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Raue See

Raue See

Titel: Raue See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Westerhoff
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dich!«
    »Reinhard, das ist zwanzig Jahre her.«
    »Das Urteil wurde damals gefällt. Ich wusste nämlich immer schon, dass das nur ein Vorwand war. Jetzt wird es vollstreckt. Ich kam damals einfach nicht mehr dazu. Der Wechsel zum LKA in Kiel. Die stressige Einarbeitungszeit. Aber ich vergesse nichts. Außerdem hattest du ja deine Chance.«
    »Welche Chance?«, fragte Wiebke.
    »Ich habe dir ein Spiel angeboten. Fang mich oder stirb. Du hast verloren.«
    »Du bist verrückt!«, schrie Wiebke auf. »Völlig bekloppt!«
    »Das mag sein«, sagte Bergmüller ungerührt. »Aber ich bin ein lebendiger Bekloppter, während du bald eine tote Normale bist.« Er lachte laut.
    »Wann ist es denn so weit?«, fragte sie nach einer Weile beklommenen Schweigens.
    »Samstag, wie bei allen anderen. Ich spiele mit offenen Karten. Samstag um exakt fünf Uhr morgens.«
    »Das kann nicht stimmen«, sagte sie und war überrascht, dass ihr kriminalistisches Gehirn offensichtlich noch funktionierte.
    »Was kann nicht stimmen?«
    »Dass alle Morde am Samstag um fünf Uhr begangen wurden.«
    »Warum nicht?«
    »Um fünf Uhr kannst du noch kein Exemplar der ›Norddeutschen Neuesten Nachrichten‹ von diesem Tag gehabt haben. Die kommt erst später in den Handel. Und bei den Morden an Lena und Silke warst du definitiv in Australien.«
    Bergmüller grinste. »Kluger Einwand, für eine Frau, meine ich. Bis zu unserem nächsten Treffen gebe ich dir ein Rätsel auf: Wie kann es sein, dass die Morde passierten, als ich die Zeitung noch gar nicht haben konnte? Wie habe ich von Australien aus die Tat begangen? Denk nach! Bis später.« Er verließ den Raum.
    Wiebke zermarterte sich das Hirn. Wenn sie schon sterben musste, wollte sie wenigstens wissen, wie er das hinbekommen hatte. Aber sie kam zu keiner vernünftigen Lösung. Sie ärgerte sich darüber, vor allem deswegen, weil er wieder recht behielt. Und schließlich, nach einigen Stunden, war ihr Durst so überwältigend, dass sie aus dem Napf soff. Sie meinte, sein feistes Grinsen durch die dicken Mauern ihres Gefängnisses sehen zu können.
    * * *
    Randolph und seine Kollegen hatten die Nacht zum Tag gemacht. Schlafen konnten sie später. Wie ein trockener Schwamm das Wasser hatten sie alle Informationen über die Mordserie »Max und Moritz« aufgesaugt.
    Dennoch dauerte es bis fast fünfzehn Uhr am Donnerstagnachmittag, bis alle sechs den etwa gleichen Informationsstand hatten. Randolph leitete die nachfolgende Einsatzbesprechung. Bedächtig hörte er zu, was seine Kollegen zu sagen hatten, welche Ideen, Hypothesen, ja, bloße Vermutungen sie hegten. In einem Punkt waren sich alle einig: Wenn Bergmüller nicht so wasserdichte Alibis hätte, würde alles auf ihn hindeuten.
    »Das sehe ich genauso«, sagte Günter, der wie Streicher selbstverständlich ebenfalls an dem Gespräch teilnahm. »Wir müssen etwas übersehen haben.«
    »Oder wir übersehen den wahren Täter.«
    »Eine andere heiße Spur haben wir aber nicht.«
    Randolph zündete sich eine Zigarette an, blies den Rauch aus und verfolgte den zur Decke aufsteigenden Qualm mit seinem Blick.
    »Okay«, sagte er dann. »Fahren wir also zweigleisig. Felix, du durchleuchtest Bergmüller. Ich will wissen, welche Farbe seine Unterhosen haben. Hast du verstanden?«
    »Klar, Chef«, sagte Felix Baumgartner, der schon zu DDR -Zeiten zu Randolphs engsten Mitarbeitern gezählt hatte.
    Danach verteilte Randolph weitere Aufgaben an die die anderen fünf Kollegen. Unter anderem die, Bergmüllers Australien-Alibi genau zu überprüfen.
    »Und ich?«, protestierte Günter. »Was ist mit mir? Ich will auch was tun. Das Herumstehen raubt mir den letzten Nerv.«
    »Du kommst mit mir«, sagte Randolph. Er ging zu Felix und flüsterte ihm was ins Ohr. Baumgartner nickte. »Peter, hast du das Werkzeug mitgebracht?«, fragte Randolph einen der anderen Exagenten.
    Peter nickte, griff hinter sich und gab Randolph eine Tasche, die entfernte Ähnlichkeit mit einer Tennisbag hatte.
    »Danke, Männer. Bis später«, rief Randolph und verließ mit Günter den Keller.
    Sie gingen nach draußen und setzten sich ins Auto. Als Randolph den Wagen gestartet hatte, fragte Günter: »Was machen wir eigentlich?«
    »Ich will ehrlich zu dir sein. Auch ich habe den Verdacht, dass Bergmüller was mit der Sache zu tun hat. Aber solange wir das Geheimnis um seine Alibis nicht gelöst haben, verfolgen wir alle Spuren.«
    »Und was hast du dem Baumgartner zugeflüstert, kurz bevor

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