Raue See
darauf?«
»Vielleicht hat mein Sohn ja mal wieder einen vertrackten Fall aufgeklärt. Dann kommen schon mal Reporter und wollen wissen, wie der Superbulle so als Kind war«, erklärte der Mann stolz.
»Nein, wir sind nicht von der Presse, mein Name ist Randolph Sollich, und das hier neben mir ist Oberstaatsanwalt Günter Menn. Aber wir wollen tatsächlich wissen, was für ein Mensch Ihr Sohn ist.«
»Verzeihen Sie, darf ich Ihnen was anbieten? Ich bin ein wenig aus der Übung, was Gäste angeht. Kommt ja kaum einer.«
Randolph blickte sich um. Das Appartement hatte kaum den Namen verdient. Lieblos zusammengestellte Möbel. Kein Kühlschrank weit und breit.
»Ich hätte einen Cognac. Machen Sie mir die Freude, mit mir einen zu trinken.«
Randolph nickte, und auch Günter stimmte wortlos zu. Bergmüller senior kramte im Schrank, schob Bücher zur Seite und holte eine Flasche Rémy Martin hervor.
»Das Schicksal der Männer sind die Frauen«, sinnierte er, als er den Weinbrand in dafür eigentlich völlig ungeeignete Wassergläser einschenkte. »Erst verbietet es dir deine Mutter, dann deine Frau und jetzt deine Pflegerin. Zum Wohl!«
Sie stießen an und tranken.
»Was wollen Sie über Reinhard wissen und vor allem, warum?«
* * *
»Peter«, sagte Felix. »Komm mal bitte und schau dir das an.«
Peter speicherte die Datei, die er gerade offen hatte, und ging zu seinem Kollegen.
»Was gibt’s?«
»Schau doch.«
Er blickte auf die Liste mit Namen, die Felix zusammengetragen hatte. »Woher hast du die?«
»Ich habe den Buchungscomputer der Airlines gehackt, mit denen Bergmüller geflogen ist«, sagte Felix nicht ohne Stolz. »Das, was die Firewall nennen, überwindet jeder Informatikstudent im zweiten Semester.«
»Was schließen wir aus diesen Informationen?«, fragte Peter. »Bergmüller wurde von Wiebke zum Flughafen Hamburg-Fuhlsbüttel gebracht. In der Tasche hatte er ein Ticket nach Sydney via Amsterdam. Laut Passagierliste saß er auch im Lufthansaflieger nach Amsterdam. Beim Anschlussflug mit Quantas von dort nach Sydney war er aber ein No-Show.«
»Ein was?«, fragte einer dazwischen.
»Ein Fluggast, der nicht erscheint, du Englisch-Legastheniker.«
»Das heißt aber nicht, dass er nicht weitergereist ist.«
»Wieso?«
»Er könnte kurzfristig umdisponiert haben und mit einer anderen Gesellschaft geflogen sein.«
»Das ist richtig. Was tun wir also jetzt?«
»Wir müssen es wasserdicht machen. Peter, du überprüfst alle Flüge von Amsterdam und sämtlichen internationalen Flughäfen in der Nähe nach Australien.«
Peter begann, konzentriert und schnell auf seinem Computer zu arbeiten.
»Außerdem wäre es gut«, ergänzte Felix, »wenn wir überprüfen könnten, ob derjenige, der in das Hotel eingecheckt hat, tatsächlich Bergmüller ist. Aber die Zeit, dorthin zu fliegen, haben wir nicht.«
»Da könnte ich vielleicht helfen«, sagte Friedhelm, der ehemalige Verhörspezialist. »Ich kenne da einen ehemaligen BND -Mann, der nach seiner Verrentung dorthin ausgewandert ist. Er schuldet mir noch einen Gefallen.«
»Wieso?«, wollte Felix wissen.
»Der Mann war Doppelagent, und ich habe ihn nach der Wiedervereinigung nicht hochgehen lassen. Das verbindet.«
»Schick ihm per Mail ein Bild von Bergmüller und lass ihn überprüfen, ob er wirklich dort im Hotel wohnt.«
* * *
»Mein Sohn soll was getan haben?«, regte sich der Rentner auf. »Er soll eine Frau entführt und damit gedroht haben, sie umzubringen? Sie spinnen ja! Mein Sohn ist mehrfach ausgezeichneter Polizist. Er fängt Mörder. Er ist keiner. Und jetzt darf ich Sie bitten zu gehen.«
»Ist das die Wahrheit?«, fragte Randolph ruhig.
»Es ist ganz sicher die Wahrheit. Mein Sohn fängt keine Frauen, quält sie und bringt sie dann um. Mein Sohn nicht«, sagte Dr. Bergmüller. Randolph war alles andere als überzeugt. Der alte Mann hatte sich bereits verraten. Doch wie sollte er ihn dazu bringen, die Wahrheit zu sagen?
»Na, wenn das so ist«, lenkte er zum Schein ein. »Dann wollen wir Sie nicht weiter stören. Darf ich bitte, bevor wir gehen, noch Ihre Toilette benutzen? Sie wissen schon, das Alter und die Prostata …«
»Natürlich«, antwortete Dr. Bergmüller und deutete auf die entsprechende Tür. Er wirkte erleichtert. Randolph nahm die Sporttasche und ging ins Badezimmer. Nach kurzer Zeit hörte man die Toilettenspülung und das Wasser des Waschbeckens laufen.
Randolph kehrte zurück, die linke Hand
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