Raumschiff 5 - Carialle
Oberkörper. Er sah zu Plenna hinauf, die gerade staunend nach vorn blickte.
»Was siehst du?« fragte er.
»Ich sehe ein großes Gespinst von zusammenlaufenden
Linien«, antwortete sie. »Ich werde versuchen, es dir zu zeigen.« Sie wedelte mit den Händen, und schon leuchtete über ihren Köpfen die leise Andeutung eines fingerbreiten blauen Feuers auf und setzte sich nach vorn wie eine brennende Lunte fort. Einen Augenblick später erschien ein Gespinst ähnlicher Linien um sie herum über den Bergkanten; allesamt führten sie zu einem vor ihnen liegenden Punkt. Plennafreys leuchtender Blick traf auf den Keffs. »Das ist das Erstaunlichste, was ich je im Leben gesehen habe.«
»Der Konvergenzpunkt befindet sich ungefähr im Zentrum der Regionen der fünf Hochhexer«, erklärte Carialle. »So hat jedermann gleichermaßen Zugang zum Kern.«
»Ist überhaupt schon einmal irgend jemand
hierhergekommen?« fragte Keff Chaumel.
»Es gilt als Niemandsland für Zauberer«, erwiderte der silberne Zaubermann. »Gerüchten zufolge geraten die Dinge in diesem Gebiet außer Kontrolle. In meiner Jugend konnte ich nicht so weit vorstoßen. Das Übermaß an Kraft machte mich konfus, so daß ich mich verirrte und bei dem Versuch, davonzufliegen, beinahe umgekommen wäre. Da ist der Weg, genau vor uns markiert, als sollte es so sein.«
»Wir hätten den Ursprung unserer Kraft niemals aus dem Auge verlieren dürfen«, warf Plenna ein. »Ebensowenig wie die Ziele, die unsere Vorfahren verfolgten.« Ihre persönliche Tragödie, vermutete Keff, war unterschwellig offenbar stets präsent.
Die beiden Streitwagen warfen spitze Schatten, als sie über dem zerborstenen Boden dahinschwebten, Rußgeränderte Löcher von zehn Metern Durchmesser und mehr übersäten das Schneefeld. Keff verfolgte die Anzeige auf seinem Kompaß, als der Zähler sich immer mehr ihren Zielkoordinaten näherte.
Und dann sagten Chaumel, Carialle und der Froschprinz wie aus einem Mund: »Der da.«
»Und ab durch die Mitte!« rief Keff.
Die Tunnelöffnung war größer als die meisten anderen Kamine auf der schneebedeckten Ebene. Ein Schauer kroch über Keffs Haut, als sie in das Loch niedergingen und auch das letzte schwache, vormorgendliche Sonnenlicht abschnitten.
Nur das sanfte Licht von Plennas Streitwagen bewahrte Keff vor völliger Blindheit, als sie unter der Oberfläche verschwanden. Chaumel fiel ein kleines Stück zurück, um auf gleicher Höhe mit ihnen weiterzufliegen.
Sie überwanden eine Strecke von sechshundert Metern in beinahe völliger Finsternis. Plenna legte die Hand auf Keffs Schulter, und er drückte sie. Plötzlich weitete sich der Schacht, und sie gelangten in eine riesige, halbkugelförmige Höhle. Sie wurde von einem stumpfblauen Leuchter erhellt, und ihr Inneres hallte von einem sanften Summen wie vom Schnurren einer Katze.
»Da drinnen könnte man bequem Chaumels ganzen Berg
unterbringen«, meinte Carialle, nachdem sie durch Keffs Implantate eine Messung durchgeführt hatte.
Die Höhlendecke war irgendwann in grauer Vorzeit
glattgeschliffen worden, so daß sie am Ende jeder
schalldämmenden Blase nur junge, winzige Stalaktiten aufwies, die wie Geißelhärchen aussahen. Vereinzelt erstreckte sich eine riesige, texturierte Onyxsäule vom Boden bis zur Decke, von einem inneren Licht glühend.
Die Kugelfrösche begannen, aufgeregt in ihren Schalen auf und ab zu hüpfen und erregte Zeichen zu machen. Auch Keff war nach Tanzen zumute. Vor ihnen lag eine vergleichsweise winzige Plattform, die sich oben auf einer komplizierten Maschinenanordnung befand. Erst als er sie als solche erkannte, wurde Keff klar, daß sie fast die ganze Zeit über einen riesigen Maschinenpark hinweggeflogen waren, der beinahe den gesamten Höhlenboden bedeckte.
»So etwas habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen«, flüsterte Chaumel und brach damit als erster das Schweigen. Seine Stimme klang belegt und wurde von den Felswänden wie ein Ball hin-und hergeworfen.
»Das hat auch sonst niemand unter den heute Lebenden«, sagte Keff. »In diese Höhle ist seit mindestens fünfhundert Jahren niemand mehr gekommen.«
»Stufenfeldgeneratoren«, sagte Carialle sofort. »Schau dir mal diese wunderschöne Konstruktion an! Und wie riesig die sind! Damit könnte man eine Raumstation tausend Jahre lang beleuchten.«
»Das ist erstaunlich«, hauchte Plennafrey.
Sie lehnte sich vor, wie auch Chaumel, und trieb wie er ihren Streitwagen zu höherer
Weitere Kostenlose Bücher