Raumfahrergarn
in den Abfallschacht des Nahrungsprozessors. »Aiden, der 3d-Techniker, hat mir gesagt, er wollte Sie sprechen.« Lunzie stellte ihre Tasse weg und hastete Satia hinterher.
»In der letzten Schicht habe ich Ihre Anfrage nach Tau Ceti geschickt, Doktor«, sagte der Techniker, als sie ihn im Kommunikationszentrum ausfindig gemacht hatten. »Es dauert einige Wochen, bis wir hier draußen unter den Asteroiden eine Antwort erhalten. Aber ich wollte Ihnen sagen …« Der junge Mann tippte mit den Fingern auf der Konsole herum und strengte sein Gedächtnis an. »Ich glaube, ich habe Ihren Nachnamen schon einmal gelesen. Es ist mir gleich aufgefallen, aber ich weiß nicht mehr wo … doch, in einem der Nachrichtenartikel, die wir neulich empfangen haben. Vielleicht ist es ein Verwandter?«
»Wirklich?« fragte Lunzie interessiert. »Bitte zeigen Sie mir den Artikel. Ich müßte inzwischen in der ganzen Galaxis Großnichten und -neffen haben.«
Aiden tippte den Suchbefehl für den gesamten Tageseingang aller sechs Signalfeuer ein. »Da haben wir’s. Achten Sie auf den Suchbegriff.« Sie las das Wort Mespil in einer klaren Type, die einen offiziellen Eindruck machte, gefolgt von ›Fiona, MD, DV‹, darüber und darunter andere Worte in derselben Schriftart.
»Meine Tochter! Das ist ihr Name. Schauen Sie, Satia! Wo ist sie, Aiden? Was ist das für eine Liste?« fragte Lunzie und überflog die vielen Namen. »Ist eine Videonachricht zugeordnet?«
Der Techniker blickte von seiner Konsole auf, und seine Miene schlug in einen Ausdruck des Entsetzens um. »O Krims. Es tut mir leid, Doktor, aber das ist die FES-Liste. Die Kolonisten, die seit dem Überfall auf Phoenix vermißt werden.«
»Nein!« keuchte Satia. Sie stützte Lunzie, der für einen Moment die Knie weich wurden. Lunzie nickte dankbar, gab ihr aber mit einem Wink zu verstehen, daß sie wieder von allein stehen konnte.
»Was geschieht mit den Leuten auf Planeten, die von Piraten überfallen wurden?« fragte sie tieferschüttert und versuchte sich nicht vorzustellen, welche schrecklichen Dinge ihrer armen Fiona zugestoßen sein könnten.
Der junge Mann schluckte. Es machte niemandem Spaß, schlechte Nachrichten zu überbringen, und er hätte viel dafür gegeben, diese nette Frau aufmuntern zu können. Sie hatte schon so viel durchgemacht. Er bedauerte es, daß er nicht gründlicher recherchiert hatte, bevor er nach ihr schickte. »Manchmal tauchen sie wieder auf, ohne sich daran zu erinnern, was mit ihnen geschehen ist. Manchmal arbeiten sie anderswo und haben keinen Schaden genommen, nur sind ihre Nachrichten nach Hause verlorengegangen. Das kommt bei Kommunikation über galaktische Entfernung häufig vor. Nichts funktioniert fehlerlos. Meistens aber hört man von diesen Menschen nie wieder etwas.«
»Fiona kann nicht tot sein. Wie erfahre ich, was aus ihr geworden ist? Ich muß sie finden.«
Der Techniker blickte nachdenklich drein. »Ich werde Chief Wilkins vom Sicherheitsdienst für Sie anrufen. Er müßte wissen, was Sie tun können.«
Chief Wilkins war ein kleiner Mann mit einem dünnen grauen Schnurrbart, der seine Oberlippe verdeckte, und braunen Augen, die wachsam schauten. Er bot ihr einen Platz in seinem kleinen Büro an, eine saubere, aufgeräumte Kabine, die viel über den Charakter des Mannes aussagte, der sie bewohnte. Lunzie erklärte ihm die Situation, aber er nickte so, als wüßte er schon alles über sie.
»Also, was wollen Sie tun?« fragte er.
»Ich werde natürlich nach ihr suchen«, sagte sie entschlossen.
»Schön.« Er lächelte. »Wo? Sie haben Ihre Nachzahlung erhalten. Sie haben genug Geld, um kreuz und quer durch die Galaxis zu reisen. Wo wollen Sie anfangen?«
»Wo ich anfangen will?« Lunzie blinzelte. »Ich … ich weiß nicht. Ich glaube, ich könnte mich zuerst auf Phoenix umschauen, wo sie zuletzt gesehen wurde …«
Wilkins schüttelte den Kopf und machte einen skeptischen Laut mit der Zunge. »Das wissen wir nicht mit Sicherheit, Lunzie. Sie wurde dort mit den übrigen Kolonisten erwartet.«
»Die EEC müßte doch wissen, ob sie auf Phoenix angekommen sind oder nicht.«
»Na gut. Es wäre zumindest ein Anfang. Aber es sind viele Lichtjahre bis dorthin. Was wollen Sie machen, wenn Sie sie dort nicht finden? Wo wollen Sie als nächstes suchen?«
»Äh …« Lunzie ließ sich in den Stuhl zurücksinken, der sich angenehm an ihr Rückgrat schmiegte. »Sie haben schon recht. Ich habe nicht darüber nachgedacht, wie ich
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