Raumfahrergarn
hat? Nein? Das ist sehr nett von Ihnen.« Er betrachtete sie einige Sekunden lang, dann grinste er und sah dabei mehr wie ein Raubfisch als wie ein belustigter Mensch aus. »Es wäre noch netter, wenn Sie gar nicht an Bord der ARCT-10 zurückkehren würden.«
»Im Tiefenraum gibt es nicht viele Alternativen«, bemerkte Lunzie. Sie spürte die Ermattung, die sie nach einer Trance immer erfaßte.
»Ich kann mir eine vorstellen.« Er sah sie erwartungsvoll an, und als sie nicht reagierte, seufzte er enttäuscht. »Sie können uns nach Ambrosia begleiten.«
»Ambrosia?« Lunzie wußte nicht recht, ob ihr der Planet überhaupt zusagte.
»Eine hervorragende Lösung, weil Sie ohnehin schon bis zum Hals in der Sache drinstecken. Fänden Sie das nicht passend? Auf einem Schiff, das ich kommandiere, werden die Attentäter keine Chance mehr haben, einen Anschlag auf Ihr Leben zu unternehmen. Ich werde Ihre Versetzung mit den Verantwortlichen der ARCT-10 abklären.«
Lunzie war wirklich überrascht. Aus irgendeinem Grund hätte sie von einem Schwerweltler ein solches Maß an Kooperationsbereitschaft und Anteilnahme nicht erwartet. »Weshalb?«
»Sie sind in ernster Gefahr. Teilweise deshalb, weil Sie einem anderen Schwerweltler selbstlos Hilfe geleistet haben. Ich habe Orlig gut gekannt. Von den Risiken, die Sie eingegangen sind, profitieren meine Leute genauso wie Ihre. Haben Sie irgendwelche Einwände?«
»Nein«, erwiderte Lunzie. »Es wird eine große Erleichterung sein, wieder ruhig schlafen zu können.« Sie begann sich schwerelos zu fühlen, ein deutliches Zeichen für die Erschöpfung ihrer Adrenalindepots.
Zebara grinste wieder wie ein Hai und zerbiß noch eine Tablette. »Wenn der Mord an Orlig und das Attentat auf Sie ein Hinweis sind – und davon bin ich fest überzeugt –, dann ist Ambrosia vielleicht in noch größerer Gefahr, als ich dachte. Orlig hat für mich auf der ARCT-10, die meine Berichte empfangen und gesendet hat, die Augen offengehalten. Deshalb waren wir schon vorgewarnt, daß dieses Ding hier in die falschen Hände geraten könnte. Sie bestätigen das. Ich bin zurückgekommen, um militärische Verstärkung anzufordern, die uns dort gegen einen möglichen Piratenüberfall verteidigen soll, bis mit dem üblichen Bimborium eine offizielle Kolonie gegründet werden kann. Entspannen Sie sich, Lunzie Mespil.«
»Danke«, brachte Lunzie müde über die Lippen. Jetzt, da ihr endlich jemand glaubte, fielen Unsicherheit und Unentschlossenheit von ihr ab wie eine Last, die ihr von den schlaffen Schultern genommen wurde. Sie ließ den Kopf gegen den gepolsterten Stuhl sinken.
Wenig später wurde ihr bewußt, daß sich jemand mit ihr in der winzigen Kabine aufhielt.
»Ah, Sie sind wach. Bewegen Sie sich nicht zu schnell. Ich schiene gerade Ihren Arm.« Ein untersetzter Mann mit kurzgeschorenem rotblonden Haar kniete an ihrer Seite. »Ich bin Doktor Bringan. Normalerweise bin ich nur der Xenobiologe, aber ich habe nichts dagegen, meine Kenntnisse auf bekannte Spezies anzuwenden. Ich untersuche und verarzte die Mannschaftsmitglieder. Ich habe gehört, Sie sind unsere neue medizinische Offizierin.« Ganz vorsichtig zog er ihr Handgelenk und ihren Unterarm auseinander. Die verkrampften Finger streckten sich langsam. »Das erleichtert mich«, fügte er mit einem freundlichen Lächeln hinzu. »Es könnte durchaus einmal vorkommen, daß ich die falschen Teile zusammenflicke, und das wäre für den Betreffenden verheerend.«
»Ahm … ja«, sagte Lunzie und beobachtete ihn aufmerksam. Glücklicherweise war der Arm taub. Der Doktor hatte offenbar eine Leitungsanästhesie vorgenommen. »Warten Sie mal, ich habe die Knochen noch nicht ineinander schnappen hören.«
»Ich habe nur überprüft, ob Bänder gerissen sind. Nein. Alles in Ordnung.« Bringan wedelte mit einem kleinen Diagnosegerät über ihren Arm. »Sie haben Glück, daß Sie eine Jacke mit einem engen Ärmel getragen haben. Die Schwellung wäre ansonsten sehr viel schlimmer gewesen.«
»Den Eindruck habe ich auch«, sagte Lunzie und betrachtete die rötliche Verfärbung an ihrem Arm, die auf subkutane Blutungen hindeutete. Sie würde bald, wenn das Blut sich ausbreitete, als ein blasser Regenbogen an die Oberfläche treten. Sie drückte prüfend einen Finger in die Haut und spürte mit sonderbarer Gleichgültigkeit, wie sie nachgab.
Bringan steckte das Diagnosegerät in seine Gürteltasche und drehte ihren Arm einmal ruckartig herum. Lunzie
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