Raumschiff 5 - Carialle
befanden sich in der Mitte einer aus dem nackten Fels gehauenen Kugel. Dann bemerkte Keff, daß die Wände gröber wirkten und die Decke nicht so hoch war.
Hastig ließ Plennafrey den Sessel landen. Vor Erleichterung stieß sie einen tiefen Seufzer aus. Keff tat es ihr gleich.
Er sprang auf und bot ihr seine Hand dar. Mit leisem Lächeln griff sie danach und gestattete ihm, ihr aus dem Sessel zu helfen.
»Edle Dame, ich möchte dir sehr inständig dafür danken, daß du mir das Leben gerettet hast«, sagte Keff und verneigte sich über ihren verbundenen Händen. Als er den Blick hob, sah er, daß Plenna errötete, doch ob dies aus Freude oder Verlegenheit geschah, wußte Keff nicht mit Sicherheit zu sagen.
»Ich konnte nicht zulassen, daß sie dich wie einen
Leibeigenen behandeln«, sagte sie. »Ich finde, du bist ein wirklicher Mann, auch wenn du keiner von uns bist.«
»Ein wahrer Mann verehrt die wahre Dame«, erwiderte Keff mit erneuter Verneigung. Plennafrey löste sich von ihm und wandte sich ab; schüchtern preßte sie ihre Hand an den Körper.
Keff lächelte.
»Was für hübsche Manieren du doch hast«, meldete sich Carialles Stimme. Sie klang sehr dünn und weit entfernt. »Du befindest dich fünfundvierzig Planetenbogengrade von deiner letzten Position entfernt. Ich hatte gerade noch Zeit, dich aufzuspüren, bevor euer Energiestoß losging. Ihr seid in einer kleinen Blasentasche in einem weiteren langgezogenen Höhlenkomplex. Was ist das für ein Ort?«
»Das wollte ich selbst gerade fragen.« Keff sah sich um.
»Meine Dame, wo sind wir hier?«
Anders als Chaumels Weinkeller roch dieser Ort nicht so überwältigend nach Sandstein und Hefe. Der leicht
mineralische Geruch vermengte sich mit einem duftigen, pulvrigen Parfüm. Obwohl er groß war, hatte der Raum etwas Intimes an sich. Ein bequem wirkender, übermäßig
gepolsterter Sessel stand mitten zwischen kleinen
Beistelltischen, prallen Bodenkissen und Spielzeugtieren. An einer Wand stand ein kleines Bett, sauber gemacht unter einer dicken, aber abgenutzten Bettdecke neben einem Tisch voller Schmuckstücke. Darüber eine Hängelampe mit kobaltblauem Schirm, klein und hell wie ein Juwel, die gemütlich leuchtete.
Keff erkannte, daß er sich im Privatgemach einer jungen Dame befand, die erst vor kurzem ihren Platz in der Welt der Erwachsenen eingenommen hatte, aber noch nicht ganz bereit war, ihre kostbaren Kindheitsschätze aufzugeben.
»Das ist mein… Ort«, antwortete Plennafrey. Das Adjektiv entging dem IÜP, doch Keff vermutete, daß das fehlende Wort
›geheimer‹ oder ›privater‹ lautete. Der schüchterne Stolz der jungen Frau zeigte Keff, daß er der erste war, der dieses Allerheiligste jemals zu Gesicht bekommen hatte. »Hier sind wir in Sicherheit.«
»Ich fühle mich geehrt«, sagte Keff aufrichtig und ließ seinen Blick wieder zurück zu Plennafrey schweifen. Sie lächelte ihn an, beobachtete ihn. Er musterte das Bettregal, suchte sich einen runden Rahmen aus, aus dem die Bilder mehrerer Leute ein Stückchen hervorragten. Er nahm den Rahmen auf und führte ihn dicht an seine Augen, damit Carialle ihn analysieren konnte.
»Holographie«, sagte Carialle sofort. »Na ja, nicht genau. Ein ähnlicher Effekt, aber eine andere Technik.«
Keff drehte den Rahmen in seinen Händen. Der Mann im Hintergrund war groß und hager, mit schwarzen Haaren und ernst wirkenden Augen. Er hatte die Hände auf die Schultern zweier Jungen gelegt, die große Ähnlichkeit mit ihm
aufwiesen. Das kleine Mädchen in der Mitte der Gruppe mußte eine jüngere Fassung von Plennafrey sein. »Deine Familie?«
»Ja.«
»Gut aussehende Leute. Wo wohnen sie?«
Sie wandte den Blick ab. »Sie sind alle tot«, sagte sie.
»Das tut mir leid«, erwiderte Keff.
Plennafrey blickte ihn wieder an. Ihre Augen waren gerötet, die Wimpern von Tränen benetzt. Sie nestelte an dem langen, metallischen Umhang, zog ihn sich über den Kopf und warf ihn so weit durch den Raum, wie sie nur konnte. Klirrend traf er auf die Wand und glitt zu Boden.
»Ich hasse es, was das zu bedeuten hat. Ich hasse es, eine Zauberin zu sein. Ich wäre so glücklich gewesen, wenn nicht…« Das IÜP versuchte, ihre Rede zu dolmetschen, griff dabei aber wieder darauf zurück, die Wurzeln der von ihr verwendeten Wörter wiederzugeben. Keff konnte darin nicht allzuviel Bedeutung erkennen, doch Carialle unterbrach seine Gedanken.
»Ich glaube, sie hat sie umgebracht, Keff«, meinte sie
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