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Raumfahrergarn

Raumfahrergarn

Titel: Raumfahrergarn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey , Jody Lynn Nye
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nehmen. Aber Lunzie sah dauernd die Videoaufnahmen von Phoenix vor sich, die kahle Senke, wo das menschliche Lager gestanden hatte …
    Der für Disziplinierungstechniken typische Adrenalinschub schoß ihr durch die Adern, dämpfte ihre normalen Reaktionen, kompensierte ihre Schwächen und stärkte ihre Kräfte weit über das übliche Maß hinaus. Sie preßte beide Hände gegen die Muskelpakete des Schwerweltlers, spreizte die Finger und packte zu.
    Der Schwerweltler schrie und stieß sie mit der freien Hand von sich, daß sie gegen die Wand taumelte. »Jetzt reicht’s aber! Loslassen! Bei Krim, holen Sie mir einen Arzt, der mich wie ein menschliches Wesen behandelt, verdammt noch mal!« heulte er. Er faßte sich an die verwundete Schulter, und Schweiß strömte ihm über das vor Schreck kreideweiße Gesicht.
    »Gibt’s hier ein Problem?« fragte Rik-ik-it und sah kurzsichtig auf Lunzie herunter. Seine Augen mit den silbernen Pupillen blinzelten verwirrt, als er ihr aufhalf.
    Der wütende Schwerweltler deutete mit dem Kinn auf Lunzie. »Dieses Weib da ist die reinste Metzgerin. Sie hat mir den Arm auseinandergerissen!«
    Immer noch in der Trance, die ihre Selbstdisziplinierung hervorgerufen hatte, zog Lunzie sich zurück. Sie hatte sich nicht verletzt. Der Zorn des Schwerweltlers ängstigte sie nicht, Solange sie ihre Gefühle mit eiserner Beherrschung im Zaum hielt. Was war schief gegangen? Mit Hilfe ihres fotografischen Gedächtnisses ging sie noch einmal ihre Bewegungen durch. Zwei schnelle Drehungen, eine von hinten nach vorn, die andere in einem nach links gerichteten Bogen. Sie wußte, als hätte man eine Ultraschallaufnahme vor ihr in die Luft projiziert, daß die Schulter wieder eingerenkt und der gebrochene Knochen gerichtet war. Mentale Disziplin förderte auch die Sensibilität ihrer fünf Sinne.
    Rik untersuchte den Arm sorgfältig und las die Anzeigen des Hypo-Arms. »Hier ist alles in Ordnung«, sagte er. »Die Frau Doktor hat Ihren Arm sauber eingerenkt. Er wird problemlos heilen. Das einzige Problem war, daß die Betäubung noch nicht gewirkt hat.« Er warf einen Blick auf die Wanduhr. »Die Wirkung müßte jetzt einsetzen.«
    »Ich hätte den Zeitfaktor bedenken müssen«, tadelte Lunzie sich später selbst, als sie mit Tee allein war. »Aber ich habe die ganze Zeit nur daran gedacht, ihn möglichst schnell loszuwerden. Es war ein dummer Fehler, dumm und peinlich.« Sie fuchtelte hilflos mit den Händen, während sie auf und ab ging. Sie konnte nicht lang irgendwo sitzenbleiben. »Rik sagt, daß ich überreagiere. Er meint, ich hätte eine … eine Phobie gegen Schwerweltler, sonst hätte ich den Zeitfaktor nicht vergessen.« Mieser Laune ließ sie sich vom Nahrungssynthesizer eine Tasse Kaffeersatz zubereiten. »Weißt du, ich entwickle mich zurück. Vielleicht sollte ich in Therapie gehen. Ich war in Trance; ich hätte dem Mann den Arm abreißen können.« Sie schluckte den Kaffee und zog ein schiefes Gesicht.
    »Aber du hast es nicht getan«, sagte Tee voller Mitgefühl und zog sie zu sich auf das breite Sofa hinunter, das im großen Zimmer seines Apartments stand. Sie sah weg, als er seine Hand um ihre schloß. Sie konnte das Mitleid in seinen Augen nicht ertragen.
    »Ich sollte aufhören. Vielleicht kann ich in die Forschung gehen, wo ich’s nicht mit Lebewesen zu tun habe, die größer als eine Mikrobe sind.« Ihre Mundwinkel zitterten, während sie ein mattes Grinsen beizubehalten versuchte und auf Tees Knie starrte. »Ich kann’s einfach nicht ertragen, wenn ich es mit Idioten zu tun habe, vor allem wenn ich selbst einer bin.«
    »Das hört sich nicht wie meine Lunzie an, die sich mit beiden Händen in dieser neuen Welt festgehalten hat, die mir eingeschärft hat, nicht den Mut zu verlieren, wenn kleine Jungs mehr über mein mühselig erlerntes Handwerk wissen als ich.«
    Damit versetzte er Lunzies Selbstmitleid einen Schlag, und sie mußte lächeln. Zum ersten Mal sah sie Tee in die Augen. »Der arme Mann hat dauernd geschrien, ich soll mich beeilen, seinen Arm verarzten und mich zum Teufel scheren. Ich weiß, er hatte Angst vor mir, weil ich eine Ärztin bin, aber ich hatte noch mehr Angst vor ihm! Wie groß er auch gewesen sein mag, er war vor allem ein menschliches Wesen! Der Vater meiner Tochter war an der genetischen Evolution der Schwerweltler beteiligt. Lang nach unserer Trennung habe ich von Sion noch Intersystempost erhalten, in der er mir berichtete, welche Maßnahmen er und

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