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Rattentanz

Titel: Rattentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tietz
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Straße unterwegs waren, die waren zugedröhnt bis über beide Ohren!«
    Auf der Rücksitzbank lagen Geldscheine und Schmuck, außerdem diverse Päckchen mit verschiedenen Drogen (Hast du Haschisch in der Tasche, hast du immer was zu nasche!) und, Kiefer musste beim Anblick des glänzenden Metalls schlucken, drei Maschinengewehre!
    »Waren keine braven Jungs, wie’s aussieht.« Bubi betrachtete mit wachsendem Interesse das Geld. Der Beifahrer schielte zirkusreif über die eigene Schulter zu den Gaffern nach hinten. Boah eh, das Zeug ist echt geil!, schienen seine grünen Augen zu sagen.
    Kiefer nahm eines der Maschinengewehre und drehte es voller Bewunderung in den Händen. Wenn es einmal läuft, dachte er, dann läuft es eben. Er lachte. »Ich schätze, wir haben soeben das Startkapital in unsere Zukunft gefunden!«
    Eine halbe Stunde später, sie hatten Geld, Schmuck und Waffen in Kiefers Audi umgeladen, kamen sie zum Haus von Adelheid und Eu gen Nussberger.
    »Warte mal!«, sagte Bubi und sah zurück. Er hatte die weit offen stehende Haustür gesehen und plötzlich ein ungutes Gefühl. »Haben die Wagen der Soldaten vorhin nicht hier vor dem Haus gestanden?«
    »Möglich.« Kiefer zuckte nur mit den Schultern.
    »Vielleicht gibt es hier noch was zu holen?«
    Sie parkten vor dem Haus. Alles war ruhig, nur der übertrieben fröhliche Gesang einer Amsel wollte nicht recht ins Bild passen. Im Kies vor dem Haus hatten die Militärfahrzeuge tiefe Spuren hinterlassen.
    Wellendingen, dessen Häuser unten im Tal noch im Schatten lagen, erschien von hier aus wie ein Ort aus einer anderen Zeit. Aus einer längst vergangenen Zeit, einem Damals, in dem es weder Straßenbeleuchtungen noch Berufsverkehr oder Flugzeuge gegeben hatte. Rechts, auf dem Hardt, erzählte das Wrack des Airbusses von einer vergangenen Zukunft und dahinter konnten Kiefer und Bubi den Bagger in der Sonne glitzern sehen und Menschen, klein wie Ameisen, die emsig irgendwas zusammentrugen.
    Die Männer traten ins Haus. Kühle Stille empfing sie.
    »Hallo?«, rief Bubi und erschrak beinahe vor dem Klang seiner Stimme.
    »Jemand zu Hause?« Kiefer öffnete eine Tür. Es war das Wohnzimmer, ein bieder eingerichteter, dunkler Raum. Die Sonne würde erst in den späten Nachmittagsstunden so weit um das kleine Haus herumgewandert sein, dass sie ihre Strahlen in den niedrigen Raum schicken und eine bedrohliche, finstere Schrankwand beleuchten konnte. Das Ungetüm nahm die gesamte Längsseite des Wohnzimmers ein. Sie reichte bis unter die Decke. Um einen niedrigen Tisch mit hellgrünen Kacheln als Platte gruppierten sich ein Sofa und zwei Sessel aus Leder, alles mit Schonbezügen versorgt. Den dicken Teppich hatte Eugen Nussberger vorgestern Abend zuletzt gesaugt und er hatte natürlich auch die Galerie der zierlichen Porzellanfiguren, auf die seine Schwester so stolz war, sorgfältig abgestaubt. Einige der Figuren lagen mit abgeschlagenen Köpfen, Armen und Beinen am Bo den. Sämtliche Türen der Schrankwand standen weit offen, die Schubladen hatte jemand herausgerissen und ihren Inhalt wild im Raum verteilt. Bubi dachte an die geplünderten Geschäfte in Bonndorf, die er gestern mit seinem Vater gesehen hatte. Genauso sah es hier bei Adelheid und Eugen Nussberger aus. Die Soldaten hatten mit unglaublicher Konsequenz das Unterste zuoberst gekehrt. Der alte Nussberger wird Wochen brauchen, dachte Kiefer, um hier wieder Ordnung zu schaffen!
    Aber von dem Geschwisterpaar war weit und breit keine Spur. Bubi und Kiefer gingen in jeden Raum, sahen sogar unter den breiten Betten in ihren Schlafzimmern nach – die Federbetten und Kopfkissen waren aufgeschlitzt und weiche Daunen segelten im fast waagerecht einfallenden Sonnenlicht wie vergessene Schneeflocken. Selbst den Keller hatten die Soldaten nicht vergessen. Sie hatten Vorräte von den Regalen geworfen und als Kiefer die schwere Holztür aufdrückte, schlug ihm ein geruchlicher Cocktail aus Wein, eingekochten Früchten vom letzten Jahr, Sauerkraut, Weichspüler und dem Lack entgegen, den Eugen Nussberger letzte Woche gekauft hatte, um, wie jedes zweite Jahr, die Haustür auf Vordermann zu bringen.
    Kiefer stand noch in dem weiß getünchten Kellergewölbe, seine Augen hatten Mühe, sich an die Dunkelheit zu gewöhnen, als er Bubis Schrei hörte. Er rannte die wenigen Stufen hinauf in den Flur und dann vors Haus.
    »Bubi?«
    »Hier! Hier, hinterm Haus.«
    Kiefer rannte durch den kleinen Gemüsegarten, dessen akkurat

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