Rattentanz
einfach aufs Bett.
Danke, Adelheid!
Er rannte in den Flur und zog sich an. Kurz darauf fiel die Tür hinter ihm ins Schloss.
62
07:18 Uhr, nahe der Feldscheune bei Bonndorf
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Er würde krank werden. Ganz sicher würde er das! Und dieses Pack war schuld daran!
Hermann Fuchs hüpfte seit Stunden mit nur kurzen Unterbrechun gen auf einer Stelle. Ab und zu ging er ein paar Schritte in den kleinen Wald, in dem er die Nacht im Regen verbracht hatte, und kam gleich darauf zurück. In Bewegung bleiben, immer in Bewegung bleiben.
Diese Nacht zählte zu den längsten seines Lebens, länger noch als die Nacht mit dem stinkenden Ritter und dem Türkenbengel im Krankenhaus. Und das sollte was heißen! Mehrmals stand er kurz davor, das Scheunentor aufzureißen, hineinzustürmen und mit seinem Mes-ser einfach alles aufzuschlitzen, was sich ihm in den Weg stellte. Er hat te sogar schon am Tor gestanden. Und er hatte versucht, es zu öffnen, nur so, weil ihn in diesem Moment interessierte, ob es offen war. Aber der Hurensohn von einem Bullen musste es von innen irgendwie verriegelt haben!
Der Regen zermürbte ihn, schlimmer noch als der Sturm am Abend, schlimmer noch als die Kälte, die sich in ihn gefressen hatte. Als der Wind irgendwann gegen Mitternacht eingeschlafen war und Fuchs darauf wartete, dass er auch den Regen mit sich nähme, blieb dieser aber einfach zurück – nass, aufdringlich und böse. Oh ja, es gab bösen Regen und dieser hier, wusste Hermann Fuchs, gehörte eindeutig dazu. Böse, weil er in der jetzigen Situation unnötig war, weil kei ner ihn brauchte! Weil er kalt war und weil er ihm die ganze Nacht, wie ein mittelalterlicher Folterspaß, auf den Kopf tropfte. Einfach nur so, um Fuchs zu ärgern.
Fuchs war um die Scheune herumgeschlichen, hatte an den Ritzen zwischen den Brettern gelauscht und das zufriedene Schnarchen eines Mannes gehört.
Es war kalt diese Nacht, so unendlich kalt. Obwohl er die meisten Nächte der vergangenen Jahre im Freien zugebracht hatte, war diese doch die kälteste, die er jemals erlebt hatte. In seinem Versteck in Donaueschingen besaß er einen zerschlissenen Schlafsack, der ihn wärm te und wenn es regnete, fand sich immer ein Unterschlupf. Aber hier?
Er hatte sich umgesehen – neben der Scheune und auch dahinter. Dort, an der Rückseite, blieb er zwei Stunden. Unter dem weit vorgezogenen Dach war er einigermaßen vor dem Regen geschützt. Mit seinem Mantel über dem Kopf wurde er so, am Boden kauernd im Grau des neuen Tages, für jeden Betrachter nur zu einem großen Stein.
Als die Dämmerung so weit fortgeschritten war, dass er befürchten musste, durch die Ritzen hindurch von innen entdeckt zu werden, schlich er zurück in den Wald und wartete dort.
Halb sieben schließlich öffnete sich das Tor und der Polizist hatte herausgesehen und ohne große Freude den Himmel inspiziert. Als ob der einen Grund hätte, missmutig zu sein! Wie sollte Fuchs dann erst gucken, der seine nassen Füße kaum noch spürte und den zitternden Rest seines Körpers nur noch als frostigen Klumpen wahrnahm!
Plötzlich steuerte Beck schnurgerade auf Fuchs’ Versteck zu! Mit freiem Oberkörper rannte er die zwanzig Meter über die Wiese. Fuchs sank hinter einem Baum in sich zusammen, hatte den Mantel rasch noch über den Kopf gezogen und mucksmäuschenstill auf den Polizis ten gewartet. Er tastete nach seinem Messer.
Hatte er ihn entdeckt? Was wollte er?
Beck öffnete seinen Hosenstall und urinierte nur drei Meter von Fuchs entfernt an eine Fichte. Dabei kratzte er sich immer wieder am Kopf, summte vor sich hin und sah sich um.
Nachdem der Bulle wieder in der Scheune war, erschien die Krankenschwester. Sie blieb am Tor stehen, sah ebenfalls kurz zum kleinen Wäldchen herüber, ging dann aber um die Scheune herum und verrichtete dort ihr Geschäft. Gut, dass Fuchs nicht da gewartet hatte.
Auch der Typ aus dem Krankenhaus kam schließlich aus seinem Versteck, ordentlich angezogen und gekämmt. Er erledigte, was zu erledigen war, einhändig und mitten auf der Wiese. Die andere Hand hielt diese Tasche, von der er sich nicht mal zum Pinkeln trennte.
Zu allem Überfluss – die Folter ging weiter! – brachten sie Kleinholz aus der Scheune und schichteten es säuberlich über zusammengeknülltes Papier! Fuchs kochte innerlich! Das werden sie büßen, alle drei, einer nach dem anderen und jeder auf eine ganz besondere Art, das schwor er, während er zusehen musste, wie ein kleines Feuer
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