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Rattentanz

Titel: Rattentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tietz
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heute aber von unschätzbarem Wert waren.
    »Und wie wichtig es ist, Durchreisende so weit wie möglich von uns fernzuhalten, hat die Geschichte mit dem Kind gestern gezeigt, das in unseren Bach gepinkelt hat.«
    »Obwohl es natürlich ein zweischneidiges Schwert ist, wenn wir uns völlig abschotten«, gab Bea zu bedenken. »Es könnte ja auch mal ein Elektriker unter den Durchreisenden sein oder ein Arzt. Beides brauchen wir dringend. Aber wenn wir uns nur einigeln und auf uns selbst verlassen, schicken wir den Elektriker vielleicht nach Bonndorf und den Arzt nach Stühlingen.«
    Basler hatte diesen Aspekt selbst auch schon bedacht. Er war zu einer Lösung gekommen, die ganz nebenbei auch noch die Notwendigkeit seiner Schutztruppe unterstrich.
    »Hätten wir einen funktionierenden Selbstschutz, könnten wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen«, begann er. Die anderen hörten ihm zu, wenn sich auch, vor allem in Faust, vieles gegen die Vorstellung einer eigenen Polizei regte.
    »Erstens der Schutzaspekt. Wenn wir weiter wie das Kaninchen vor der Schlange sitzen und nur hoffen, dass es uns nicht trifft, werden wir erst recht Gesindel anlocken. Die, die letzte Nacht in unserer Gastwirtschaft eingebrochen haben, planen bestimmt schon ihren nächsten Coup, vor allem, da sie keinerlei Widerstand angetroffen haben. Vielleicht bringen sie nächste Nacht noch ein paar Kumpels mit und bleiben etwas länger, wer weiß schon, was die gerade aushecken. Aber ich verspreche euch, genauso schnell wie sich herumspricht, dass hier bei uns leichte Beute nur darauf wartet, abgeholt zu werden, genauso schnell wird sich herumsprechen, wenn wir uns das erste Mal erfolgreich gewehrt und unser Dorf verteidigt haben. Das sind doch keine Profis, die da am Werk sind.«
    Bea nickte. »Da könntest du richtigliegen, Roland. Ich meine, bisher hatten wir hier kaum Kriminalität. Die paar Einbrüche, die hier übers Jahr in unserer Gegend passieren und vielleicht mal eine Schlägerei im Suff, aber sonst? Ich denk auch, dass es sich um ganz normale Leute handelt, wahrscheinlich Bonndorfer, die wir bestimmt sogar kennen.«
    »Und warum sollten die jetzt plötzlich ihren Spaß am Einbrechen entdeckt haben?« Eisele bezweifelte, dass Leute aus ihrem Umfeld verantwortlich waren, denn, wie der Überfall auf Nussbergers zeigte, ka men natürlich auch Fremde infrage.
    »Weil sie Hunger haben?«, mutmaßte Bea. »Bei Albickers sind vorletz te Nacht Lebensmittel gestohlen worden und in der Krone jetzt auch.«
    »Lebensmittel, die wir selbst brauchen.«
    »Wenn wir also das Bisschen, was wir haben, behalten wollen, wäre eine Schutztruppe genau richtig.«
    »Und was ist die zweite Fliege, die wir mit dieser Truppe schlagen könnten?«, wollte Faust wissen.
    »Auslese. Auslese, wenn es darum geht, wer unser Dorf passieren darf. Wenn wir an den Straßensperren, die du mit Mettmüller angelegt hast, bewaffnete Posten aufstellen, die die Reisenden kontrollieren und befragen und es findet sich ein Arzt oder ein Elektriker darunter, können wir die ja ins Dorf bringen.«
    »Hoffentlich nur, wenn sie wollen!«
    »Natürlich nicht gegen ihren Willen, wir sind ja hier nicht Guantanamo. Aber wer will und uns von Nutzen sein kann, sollte ruhig kommen dürfen. Wohnraum wäre vorhanden.« Basler spielte auf eine Handvoll leere Wohnungen und Häuser an, deren Besitzer inzwischen das Dorf verlassen hatten.
    »Klingt vernünftig«, musste selbst Hildegund Teufel zugeben. Ob-wohl sich nach ihren Erfahrungen im letzten Krieg alles gegen jede Art von Gewalt und Selektion sträubte, kam sie nicht umhin, Basler zuzustimmen. Einzig die Vorstellung, dass Personen um ihr Dorf patrouillierten, die Waffen trugen, bereitete der Alten noch Kopfzerbre chen.
    »Aber was wird aus denen, die wir nicht gebrauchen können? Ha ben wir das Recht, Menschen zu bestrafen, nur weil sie nicht den passenden Beruf gelernt haben?« Bea hatte am Vormittag an Albickers Stall eine Frau mit ihren vier Kindern getroffen. Mit leuchtenden Au gen hatten sie ihr beim Melken zugesehen. Die Frau erzählte, dass ihr Mann im Außendienst arbeitete, als freier Handelsvertreter, und am 23. Mai morgens um fünf Uhr nach Stuttgart aufgebrochen war. Sie hatten zwei Tage vergeblich auf seine Rückkehr gewartet. Als schließlich das letzte Stück Brot gegessen war, hatte sie keinen anderen Ausweg mehr gewusst, als mit ihren Kindern in die Richtung aufzubrechen, in der sie ihn vermutete.
    Bea hatte den Kindern und

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