Raumschiff 5 - Carialle
und durch eine niedrige Höhlenöffnung zu fliegen. Er rang nach Luft. Die schmeckte feucht und war von mineralischer Schwere.
»Wo bist du?« explodierte Carialles Stimme in seinem Ohr.
»Verdammt, wie ich das verabscheue!«
»Achte auf deine Lautstärke, Cari!«
Mit stark gedämpfter Stimme fuhr Carialle fort: »Du
befindest dich ungefähr neunhundert Meter unmittelbar unterhalb deiner letzten Position, mit südlichem Kurs, in einem riesigen System miteinander verzweigter unterirdischer Höhlen. Hm!«
»Was ist los?« fragte Keff; dann biß er sich auf die Zunge, als Plennafreys Sessel durch eine schmale Röhre sauste und in eine Höhle gelangte, deren Boden unter ihnen abfiel, wie es schon der illusionäre Abgrund getan hatte.
»Ich betrachte gerade einige der elektromagnetischen Linien dort unten, nicht weit von dir. Allerdings kreuzen sie nicht den Tunnel, durch den ihr gerade kommt.«
»Wo fliegen wir hin?« fragte er das Mädchen.
»In Sicherheit«, erwiderte sie knapp. Sie hatte die Stirn in Falten gelegt und saß vorgebeugt da, als müßte sie mit den Schultern irgend etwas gewaltsam anschieben.
»Stimmt etwas nicht?«
»Es sind die Kraftlinien«, erklärte sie. »Die sind hier sehr schwach. Ich zapfe nur welche an, die weit entfernt sind. Wir müssen die starken erreichen, um zu fliehen, aber Chaumel hindert mich daran.«
»Kraftlinien?« fragte Keff verständnislos. Dann erinnerte er sich: Es handelte sich um eine alte Vorstellung
mystischmagischer Art. Keff beschloß, sich später noch eingehender mit diesem Konzept zu befassen.
Der Sessel machte einen Satz, prallte gegen einen kleinen Felsvorsprung, und Keff spürte, wie sein Körper von der Plattform zu gleiten drohte. Er packte die Kanten so fest, bis das Weiße seiner Knöchel hervortrat. Die Luft pfiff ihm in den Ohren.
»Und wenn du die starken Kraftlinien nicht erreichen kannst?« schrie er.
»Auf der Strecke hier unten schaffen wir es fast bis zu meiner Festung«, antwortete das Mädchen, ohne auf ihn zu blicken,
»Das wird zwar länger dauern, aber unten sind die Berge hohl Oh!«
Vor ihnen verdichtete sich plötzlich die Luft, und ein Dutzend Streitwagen nahm Gestalt an. Sie jagten auf Keff und das Mädchen zu, das abrupt einen Haken schlug und wieder auf den schmalen Durchgang zuhielt. Keff konnte einen kurzen Blick auf Chaumel werfen, der, glitzernd wie ein Stern, die Führung übernommen hatte. Der silberne Magier grinste sie bösartig an.
Asedow beschleunigte seinen grünen Streitwagen, um noch vor Chaumel Plennas Fahrzeug einzuholen. Doch damit
verursachte er lediglich einen kleinen Verkehrsstau, indem er den Tunneleingang versperrte, durch den Plennafrey
verschwunden war. Als die Verfolger sich endlich wieder entwirrt hatten, besaß ihr Opfer bereits einen deutlichen Vorsprung.
Plennafrey schoß einmal mehr durch den Wald aus
Onyxsäulen zurück. Keff lehnte den Rücken gegen ihre Knie, als sie eine besonders scharfe Kurve flog, um beim Austritt dem Felsvorsprung auszuweichen. Keff sah zu ihr auf und stellte fest, daß ihr Gesicht gelassen wirkte, konzentriert, wachsam, blaß und so wunderschön wie eine Lilie. Er
schüttelte den Kopf und fragte sich, wie ihm das zuvor nur entgangen sein konnte. Dann riskierte er einen raschen Blick nach hinten.
Weit hinter ihnen kamen die Verfolger gerade inmitten des Stalaktitengewirrs zu Schaden. Keff vernahm wütende Schreie, dann eine Warnung und kurz darauf einen Aufprall. Jetzt waren es nur noch elf.
»Jenseits der Verzweigung, wo ihr zum ersten Mal
aufgetaucht seid, wird der Gang breiter«, sagte Carialle, nachdem sie ihre Sonaruntersuchung des Höhlensystems ausgewertet hatte. »Weiter vorn befinden sich Lebensformen.«
Sie sausten unter einen niedrigen Vorsprung dahin, der die Grenze zur nächsten Kalksteinblasenhöhle markierte. Keff roch Essensduft und blinzelte ins Fackellicht hinaus. Der Geruch von heißem Essen vermischte sich mit dem kalten, feuchten Kalksteinduft der Höhlen. Vor ihnen lagen die unterirdischen Küchen, deren Existenz Carialle bereits vermutet hatte. Verglichen mit der frostigen
Umwelttemperatur an der Oberfläche war es hier geradezu tropisch. Keff spürte, wie seine Wangen sich von der Wärme röteten. Auch Plennafrey hatte eine leichte rosa
Gesichtsfärbung angenommen. Dutzende von pelzgesichtigen Köchen und Gehilfen huschten umher wie die Ameisen, trugen Töpfe und Pfannen zu den riesigen, an den Wänden
aufgereihten Mehrbrennern oder
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