Raumschiff der toten Seelen
Platz zu machen, und blieben dann staunend stehen.
Ja, sie mußten sehr jung sein, obwohl sie eigentlich älter als zweihundert Jahre waren. Par-Ker schätzte keine von ihnen mehr als zwanzig oder zweiundzwanzig Jahre. Mit Überraschung stellte Par-Ker gleichzeitig bei sich fest, daß er keine Ahnung von seinem eigenen Alter besaß und wunderte sich, das der Frauen ohne jedes Bezugssystem schätzen zu können.
Wirklich, es gab noch genug Unerklärliches.
Eins der Mädchen kam auf ihn zu und blieb dicht vor ihm stehen.
Sie streckte ihm die Hand entgegen. Fast zögernd nahm er sie und erschrak, als er den kühlen, festen Druck verspürte. Gleichzeitig bemächtigte sich seiner ein Gefühl, das ihm unbekannt war.
In seiner Herzgegend schien sich alles zusammenzuziehen. Etwas wie Angst, vermischt mit Glück und Fröhlichkeit, ergriff von ihm Besitz. Ihm war, als müsse er dieses Wesen in seine Arme ziehen und nicht mehr loslassen. Aber noch überwand die Erziehung und Tradition seine inneren Gefühle.
Man konnte doch keinen anderen Menschen so behandeln!
Oder konnte man es doch?
Er versuchte, seine Verwirrung zu verbergen, als er dem erwartungsvoll lächelnden Blick Parkers begegnete. Mit aller Gewalt überwand er die Schwäche in den Knien, gab den Händedruck zurück und ließ die Hand los.
„Wie heißt du?“ fragte das Mädchen mit einer sehr hellen Stimme, die Par-Ker fremd vorkam. Er antwortete nicht sofort, denn eine weitere Beobachtung verschlug ihm schier die Sprache.
Die Gesichter aller Siedler waren identisch, und man konnte sie kaum voneinander unterscheiden. Das schien die inzwischen herausgetretenen Mädchen zu verwirren, denn hilflos blickten sie von einem zum anderen. Auf ihren Zügen zeigte sich sogar Erschrecken.
Das aber, was Par-Ker so erschütterte, war die einfache Tatsache, daß jedes der Mädchen anders aussah.
Natürlich, alle hatten sie zwei Augen, zwei Ohren, eine Nase und einen Mund. Aber jedes dieser Organe wies dem anderen gegenüber winzige Unterschiede auf, die in ihrer Gesamtheit eine völlige Verschiedenheit der Gesichter bewirkte.
Jedes der Mädchen war ein Typ Mensch für sich!
Die gesamte Besatzung der HOPE jedoch bestand aus einem einzigen Typ.
Par-Ker hatte keine Zeit, weiter über diese erstaunliche Sache nachzudenken, denn das Mädchen wiederholte seine Frage: „Wie heißest du? Mein Name ist Jenny Milton.“
Die besaß sogar zwei Namen!
„Ich heiße Par-Ker“, entgegnete Par-Ker.
Sie zeigte Erstaunen auf ihrem Gesicht.
„Ach – genau wie unser Erster Offizier. Dein Vorname?“
„Mein – was?“
„Nun, dein Vorname? Man muß euch doch unterscheiden können.“
Zum Glück kam nun der Weise Par-Ker zu Hilfe.
„Liebe Jenny, das sind Fragen, die Zeit bis später haben. Wichtig ist nur, ob dir Par-Ker gefällt und ob du seine Gefährtin werden willst. Aber das hat Zeit bis zum Abend, bis zur Versammlung. Ich werde dann die Regeln bekanntgeben. Es ist ja wohl klar“, wandte er sich gleichzeitig an Par-Ker, Har-Con und Ra-Kles, „daß mit dem Hinzukommen der Frauen die bisher übliche Gesellschaftsordnung über den Haufen geworfen wird. Du wirst viel Arbeit bekommen, Ra-Kles, aber gerade für diese Aufgabe hat man dich – eh – geschult. Nun, du wirst wissen, wie ich das meine.“
Der Philosoph senkte den Kopf.
„Ja, ich weiß es, Parker. Ich weiß es nur zu gut.“
Vergeblich versuchte Par-Ker, sich das merkwürdige Verhalten seines Freundes zu erklären. Ra-Kles schien wie umgewandelt und sein ganzes Herrentum in Unterwürfigkeit versunken. So ungewöhnlich und großartig war doch dieser Weise auch wieder nicht, daß man ihm gegenüber die eigene Persönlichkeit aufgeben mußte.
Die Mädchen hatten inzwischen ihre erste Überraschung genauso überwunden wie die Siedler. Sie schritten aufeinander zu und begrüßten sich wahllos. Das ungemein scharfe Unterscheidungsvermögen der Siedler half diesen, keinerlei Verwechslung zu begehen, während die armen Mädchen in arge Verwirrung gerieten, denn schließlich gab es für sie zwischen diesen Männern der Kolonie überhaupt kein Unterscheidungsmerkmal. Sie sahen einfach alle gleich aus. Daher wunderte sich mancher der Männer, daß ihm das gleiche Mädchen zwei- oder sogar dreimal die Hand schüttelte und ihn begrüßte.
Diese etwas tragikomische Situation kam jedoch niemand so recht zu Bewußtsein, lediglich das wissende Lächeln auf den Lippen Parkers ließ vermuten, daß er sie vorausgesehen
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