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Rattentanz

Titel: Rattentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tietz
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kommende Jahr zurückgelegt werden sollten und wie sie haltbar gemacht werden konnten.
    Jürgen Mettmüller hatte den Job des Hilfssheriffs an den Nagel gehängt und kümmerte sich um das, was er wirklich konnte und verstand: Waldarbeit und Imkerei. Seine leuchtend roten Haare waren überall dort zu sehen, wo Brennholz für die kommenden Winter zusammengelesen wurde, wo Bäume fielen. Er erklärte, wie man mit ei ner Handsäge einen Baum fällte, ihn mit Keilen spaltete und anschlie ßend die stumpfen Sägen wieder schärfte. War Mettmüller nicht im Wald, traf man ihn mit Sicherheit an einem seiner zahlreichen Bienenstöcke und der Honig, den er herstellte, wurde ihm förmlich aus den Händen gerissen.
    Eines der großen Probleme des Dorfes bestand in der Versorgung mit Salz. Sämtliche Speisesalzvorräte hatten sich mittlerweile erschöpft und auch aus den anderen Orten war keine Hilfe zu erwarten. Alle standen vor dem selben Problem. Je ein Mann aus Wellendingen, Bonndorf und Wittlekofen bildeten die kleine Delegation, die vor zwei Tagen nach Bad Dürrheim aufgebrochen war. Sie sollten herausfinden, ob man in den dortigen Solequellen, die früher als mineralreiches Trinkwasser abgefüllt beziehungsweise im Thermalbad genutzt wurden, mit der Salzgewinnung begonnen hatte. Und was im Austausch verlangt wurde. Für Wellendingen gehörte Henning Malow der Delegation an. Er hatte seine Weiterreise nach Rom bis zum kommenden Frühjahr verschoben (sagte er). Ein weiteres Problem, welches unbedingt gelöst werden musste, hieß Martin Kiefer. Noch immer saß der in dem sommers wie winters konstant acht Grad kühlen Gewölbe und wartete. Er wurde mit dem versorgt, was auch alle anderen im Ort zu essen bekamen und ein paar Matratzen und wärmende Decken sollten ihn vor der Kälte schützen. In ein anderes Quartier wollte ihn niemand bringen und Roland Basler war der Einzige, der auf eine zügige Lösung dieses Problems poch te. Eva wusste aber, dass dieser Zustand nicht ewig so andauern konn te, es sei denn, man wollte das Problem mittels einer Lungenentzündung lösen. Egal, was Martin Kiefer Eva auch angetan hatte, wenn sie daran dachte, dass er jetzt in seinem Kot im Keller unterhalb des Gasthauses lag, wurde ihr übel. Aber heute, hatte Hans ihr beiläufig erzählt, wollten er, Eckard Assauer, Roland Basler, Bea Baumgärtner und Christoph Eisele über Kiefers Zukunft beraten. Eva streckte sich. Das Geräusch, das sie geweckt hatte, nahm an Intensität zu. Dann wurde es schwächer – ein Summen wie von einem eingesperrten Insekt. Aber dieses Summen war lauter, weckte angenehme Assoziationen und kam aus der Küche. Eva schmiegte sich an Hans. Beide waren nackt und sie genoss den Kontakt ihrer Haut mit der seinen. Ihr Bauch wurde dicker und dicker und sie freuten sich auf das Kind. Anfang Dezember musste es so weit sein. Gedanken an Steißlage oder vorzeitige Wehen verdrängten sie erfolgreich – alles würde gut gehen. Ganz bestimmt! Hans roch angenehm nach Schlaf und einer winzigen Prise Schweiß. Eva lächelte bei der Erinnerung an den gestrigen Abend und das Wissen, woher dieser Schweiß kam. Hans lag zusammengekrümmt auf der Seite, den Rücken seiner Frau zugewandt. Eva kroch noch ein Stück näher. Die endgültige Befriedigung, dachte sie, musste das Verschmelzen mit ihm zu einer einzigen Person sein. Sie küsste seine Schulter und fuhr mit den Fingerspitzen über seine behaarte Brust, den Bauch und noch weiter hinab. Sie küsste ihn und, als sie merkte, wie er langsam erwachte, streichelte sie ihn da, wo er es am liebsten hatte und seine einzige erogene Zone lag.
    »Nie wieder lass ich dich weg«, flüsterte sie und biss ihm sanft ins Ohrläppchen.
    Plötzlich, die Lippen noch an seinem Ohr, erstarrte sie. Ihre Hand hielt inne.
    »Mach weiter.«
    Aber sie konnte nicht. Sie wusste jetzt, woher das Geräusch kam, das sie geweckt hatte!
    Eva sprang aus dem Bett.
    »He, was soll das? Du kannst mich doch nicht erst scharfmachen und dann so liegen lassen?!«
    Eva rannte in die Küche hinunter und zum Kühlschrank. Der Kühlschrank funktionierte! Das Brummen kam von ihm!
    »Hans! Komm runter! Schnell! Wir haben Strom!«
    Evas Worte selbst waren reine Elektrizität. Hans Seger sprang aus dem Bett und rannte mit einer gehörigen Erektion in die Küche. Gemeinsam starrten sie den Kühlschrank an. Fast drei Monate hatte er geschwiegen. Eine kleine grüne Lampe flackerte in der Funktionsleiste über der Tür. Eva öffnete

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