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Raumstation Erde

Raumstation Erde

Titel: Raumstation Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clifford D. Simak
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zögerte.
    »Ach was«, meinte Winslowe, »sei doch nicht kindisch.«
    Enoch riß das Papier ab und sah eine geschnitzte Figur, sich selbst, dargestellt aus honigfarbenem Holz, etwa dreißig Zentimeter hoch. Sie leuchtete in der Sonne wie goldener Kristall. Er schritt dahin, die Flinte unter dem Arm, und starker Wind schien zu wehen, denn er stemmte sich dagegen, und an Jackett und Hose zeigten sich Windspuren.
    Enoch war eine Weile sprachlos.
    »Wins«, sagte er schließlich, »das ist das schönste Stück Arbeit, das ich je gesehen habe.«
    »Hab’s aus dem Holz gemacht, das du mir vorigen Winter gegeben hast«, sagte der Postbote. »Das beste Schnitzholz, das mir je untergekommen ist. Hart und fast ganz ohne Faserung. Da braucht man keine Angst zu haben, daß etwas bricht oder abbröckelt. Und beim Schneiden nimmt das Holz von selbst Politur an. Man braucht es nur noch ein bißchen zu reiben.«
    »Du weißt gar nicht, wieviel mir das bedeutet«, sagte Enoch.
    »Im Lauf der Jahre hast du mir viel Holz geschenkt«, meinte der Postbote. »Holz, wie’s noch kein Mensch gesehen hat, erstklassig. Es war langsam Zeit, daß ich für dich etwas geschnitzt hab’.«
    »Du hast für mich sehr viel getan«, sagte Enoch. »Du hast immer alles aus der Stadt hergeschleppt.«
    »Enoch«, sagte Winslowe, »ich mag dich. Ich weiß nicht, was du bist, und ich frag’ auch nicht danach, aber ich mag dich.«
    »Ich wäre froh, wenn ich dir sagen könnte, was ich bin«, gab Enoch zurück.
    »Na«, sagte Winslowe und rutschte hinters Steuerrad, »nicht so wichtig, was einer ist, solange wir miteinander auskommen. Wenn sich die Politiker daran nur ein Beispiel nehmen würden, sähe es in der Welt auch besser aus.«
    Enoch nickte ernst. »Keine guten Aussichten, was?«
    »Bestimmt nicht«, sagte der Postbote und ließ den Motor an.
    Enoch blieb stehen und sah dem Wagen nach, als er den Berg hinunterknatterte, eine Staubwolke hinter sich herziehend.
    Er betrachtete die Holzfigur.
    Es sah so aus, als wandere er auf einem hohen Berg dahin, ungeschützt der vollen Gewalt des Windes ausgesetzt.
    Warum? fragte er sich. Was hatte der Postbote in ihm gesehen?

9
     
     
    Er legte die Flinte und seine Post ins Gras und wickelte die Figur wieder vorsichtig in das Packpapier. Sie gehörte entweder auf den Kaminsims, oder, was vielleicht noch besser war, auf den Kaffeetisch, der in der Ecke beim Schreibtisch neben seinem Lieblingssessel stand. Er gestand sich leicht verlegen ein, daß er die Figur in Reichweite haben wollte, wo er sie jederzeit ansehen oder in die Hand nehmen konnte. Er wunderte sich über die tiefe, wärmende Freude, die das Geschenk des Postboten in ihm wachrief.
    Es lag nicht daran, daß er selten Geschenke bekommen hätte, sagte er sich. Kaum eine Woche verging, in der die fremden Reisenden nicht etwas für ihn zurückließen. Eine ganze Regalwand im weiträumigen Keller war vollgestopft mit diesen Dingen. Vielleicht empfand er so stark, weil es ein Geschenk der Erde von einem Wesen seiner eigenen Art war.
    Er klemmte sich die Figur unter den Arm, hob die Flinte und die Post auf und machte sich auf den Heimweg, den überwachsenen Pfad entlang, der einmal der Fahrweg zum Farmhaus gewesen war.
    Zwischen den uralten Fahrrinnen, von den Eisenrädern der alten Wagen tief eingeschnitten, wuchs dichtes Gras. Die Sträucher am Wegrand erhoben sich über Mannsgröße, und man schritt wie in einem Hohlweg dahin.
    An manchen Stellen war das Gebüsch ein wenig lückenhaft, und man konnte auf das Flußtal hinunterblicken.
    Von einem dieser Punkte aus sah Enoch in einer Baumgruppe am Rand des alten Feldes etwas aufblitzen, nicht sehr weit von der Quelle entfernt, wo er Lucy gefunden hatte.
    Er runzelte die Stirn und blieb stehen, wartete auf eine Wiederholung. Aber nichts rührte sich.
    Er wußte, daß das einer der Spione war, der die Station mit einem Fernglas beobachtete. Der Blitz war durch die schräg auftreffenden Sonnenstrahlen entstanden.
    Wer waren diese Leute? fragte er sich. Und warum spionierten sie ihm nach? Das ging jetzt schon eine ganze Weile so, aber merkwürdigerweise hatte man nichts weiter unternommen. Niemand war an ihn herangetreten, obwohl das höchst einfach und unauffällig zu bewerkstelligen gewesen wäre. Wenn sie - wer sie auch sein mochten - mit ihm zu sprechen wünschten, hätte sich eine Begegnung bei einem seiner Morgenspaziergänge leicht arrangieren lassen.
    Aber anscheinend legte man noch keinen Wert

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