Raumkundschafter Katman
oben weitermachen sollen?«
»Weshalb sollte ich anderer Ansicht geworden sein?«
Harper schnaufte beim Luftholen. »Weil auch du indessen erkannt haben solltest, daß die Sibir Opfer einer Katastrophe geworden ist. Melans Aussagen sind eindeutig. Und dieser Professor brachte sich um, als er die Wahrheit über das Schicksal der Sibir erfuhr.
Wir haben kein Recht, unsere Leute einem unnötigen Risiko auszusetzen.«
»Goa Sung war ein alter Herr, etwas weltfremd. Und euer Mann auf der Sibir? Vielleicht hat er nur durchgedreht?« Nach kurzer Pause versuchte Grubkow seinen Verdacht zu mildern: »Gegen Panik ist niemand gefeit.«
»Stimmt. Irgend etwas müßte aber dann Panik ausgelöst haben. Oder?«
Wieder trat eine Pause ein. Dann sagte Grubkow: »Weißt du was? Lassen wir es doch darauf ankommen, warten wir einfach weitere Informationen ab. Abwarten bewahrt uns vor unnötigem Streit und eventuellen Fehlentscheidungen.«
»Damit setzen wir Menschenleben aufs Spiel, die ganze Mannschaft.«
»Ich ahnte nicht, daß du zu theatralischen Übertreibungen tendierst. Vielleicht ist es mir von Nutzen, das zu wissen. Immerhin stehen auf dem Expeditionsauftrag dein und mein Signum.«
Bild und Ton erloschen. Per Grubkow hatte den Kontakt beendet.
Er fühlte sich wie ausgelaugt. »Daß einer lächeln kann und immer lächeln und doch ein Schurke ist.« Müde zitierte er Hamlet, während er aus dem Zimmer ging und den Vertikaltransporter betrat. Unten stand seine Kab. Er konnte zu Hause noch einige Stunden schlafen. Eigentlich ein Glück, daß der General ihm den Feliks auf den Hals gehetzt hatte.
Unruhig rutschte Harper auf seinem Sitz hin und her. Aber der Biomatsessel paßte sich jedesmal der veränderten Haltung an. Der ganze Sitz vibrierte und störte seine Nachbarn. Er zwang sich zur Ruhe, musterte die Deckenstruktur des kleinen Sitzungssaales, in dem der Oberste Rat heute tagte.
Die turnusmäßige Sitzung war vom G. V. vorverlegt worden. Das hatte zur Folge, daß Per Grubkows Vorlage, auf die er ungeduldig wartete, noch nicht ausgedruckt war.
Bis in die Nacht war Grubkows Mannschaft beim General gewesen, mußte die Vorlage überarbeiten. Wie die Entscheidungsvorschläge jetzt lauteten, wußte er nicht. Immer wieder starrte er auf den Anzeiger oder drückte seinen Info-Auswerfer. Neun Kassetten lagen vor ihm. Nur die mit Grubkows Vorlage, die war nicht dabei.
Eigentlich hatte er gehofft, daß er zu der Beratung eingeladen würde. Wenigstens eine Beobachtungsschaltung erwartete er. Aber er harrte vergeblich. Eine vorsichtige Anfrage gelangte nur bis zum diensthabenden Servomat. »Keine Störung erwünscht« und »Kein Bedarf an Zusatzinformationen« waren dessen gleichbleibende Antworten.
Immer noch beriet der Oberste Rat über die textile Versorgung. Das war der erste Tagesordnungspunkt. Jeder Bürger konnte im Jahr fünfundzwanzig volle Einkleidungen für Freizeit und Festlichkeiten beanspruchen. Kaum einer nutzte das Limit vollständig aus. Das Problem bestand darin – soviel hatte er mitbekommen –, daß der Geschmack vieler Bürger Kapriolen schoß. Es begann damit, daß irgendwo, meist in den Superballungszentren, und fast immer betraf es die jüngeren Bürger, die Leute anfingen, auf Teufel komm ‘raus Kleidungsstücke von ausgefallenem Schnitt und mit eigenwilligem Zubehör zu verlangen. Bekleidungen, die man bei einer Show oder in einem Medienbericht entdeckt hatte. Oder die einer der alternativen Designer kreierte. Das Rennen nach solchen Klamotten begann, die Nachfrage explodierte, die Produktion kam nicht nach, die Umstellungen wurden nur ruckweise und partiell wirksam. Im Nu entstand eine Art »Graumarkt«, auf dem die begehrten Sachen zu Überpreisen gehandelt wurden. Die Bürger reagierten unterschiedlich. Die einen fühlten sich pudelwohl in der Situation, nannten es Modebewußtsein, andere dagegen ereiferten sich über die Schwerfälligkeit der automatischen Produktionsstätten und die Rückfalle in das vorzeitliche Spekulationsfieber.
In seiner ungeduldigen Erwartung der Grubkow-Vorlage verpaßte er die Beschlußfassung des Rates. Also mußte er sich den Text später ausdrucken lassen. Seine derzeitige Partnerin gehörte zu den Modebewußten, sie würde es ihm kaum verzeihen, wenn er sie nicht ins Bild setzte.
Immer noch sprach einer der Versorgungsmenschen. Jetzt ging es um ein neues Eiweißprodukt, gewonnen aus Algen und Mineralien. »Altgewohnte Geschmacksvarianten sind ebenso herstellbar wie
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