
    Der Anruf musste wirklich flott über die Bühne gehen, weil zwischen einem Rating mit negativem Ausblick und Herunterstufung im Falle konkreter Anliegen nicht mehr als 6 Monate verstreichen sollten. Ich fragte Chris, ob ich das richtig sehen würde?
    „Ja“, sagte er, klar und deutlich und ohne viele Worte. „Ich hab Gott sei Dank solche Fälle nicht bei mir auf dem Tisch, aber frag mal John, der hat in Frankreich auch so einen Kunden“, fügte er dann netterweise noch hinzu. Da war dieses Thema in meiner Abwesenheit wohl schon auf dem Tisch gewesen.
    Ich stellte immer wieder fest, dass trotz unserer eigenen stressigen immer angespannten Situation der Buschfunk hier noch bestens funktionierte. John hatte echt ein ähnliches Beispiel und das Unternehmen auch schon informiert und legte mir auch nahe, mich direkt an den Hörer zu schwingen.
    Selbst wenn 2012 weiter gut verlaufen würde, selbst wenn keine Naturkatastrophen das Ergebnis weiter belasten würden, sähe es nicht gut aus mit dem noch guten Rating, das (wie gesagt) schon im letzten Jahr mit einem negativen Ausblick versehen wurde. Kommt es dann wirklich zu einer Herunterstufung im Rating-Komitee, hat man das Unternehmen wenigstens schon darauf vorbereitet. Und das am besten schonend.
    Ich sprach mit meinem Rating-Kontakt zunächst über den deutschen Bundespräsidenten, auch wenn ich generell nicht gerne über diese Themen sprach und meine

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