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Raumstation Erde

Raumstation Erde

Titel: Raumstation Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clifford D. Simak
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eintreffen. Enoch wartete. Der Postbote hielt vielleicht am Briefkasten der Fishers, hinter der Biegung, obwohl die Fishers sehr wenig Post bekamen, meist nur Reklamebroschüren, die an alle Leute verschickt wurden. Den Fishers machte das nichts aus; sie holten ihre Post oft tagelang nicht ab. Meist dachte nur Lucy daran, die Briefe zu holen.
    Die Fishers waren träge Leute. Ihr Haus und die Nebengebäude waren dem Einsturz nahe, und sie bestellten ein kleines Kornfeld, das häufig vom Hochwasser überschwemmt wurde. Sie brachten Heu von einer Talwiese ein und besaßen zwei abgerackerte Gäule, ein halbes Dutzend magerer Kühe und eine Schar Hühner. Sie hatten ein uraltes Auto, irgendwo am Fluß lag eine Schnapsbrennerei versteckt, sie jagten, fischten und stellten Fallen; im großen und ganzen taugten sie nicht viel. Sie waren aber keine üblen Nachbarn, wenn man es sich richtig überlegte. Sie kümmerten sich um ihre eigenen Angelegenheiten und belästigten ihre Mitmenschen nicht, wenn man davon absah, daß sie in regelmäßigen Abständen Broschüren und Traktate in der Nachbarschaft über irgendeine obskure Sekte, bei der Ma Fisher vor ein paar Jahren Mitglied geworden war, verteilten.
    Winslowe hielt am Briefkasten der Fishers nicht, sondern ratterte in einer Staubwolke um die Kurve. Er bremste das keuchende Gefährt und schaltete den Motor ab.
    »Muß ein bißchen abkühlen«, meinte er.
    Der Motorblock begann zu knistern, als die Hitze abströmte.
    »Du bist früh dran heute«, sagte Enoch.
    »Die meisten Leute hatten keine Post«, erwiderte Winslowe. »Ich konnte vorbeiflitzen.«
    Er versenkte die Hand in den Postsack auf dem Sitz neben sich und holte ein Bündel für Enoch heraus, einige Tageszeitungen und zwei Zeitschriften.
    »Du bekommst eine Menge Zeug«, sagte Winslowe, »aber kaum Briefe.«
    »Es gibt keinen Menschen mehr«, meinte Enoch, »der mir schreiben könnte.«
    »Aber diesmal ist ein Brief dabei«, sagte Winslowe genießerisch.
    Enoch konnte seine Überraschung nicht verbergen, als er zwischen den Zeitschriften einen Briefumschlag hervorstehen sah.
    »Ein persönlicher Brief«, sagte Winslowe, beinahe begeistert. »Keine Reklame. Auch kein Geschäftsbrief.«
    Enoch klemmte das Bündel unter den Arm, neben den Gewehrlauf.
    »Wird wohl nichts Besonderes sein«, meinte er.
    »Möglich«, brummte Winslowe. Er zog Pfeife und Tabaksbeutel aus der Tasche und begann die Pfeife langsam zu stopfen. Der Motor ächzte. Die Sonne strahlte vom wolkenlosen Himmel. Die Vegetation am Straßenrand war von einer dicken Staubschicht bedeckt und roch scharf.
    »Hab’ gehört, daß der Ginseng-Jäger wieder da sein soll«, erklärte Winslowe, ohne einen gewissen Verschwörerton unterdrücken zu können. »Drei oder vier Tage war er fort.«
    »Vielleicht will er seinen Sang verkaufen.«
    »Wenn du mich fragst, sucht der Kerl gar keinen Sang«, meinte Winslowe. »Er sucht ‘was anderes.«
    »Das macht er aber jetzt schon sehr lange«, erwiderte Enoch.
    »Erstens«, erklärte Winslowe, »gibt es kaum Käufer für das Zeug, und wenn es sie gäbe, wäre nicht genug Sang da. Früher war er mal ein gutes Geschäft. Die Chinesen brauchten ihn für medizinische Zwecke, glaube ich. Aber mit China wird ja nicht mehr gehandelt. Ich erinnere mich noch, daß wir als Kinder danach suchten. Schon damals war er nicht leicht zu finden. Aber man fand doch jeden Tag ein bißchen was.«
    Er lehnte sich zurück und sog gelassen an seiner Pfeife. »Komische Geschichte«, sagte er.
    »Ich habe ihn noch nie gesehen«, meinte Enoch.
    »Er schleicht durch den Wald«, fuhr Winslowe fort. »Gräbt alle möglichen Pflanzen aus. Ich bin schon auf den Gedanken gekommen, daß er vielleicht so eine Art Zauberer ist. Die meiste Zeit treibt er sich bei den Fishers herum und säuft ihren Schnaps. Man hört heutzutage nicht mehr viel davon, aber ich glaub’ noch an Zauberei. Es gibt zu vieles, was man wissenschaftlich nicht erklären kann. Denk doch nur an die stumme Fishertochter, sie kann Warzen wegzaubern.«
    »Hab’ ich gehört«, sagte Enoch.
    »Und mehr noch. Sie kann einen Schmetterling heilen.«
    Winslowe beugte sich vor. »Beinahe vergessen«, sagte er. »Ich hab’ noch etwas für dich.«
    Er nahm ein ein braunes Papier eingeschlagenes Päckchen vom Boden und gab es Enoch.
    »Keine Post«, sagte er. »Hab’s für dich gemacht.«
    »So? Danke«, sagte Enoch und nahm das Paket.
    »Na los«, sagte Winslowe, »mach’s doch auf.«
    Enoch

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