Raumschiff 5 - Carialle
ausschließlich aus bepelzten Edlen Wilden zu bestehen, genau wie Brannel, nur daß sie statt vier Fingern an jeder Hand fünf aufwiesen.
»Der missing link?« fragte Keff, an Carialle gewandt. Diese Lebewesen sahen wie eine Kreuzung zwischen Chaumels und Brannels Volk aus. Obwohl auch ihre Gesichter behaart waren, wiesen ihre Züge doch nicht die gleiche Tierähnlichkeit auf, wie sie die verschiedenen Dorfbewohner kennzeichnete. Statt dessen wirkten sie stärker menschlich-diversifiziert. »Meinst du, daß wir immer stärkere Veränderungen in der
Gesichtsstruktur vorfinden werden, je weiter wir uns von den Herrschern entfernen?« Keff blieb stehen, um das Fellgesicht einer Magd zu studieren, die daraufhin errötete und scheu den Blick senkte. Verlegen knüllte sie ihr Staubtuch zwischen den Händen.
»Ähem! Eine geographische Ursache wäre unlogisch«,
wandte Carialle ein, »obwohl du natürlich auch Inzucht zwischen den beiden Rassen postulieren könntest. Das würde wiederum bedeuten, daß sich die Rassen genetisch sehr nahestehen. Höchst interessant.«
Als Chaumel bemerkte, daß er die Aufmerksamkeit seines Besuchers verloren hatte, kehrte er zurück und führte Keff von dem Dienstmädchen fort zu einem Steinboden.
»Was für eine exzellente handwerkliche Arbeit!« sagte Keff bewundernd. »Ganz hervorragend, Chaumel.«
»Es freut mich, daß du…« sagte der Zaubermann und trat durch das Tor in einen weiten Gang hinaus. »Dies hier… mein Vater…«
»Dies« erwies sich als Wandteppich aus gefärbten
Pflanzenfasern mit eingewobenen, kunstvoll-farbig gestickten Gestalten aus Sechsfüßlerhaar, wie Carialle Keff nach einer mikroskopisch genauen Betrachtung mitteilte.
»Alt«, meinte sie. »Mindestens vierhundert Jahre. Und handwerklich äußerst gekonnt, darf ich wohl hinzufügen.«
»Wunderschön«, sagte Keff und stellte sicher, daß der Kontaktknopf alles aufnahm, um es in seinen xenologischen Aufzeichnungen zu speichern. »Äh, hohe Handwerksschaft, Chaumel.«
Sein Gastgeber war entzückt und nahm ihn nun am Arm, um ihm jeden der im langen Gang aufgehängten Gegenstand zu zeigen.
Chaumel war offensichtlich ein begeisterter Kunstsammler, und bis auf die schwindelerregenden Bilder wies er einen gut ausgeprägten Schönheitssinn auf. Es fiel Keff überhaupt nicht schwer, die prächtig gefertigten Sessel zu bewundern, die Beistelltische und Podeste aus Holz und Stein; weitere Wandteppiche; Stücke von wissenschaftlichem Gerät, das nicht mehr verwendet wurde und das man zweckentfremdet hatte. Ein primitiver Streitwagen, offensichtlich der Vorgänger der eleganten Sessel, die Chaumel und sein Volk verwendeten, stand in einem Schrein unter dem Bild eines Bärtigen in silberner Robe. Chaumel besaß auch einige Gemälde und Werke gegenständlicher Kunst, die mit großem Können
ausgeführt waren und nicht nur kein Mißbehagen auslösten, sondern eine echte Augenweide darstellten. Keff kommentierte alles mit bewundernden Ausrufen, zeichnete es auf und hoffte dabei, daß er damit zugleich auch Hinweise darauf sammeln mochte, die zu Carialles Freisetzung führten, damit sie Ozran sobald wie möglich verlassen konnten.
Einige von Chaumels Schätzen widersetzten sich jeder Beschreibung. Auf den ersten Blick hätte Keff sie für Plastiken oder Statuen gehalten, doch einige der senkrechten und waagerechte Oberflächen wiesen Gebrauchsspuren auf und waren durch lange Verwendung glattpoliert. Es handelte sich um Mobiliar, aber für was für eine Art von Lebewesen?
»Was ist das, Chaumel?« fragte Keff und lenkte die
Aufmerksamkeit des Zaubermanns auf eine kleine, in einem Alkoven angeordnete Gruppe von Gegenständen. Er wies auf einen davon. Der sah aus wie eine niedrige Malerstaffelei, aus der zwei Hartholzstöcke in Form eines V herausragten. »Das ist sehr alt.«
»Ah!« machte der Zaubermann eifrig. »… aus alt, Alttag-Tag.« Das IÜP dolmetschte prompt »aus alter Zeit« und registrierte das Idiom.
»Meinen Messungen zufolge liegt das Alter zwischen
eintausendsechshundert und eintausendneunhundert Jahren«, bestätigte Carialle Chaumels Erklärung. Der Zaubermann warf Keff einen merkwürdigen Blick zu.
»Das war doch bestimmt nicht bei deinem Volk in
Gebrauch«, fuhr Keff fort. »Man kann sich doch gar nicht darauf setzen, nicht?« Er tat, als wollte er sich auf eine schmale, waagerechte Kante in Kniehöhe setzen.
Chaumel grinste und schüttelte den Kopf. »Die Ahnen
pflegten…
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