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Rattentanz

Titel: Rattentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tietz
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sorgen für eine schnelle Aufnahme Schwerverletzter.« Aus den Reihen der Wartenden antwortete unzufriedenes Murmeln.
    »Haben Sie auch Wasser?«, wollte eine junge Frau wissen, die mit ih rer kleinen Tochter an der Hand darauf wartete, dass man sie zu ih rem gestern am Blinddarm operierten Mann ließ.
    Wasser – das bedeutete, dessen war sich der Klinikleiter bewusst, das wirkliche Problem in der momentanen Situation. Im Wirtschaftshof der Klinik befand sich zwar noch ein Vorrat von etwa fünfhundert Flaschen Mineralwasser, womit man die etwa einhundertachtzig Patienten des Hauses sicher zwei, drei Tage mit dem notwendigen Minimum an Flüssigkeit versorgen konnte. Aber was war mit den Toiletten? Diese waren jetzt schon ein Problem, da die Patienten sie zwar weiterhin benutzten, aber nicht mehr spülen konnten. Aus dem zweiten Stock wurden bisher vier, aus dem ersten zwei verstopfte Toiletten gemeldet und überall ekelten sich Patienten davor, den Exkremen ten des vorigen Benutzers die eigenen Ausscheidungen hinzuzufügen.
    »Die Versorgung unserer Patienten mit ausreichend Flüssigkeit ist kein Problem!«, antwortete Tröndle. »Fließend Wasser haben zwar auch wir nicht, aber ich denke, dass sich die Situation bald wieder normalisieren wird und …«
    »Wissen Sie, was überhaupt los ist?«, wurde er unterbrochen. Er war dem Fragesteller fast dankbar. »Wissen Sie, warum nichts mehr funktioniert? Und stimmt das, was man erzählt – das mit den Flug-zeugen?« Die Fragen kamen von einem älteren Mann mit verbundener Hand. Seine tiefe Schnittwunde am linken Zeigefinger, die er sich gegen acht Uhr bei dem vergeblichen Versuch zugezogen hatte, nach Großvätersitte eine Scheibe Brot abzuschneiden, hatte man gerade genäht.
    »Ja«, antwortete Tröndle »das mit den Flugzeugen scheint wahr zu sein. Es sind inzwischen zwei Überlebende schwer verletzt eingeliefert worden, deren Maschine bei Blumberg zerschellte. Sie werden gerade operiert. Und auf Ihre andere Frage: nein, wir wissen nicht, was los ist. Wir wissen leider auch nicht mehr als Sie. Es tut mir leid.« Er klang hilflos.
    In diesem Moment hörten alle einen gellenden Schrei. Das Gemur mel der vielen erstarb schlagartig und man hätte eine Stecknadel zu Boden fallen hören können.
    Dann ein zweiter Schrei, länger anhaltend, der in haltloses Schluchzen überging und schnell näher kam.
    Tröndle, noch immer auf seiner erhöhten Position, sah fragend zu einem Mann aus der Finanzabteilung seiner Klinik, der am Ausgang zum Treppenhaus stand. Der zuckte nur die Schultern, als von den Las tenaufzügen her Schreie schnell näher kamen. Eine Frau stürzte in den Wartebereich und fiel einem der Ärzte in den Arm.
    »Da, da«, schluchzte sie und zitterte wie ein Blatt im Wind, »da hinten!«
    »Ganz ruhig«, sagte der Arzt. »Ganz ruhig. Atmen Sie tief und lang sam und beruhigen Sie sich.«
    Die Umstehenden vergaßen für einen Moment ihre Sorgen und wa rum sie hier waren und rückten näher. Der hinzugekommene Tröndle, die weinende Frau und der Arzt waren bald von einem dichten Ring neugieriger Gesichter umschlossen.
    10:36 Uhr, Krankenhaus Donaueschingen, Aufzug 2
    Der Schrei einer Frau sprang ihn völlig unvermittelt und aus heiterem Himmel an. Thomas Bachmann hatte den Worten seiner Nummer eins geglaubt (Es ist vorbei, Thomas! Das Böse ist weg!) und die vermeintliche Sicherheit der kalten Aufzugecke verlassen. Es hatte ihn unsägliche Mühe und Überwindung gekostet, die Fäuste von den Ohren zu nehmen und sich zur Tür der Kabine vorzutasten, wo seine schwarze Aktentasche auf ihn wartete. Er hatte Durst, so großen Durst und in seiner Tasche lag die silberne Thermoskanne, ohne die er niemals irgendwohin ging. Die Kanne war gefüllt mit heißem Melissentee. »Trinken Sie regelmäßig Melissentee«, hatten sie ihm in der Psychiatrie geraten. »Der wird Ihnen Ruhe geben.«
    Gerade berührten seine Finger die vertraute Oberfläche der Tasche. Sie fühlte sich schwarz an, also war es seine Tasche, denn Nummer zwei war der Meinung, dass in der Dunkelheit der Kabine die Tasche vielleicht ausgetauscht worden sei.
    Thomas’ Fingerspitzen wanderten über das weiche Leder. Es erschien ihm warm und etwas rau, genau so, wie sich schwarz anfühlt.
    Dann gellte ohne jegliche Vorwarnung der Schrei. Von weiter oben, aber nicht sehr weit entfernt schrie eine Stimme voller Entsetzen. Dann schnelle Schritte und noch ein Schrei!
    Thomas’ Finger zuckten von der Aktentasche zurück

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