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Ratings, Ratings, Ratings (German Edition)

Ratings, Ratings, Ratings (German Edition)

Titel: Ratings, Ratings, Ratings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Brocks
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Meinung zu den ganzen Geschichten in der alten Heimat lieber verschwieg.
    Und dann wagte ich mich an das Jahresergebnis 2011 . Allerdings unter dem Deckmantel der Kapitalmärkte.
    Ein gutes Beispiel für gute Pressekontakte sind ihre immer guten Argumente. „Sieht man sich den volatilen Markt an“, brüllte es laut, aber sachlich in den Hörer, „sind alle Unternehmen deutschlandweit, nein weltweit, betroffen. Insbesondere die größeren Unternehmen, wie zum Beispiel die, die in Thailand oder Australien oder sonstwo viel Schaden erlitten haben, gehören zu den Verlierern.
    Mit anderen Worten wollte er damit sagen, d ass sein Unternehmen besser dasteht als viele andere, und auch wir Rating-Analysten müssen das doch sehen.
    Ich aber weiß, dass der operative Gewinn in 2011 definitiv zurückgegangen ist. Das sagte mir auch der veröffentlichte Geschäftsbericht. Nochmals betonte mein Kontakt, dass sein Unternehmen vergleichsweise gut positioniert sei, plante es doch gar den Zukauf weiterer Gesellschaften, die es sich auch leisten kann.
    Wertminderungen aus Griechenlandanleihen (das diese inzwischen als zinsloses Risiko verkauft werden ist mittlerweile auch in der Presse bekanntgegeben worden) und Bankpapieren und Aktien und Rentenpapieren erwähnt er alle nicht. Zähle alle Wertminderungen zusammen und du kommst definitiv auf einen Gewinnrückgang, auch ohne die eigentlichen Zahlen überhaupt gesehen zu haben.
    Hast du sie jedoch gesehen, zähle alle Positionen zusammen und du kommst auf fast 3 Milliarden Euro, die dem Unternehmen beim Gewinn fehlen. Und tust du diese Zahl dann vom Gewinn abziehen, egal ob vom operativen Ergebnis oder vom Nettoergebnis, das die Abschreibungen beinhaltet, kommst du ganz klar in den Verlustbereich. Das ist einfach so.
    Nur will mein Rating-Kontakt das nicht best ätigen, sondern versuchte mich noch immer mit der schlechten allgemeinen Marktsituation zu ködern. Was definitiv nichts bringen wird. Ergebnisse von den ersten paar Monate in 2012 hatte er bislang allerdings überhaupt nicht erwähnt, aber bald werden wir sie wissen, denn sein Unternehmen muss aufgrund seiner Größe bald Quartalskennzahlen veröffentlichen.
    Auch wenn ich dann schon nicht mehr da bin, kann mein Nachfolger die neuen Zahlen dann gegebenenfalls für die Runterstufung nutzen, denn an meinem Stuhl kann er nicht mehr sägen.
    Allerdings wollte ich tr otzdem gerne in guter Erinnerung bleiben. Daher lobte ich in diesem Gespräch immerhin die Tatsache, dass das Unternehmen keine Dividende zahlen will.
    Und dass die j ährliche Ratingaktualisierung anstand, war ja auch nichts Neues. Die anderen ausstehenden Diskussionen überlasse ich mehr als gerne meinem Nachfolger.
    E s nickte auch schon durch den Hörer und das Wort Gewinnrückgang wurde in diesem Telefonat von mir überhaupt nicht ausgesprochen.
    Ich ha tte einfach keine Lust mehr. Daher beendete ich das Gespräch auch ohne viel weiteres Tamtam und legte einfach aus. So wie Tristan es immer tut. Tut macht übrigens nicht nur das Auto. Tut machte es auch in England in der Leitung. Nur das Klingeln klingt anders.

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    …………… Riesige Verluste hatten alle meine Kunden eingefahren, und mir graute nicht nur vor der ganzen Arbeit, sondern auch davor, dass meine guten Geschäftsbeziehungen mich in schlechter Erinnerung halten würden.
    Und ich sagte das dann auch laut zu Chris. Der lachte. „Geht uns doch allen so“, sagt e er. „Die können uns doch nicht alle erschießen“. Oder vom Dach schmeißen, wurde ich an ein Rating-Treffen vor vielen Jahren zurückerinnert, als man uns bei immerhin zwei Versicherern in verschiedenen Städten für die schöne Aussicht aufs Dach geführt, aber letztendlich doch wieder runtergeführt hatte.
    Ich war trotzdem ein wenig ernüchtert, weil ich halt bei allen in guter Erinnerung bleiben wollte. Sollte das ohne gutes Rating wirklich nicht gehen? Vor allem, wenn es wirklich weltweit zu Herunterstufungen kommen sollte? Alles was Tristan dazu zu sagen hatte, war, dass sich im Grunde doch nichts ändern täte, bliebe der Abstand von guten zu schlechten Unternehmen doch gleich, und damit doch alles beim Alten, halt nur auf einer niedrigeren Basis.
    Ich konnte kaum glauben, was ich da hörte, als er das sagte. Trotzdem hatte er irgendwie Recht, denn die Rating-Noten bewegten sich lediglich alle im Durchschnitt nach unten. Und die Guten blieben weiterhin die Guten auf der Rating-Skala, und die Schlechten blieben schlecht. Ganz

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