Raumfahrergarn
hörte Elle und Speiche leicht aneinander kratzen, als sie gerichtet wurden.
»Ich werde Ihnen einen Stützverband anlegen, der Sie in Ihren Bewegungen nicht einschränkt. Sie können sich auch vorsichtig waschen. Der Arm wird sehr empfindlich sein, wenn die Leitungsanästhesie abgeklungen ist.« Er bog ihre Finger hin und zurück. »In ein paar Stunden sollten Sie sich wieder normal bewegen können.« Dann gab er ein rauhes Kichern von sich und sah sie an. »Was soll ich Ihnen auch anderes sagen?«
Sie brachte ein schwaches, aber dankbares Lächeln zustande. »Bringan, fliegen wir nach Ambrosia?«
Der Doktor sah sie mit überrascht gehobenen Brauen an. »Ja, aber natürlich. Ich persönlich kann’s gar nicht abwarten, wieder dort zu sein. Wenn ich in den Ruhestand gehe, werde ich mich dort niederlassen. Ich habe noch nie einen so perfekten Planeten gesehen.«
»Ich meine, fliegen wir bald?« Sie betonte das letzte Wort.
»Das habe ich gemeint.« Er sah sie forschend an. »Zebara hat mir nichts über Sie erzählt, auch nicht, warum Sie so aussehen, als hätten Sie sich gerade geprügelt, aber er hat Sie für den FTL-Flug eingetragen. Also darf ich mir ein paar vage Vermutungen erlauben, die sich im wesentlichen um die Planetenpiraten drehen.« Er blinzelte sie an. »Und das ist ein triftiger Grund, möglichst bald nach Ambrosia zurückzukehren. Die FES braucht Augenzeugen. Vielleicht wird das Ihre Rolle an Bord sein.«
»Ich werde eine Zeugin sein, glauben Sie mir. Ich werde eine Zeugin sein«, sagte Lunzie mit aller Entschlossenheit, die ihr ausgezehrter Körper noch hergab.
Bringan lachte, als er seine Instrumente zusammensuchte. »Wenn wir durch irgend etwas, von irgendwem aufgehalten werden, dann würde Zebara wahrscheinlich persönlich die Treibstofftanks austrinken und ohne Schiff zurückfliegen. Er reagiert allergisch auf Piraten. Und diese verdammten Planetenpiraten werden allmählich zu einer Plage. Ich habe den Eindruck, daß in den letzten hundert Jahren, wann immer ein echter Treffer gelandet wurde, die Planetenpiraten zur Stelle waren, um den rechtmäßigen Findern die Rosinen vor der Nase wegzuschnappen. Und das mit einer skrupellosen Gewaltanwendung, die die übelsten Aliens wie Schoßtierchen erscheinen läßt.«
»Bringan«, fragte Lunzie zaghaft. »Was ist Zebara für ein Mensch?«
»Sie meinen, ob er der übliche Schwerweltler-Macho ist? Nein. Er ist ein guter Vorgesetzter und ein guter Freund. Ich kenne ihn jetzt seit dreißig Jahren. Sie werden seine faire Behandlung zu schätzenlernen, aber achten Sie auf das Grinsen. Wenn er so grinst …« – er zog ein Gesicht – »ist Ärger im Anzug.«
Lunzie hob eine Augenbraue. »Sie meinen, wenn er dieses Haifischgesicht macht? Ich hab’s schon gesehen.«
»Ho, ho! Dann hoffe ich, daß es nicht Ihnen gegolten hat!« Der Doktor stemmte sich hoch. »Insgesamt sind Sie in guter Verfassung. Kommen Sie mit, und wir schauen uns nach einer Koje für Sie um. Sie müssen sich ausruhen, damit die Verletzungen heilen können.«
»Wann verlassen wir die ARCT-10?« fragte Lunzie und folgte ihm mit halbwegs sicheren Schritten auf ihren kraftlosen Beinen. Ist der Ryxi vor dem Lungenkollaps geholfen worden?
»Sobald Zebara wieder an Bord ist.«
Auf dem Weg in die Koje wurden Lunzie in aller Kürze die übrigen Besatzungsmitglieder des Spähschiffs vorgestellt. Außer Flor, der schiffsgeborenen Kommunikationstechnikerin, die auch als Historikerin arbeitete, und Bringan, dem Xenobiologen, gab es sieben weitere. Dondara und Pollili, ein liiertes Paar, waren Schwerweltler von Diplo. Pollili war Telemetrie-Offizierin und Dondara Geologe. Anders als die meisten anderen Schwerweltler, die für mehrere Missionen dienten und sich dann auf ihren kalten, kahlen Heimatwelten zur Ruhe setzten, dienten Pollili und Dondara schon seit sieben Jahren in Zebaras Erkundungsmannschaft und waren fest entschlossen, auch in Zukunft mitzuarbeiten. Sie verbrachten ein bis zwei Monate pro Jahr im Schwerweltlermillieu an Bord der ARCT-10, wo sie ein intensives Training absolvierten, um ihre Muskeltonus zu erhalten. Die anderen fünf Mannschaftsmitglieder waren normale Menschen. Der dunkelhäutige, kurzsichtige Scarran war Systemtechniker. Vir, Abkömmling einer goldsträhnigen Rasse mit schweren Augenlidern, war Umweltspezialist, der sich mit Dondara die Sicherheitsaufgaben teilte. Elessa, eine charmante, aber nicht unbedingt hübsche Frau, diente als Synthesetechnikerin und
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