Ratschlaege für ein erfuelltes Leben

Diejenigen, die gegen ihre wahren Feinde, die störenden
Gefühle,
gegen Zorn, Hass, Begierde und Eifersucht kämpfen,
ungeachtet der Leiden, die sie für diesen Sieg auf sich
nehmen müssen,
sind wahre Helden.
    Shantideva

Zorn ist ein schlechter Ratgeber
    O ft werden wir auf jemanden zornig, weil wir der Ansicht sind, der Betreffende lasse es uns gegenüber an Respekt fehlen, verhalte sich ungerecht, vielleicht auch ablehnend oder Ähnliches. In Wirklichkeit spielt sich all das aber in unserem Geist ab. Ist unser Geist von Güte, Großzügigkeit und Freude erfüllt, werden wir innerlich ruhig bleiben, welches Verhalten unser Gegenüber auch an den Tag legen mag.
    Ich verwende in diesem Zusammenhang gern das Beispiel eines Nachbarn, der wirklich zornig auf Sie ist. Er würde Ihnen am liebsten mit einem Stock zu Leibe rücken. In diesem Fall wären Sie doch sicher nicht auf den Stock wütend, mit dem er auf Sie einschlägt. Aber genauso abwegig wäre es, wenn Sie auf Ihren Nachbarn böse wären, der seinen störenden Gefühlen und seinem Zorn gänzlich ausgeliefert ist. Wenn Sie die Dinge auf diese Weise betrachten, werden Sie Mitgefühl für jeden empfinden, der versucht, Ihnen wehzutun oder zu schaden. Und wenn Sie Mitgefühl empfinden, können Sie auf den Betreffenden nicht mehr böse sein oder in Zorn geraten.
    Das Ego besitzt keinerlei Existenz an sich und genauso verhält es sich mit den negativen Emotionen der Person, die Sie verletzt. Wenn Sie auf deren Verhalten mit Zorn reagieren, so bedeutet dies, dass Sie dem »Ich« eine unabhängige Existenz an sich zuschreiben, die es aber nicht gibt.
    Lassen Sie sich also zu einer zornigen Handlung hinreißen, so zeigt dies, dass Sie von genau der negativen Emotion beherrscht werden, die Auslöser für das negative Verhalten des
anderen war. Die Konsequenzen Ihrer Handlung zeigen sich langfristig in Form von Leiden für Sie und alle Beteiligten.
    Sie können Zorn und jedes andere störende Gefühl in Ihrem Geist in deren Gegenteil umwandeln. Ob Sie zornig werden oder nicht, hängt nicht vom Verhalten Ihres Gegenübers ab, sondern vom Zustand Ihres Geistes und von Ihrem Verständnis der wahren Natur der Wirklichkeit.

    Weil er alles als Leerheit wahrnimmt,
verweilt der Bodhisattva im Samsara, dem Kreislauf der
Existenzen,
ohne davon befleckt zu werden, unempfänglich für die
Mängel der Welt.
Dies ist die Frucht der direkten Erkenntnis der Leerheit.
Das größte Hindernis für die Befreiung vom Leiden
ist der Schleier der Leidenschaften.
Das größte Hindernis für die Allwissenheit
ist die Unwissenheit.
Leerheit ist das Gegengift gegen diese beiden Schleier,
die den Geist trüben.
Wer Befreiung wünscht, sollte die Sicht der Leerheit entwickeln!
Wenn dieses Ich existiert, nun gut –
wenn dieses Ich aber nicht an sich existiert,
wer soll sich dann fürchten und Angst haben?
Niemand! Also kann es gar keine Angst geben.
    Shantideva

Klarheit und Mut helfen uns, Probleme zu lösen
    I mmer wenn ich mit einem Problem konfrontiert bin, beobachte ich, was sich in meinem Geist abspielt, um zu einer gewissen heiteren Gelassenheit zurückzufinden. Das kann jeder tun. Wir müssen uns die Zeit nehmen, die inneren Grundlagen für Glück wie auch für Leid gründlich zu untersuchen. Glück und Leid hängen von unserem Geist, also zu hundert Prozent von uns selbst ab. Wollen wir unser Wohlergehen langfristig sichern, müssen wir die Art und Weise, wie unser Geist funktioniert, verändern. Wir müssen verstehen, dass unser Glück und Leid aufs Engste mit dem Glück und Leid der anderen Wesen verknüpft sind. Wir stehen mit allen Wesen in einem Verhältnis dauernder wechselseitiger Abhängigkeit. Wenn man sich dies vor Augen hält, stellt sich ganz natürlich ein Gefühl der Offenheit, der liebevollen Zuwendung und Nachsicht anderen gegenüber ein. Dies wird durch die Erfahrung ebenso bestätigt wie durch das Denken. Diese Dinge haben nicht das Geringste mit einer bestimmten Philosophie oder religiösen Praxis zu tun. Die Wissenschaft hat nachgewiesen, dass Feindseligkeit, Hass und emotionale Fixierungen bestimmte Krankheiten auslösen können, dass aber eine heitere, gelöste Einstellung heilend wirken kann.
    Wenn wir uns also nur darauf stützen, was gesunder Menschenverstand, Erfahrung und Beobachtung uns lehren, so zeigt sich, dass – selbst aus medizinischer Sicht – ein friedvolles, nichtaggressives inneres Wesen mit dem Leben besser in
Einklang steht.