Raumschiff der Generationen
Flüssigkeitsleben sich selbst blockiert hatte. Es war in seiner eigenen Ideologie gefangen, die jeden Versuch des Geistes, sich zu befreien, von vornherein unterband, gefangen auch in der ausweglosen Enge dieses Röhrenlabyrinths, das wie kein zweites dazu angetan war, die Überreste dieses einstmals so hochfliegenden Geistes langsam aber sicher zu zerstören …
»Wir werden euch helfen«, sagte Thoralf plötzlich laut, und noch während er sprach, war er bemüht, seinen Gedanken festen Halt zu geben, ihnen ein theoretisches Fundament zu schaffen, das vor dem kritischen Verstand des fremden Lebens Bestand haben würde. Er spürte, wie zwölf Augenpaare auf ihm lasteten. Und er sprach langsam, bedächtig, wie um seinem Unterbewußtsein Gelegenheit zu geben, ihm noch mehr Stoff zu liefern für das, was er zu sagen hatte.
»Der Gedanke, daß es für eine Gemeinschaftsintelligenz keine Weiterentwicklung gebe, es sei denn, durch gemeinschaftlichen Selbstmord, ist töricht!«
»Wie könnt ihr, Fremde, beurteilen, ob unser Handeln töricht oder klug ist?« kam sogleich die Gegenfrage. »Nichts ist einander fremder als zwei intelligente Lebensformen, die von zwei verschiedenen Planeten stammen!«
»Es gibt Gesetze, die allerorts im Universum ihre Gültigkeit haben. Zum Beispiel jene von den vier Aggregatzuständen der Materie.«
»Das ist richtig.«
»Und diese Aggregatzustände scheinen mir in eurem Fall eine ganz besondere Rolle zu spielen«, fuhr Thoralf fort. »Es kann kein Zufall sein, daß ihr euch von einer individuellen Lebensform zu einer gemeinschaftlichen Lebensform gewandelt habt. In eurem Fall war dies der Übergang von einer niederen zu einer höheren Stufe. Es kann aber genausowenig Zufall sein, daß mit diesem Erreichen einer höheren Stufe ein Übergehen vom festen Zustand in den flüssigen einherging. Auch diese Verwandlung, dieser Übergang war also ein Fortschritt .«
Thoralf machte eine Pause. Er wollte der fremden Intelligenz Gelegenheit geben, sich mit seinen Worten auseinanderzusetzen.
Er sah, wie Birger beifällig nickte. Der Wissenschaftler hatte längst gemerkt, worauf er, Thoralf, hinauswollte. Marc blickte ihn mit glänzenden Augen an. Aber auch andere schienen begriffen zu haben, wohin seine Denkanstöße zielten. Das fremde Leben nämlich antwortete:
»Der Gedanke, daß die verschiedenen Aggregatzustände eine Rangordnung in der kosmischen Entwicklung darstellen, hat vieles für sich …« Nicht für jede kosmische Art, nicht für jede! dachte Thoralf. »Jedoch zweifeln wir daran, daß es uns je gelingen könnte, einen höheren Aggregatzustand zu erreichen.«
»In dieser Umgebung hier nicht«, bestätigte Thoralf. »Dazu müßten erst neue Voraussetzungen geschaffen werden. Lebensbedingungen, in denen sich euer Geist wieder entfalten, eure Lebenskraft sich wieder regenerieren kann.« Seine Stimme wurde eindringlich, beschwörend fast, obwohl ihm bewußt war, daß emotionale Tonschwankungen von der Maschine sicherlich nicht übertragen wurden. »Gebt euer Herumvagabundieren im Weltall auf, steuert den nächsten Ammoniak-Methan-Planeten an, zerbrecht dieses gläserne Gefängnis hier und lebt wieder in eurem ureigensten Element! Dann werden sich von selbst die Voraussetzungen einstellen, die notwendig sind, damit ihr auf der evolutionären Stufenleiter eurer Rasse weiter emporklimmt!«
Thoralf schwieg – und wartete. Und die anderen warteten mit ihm. Es dauerte eine ganze Weile, bis das fremde Leben den Dialog fortsetzte.
»Die nächste Stufe in der Rangordnung der Aggregatzustände wäre der gasförmige Zustand. Dieser jedoch ist keine Brücke hin zum ungeteilten Sein. Auch er wäre eine Sackgasse.«
Thoralf schmunzelte. Die Fremden wußten längst die endgültige Lösung. Aber es schien, als ob sie es von ihm hören wollten. Vielleicht brauchten sie die Worte eines Außenstehenden als letzte Bestätigung ihrer eigenen Theorie. Sie sollten sie haben!
»Auf den gasförmigen Zustand folgt der Plasmazustand der Materie«, sagte er. »Wenn ihr den gasförmigen Zustand erreicht, werdet ihr auch den Plasmazustand erreichen. In dieser Existenzform, in der die Atomkerne ihre Elektronenhülle verlieren, ist die Materie dem Urzustand bereits nahe.«
»In der Existenzform des Plasmazustands tritt durch Ionisation eine Trennung von Kern und Hülle ein, wie ihr wißt. Dadurch verlieren die Atome und damit jede Materie Form und Besonderheit. Der Plasmazustand ist also die Brücke zurück zum
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