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Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition)

Titel: Raven - Schattenchronik: Sechs Romane in einem Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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kletterte er wieder hinunter zum Deck und lehnte sich dort gegen die Wand der Kajüte, um auf Stig Lundgren zu warten.
    Dann überlegte er es sich mit einem Male wieder anders. Er hatte das weitere Vorgehen vor Beginn der Aktion nicht mit Stig abgesprochen, aber er glaubte nicht, dass der Kommissar etwas dagegen haben würde, wenn er sich schon einmal dem Kai zuwandte, der direkt auf der anderen Seite der MARONAR beginnen musste. Lundgren würde unter Deck einige Zeit brauchen, und es war wahrscheinlich weniger riskant, in der Zwischenzeit die Erkundung fortzusetzen, als hier wie ein Opferlamm zu warten.
    Die letzten Zweifel beiseite drängend, stieß sich Raven von der Kajütenwand ab und tastete sich mit ausgestreckter Hand an ihr entlang bugwärts. Nach vielleicht zehn Schritten wich die Wand vor ihm zurück, und er folgte ihrer Krümmung, bis er im Schatten der vorstehenden Steuerkabine - die, wie ihm plötzlich einfiel, bei einem Schiff dieser Größenordnung seemännisch korrekt natürlich Brücke hieß - einen Halbkreis vollendet hatte und sich auf der anderen Schiffsseite befand.
    Dann bewegte er sich in einem rechten Winkel von der Kajütenwand weg, auf die landwärts gewandte Reling zu.
    Und stieß schon nach den ersten Schritten auf dem merkwürdig unebenen Deck mit dem Fuß gegen einen harten Gegenstand.
    Als er sich leicht vorbeugte, konnte er erkennen, dass es sich um ein abgebrochenes Stück der Reling handelte. Verwundert schüttelte er den Kopf, aber dann fiel ihm wieder ein, was Stig Lundgren nach der ersten Untersuchung des Rumpfes über den Zustand der MARONAR gesagt hatte. Plötzlich passte alles zusammen.
    Die MARONAR hatte eine Havarie mit der Kaimauer gehabt, das stand für Raven jetzt fest. Dabei war ihre Flanke deutlich eingedrückt worden - daher das unebene Deck auf dieser Schiffsseite - und die Reling teilweise zerbrochen.
    Diese Erklärung warf allerdings mehr Fragen auf, als sie beantwortete.
    Zum Beispiel war die See den ganzen Tag über völlig ruhig gewesen - und, soweit er das wusste, auch die Tage vorher. Wieso, um alles in der Welt, war die MARONAR trotzdem mit offensichtlich großer Wucht gegen die Anlegestelle geprallt?
    Raven stellte die Beantwortung dieser Frage vorläufig zurück, weil er erst weitere Informationen sammeln wollte.
    Vorsichtig arbeitete er sich weiter auf die beschädigte Stelle im Rumpf zu. Es dauerte nicht lange, da wurde das Deck so gewellt, dass er sich auf Hände und Knie niederlassen musste, um überhaupt noch vorwärts zu kommen. Der Nebel war womöglich noch dichter geworden, und um nicht plötzlich in ein Loch im Rumpf zu stürzen, tastete Raven jeden Zentimeter des Decks vor sich ab, bevor er sich behutsam weiterschob.
    Dabei stieß er auf das Kettchen.
    Es handelte sich um ein ganz normales Goldkettchen, wie man es um das Handgelenk zu tragen pflegt. Es baumelte mit zerbrochenem Schloss an einem ausgezackten Metallstück, das einmal eine Decksplanke gewesen war, und als Raven es vorsichtig ablöste und dicht vor seine Augen führte, konnte er auch den darauf eingravierten Namen lesen: Per Lagerkvist.
    Zwei Schritte weiter stieß Raven auf einen schrecklich verstümmelten Leichnam. Er zweifelte nicht daran, dass hier ein Kampf übernatürlicher Kräfte getobt hatte. Der Anblick des Toten war so entsetzlich, dass Raven erst einmal zur Reling wankte und sich übergab.
    Sören Andersson hatte begonnen, seinen »Vater in der Tiefe« zu hassen. Und er hatte sich entschlossen, sich gegen ihn zu stellen.
    Denn schließlich war sein Tod ohnehin gewiss. Also konnte er unbesorgt handeln und versuchen, die Pläne der bösen Wesenheit zu durchkreuzen.
    Nur das Wie - das war eine ganz andere Frage!
    Ist alles vorbereitet?
    Die Stimme seines Vaters schien direkt von einem schwarzen »Wurm« aus schwarzem Rauch zu kommen, der aus dem Abgrund unter dem Blutspiegel ragte und sich mit unglaublicher Beweglichkeit innerhalb des Pentagramms mal hierhin und mal dorthin tastete. Sie klang immer noch so glatt und einschmeichelnd wie früher, ein leises Säuseln, das an Blätterrascheln erinnerte und an den Flug von Schneeflocken im Winter. Jetzt aber war ihr Klang Sören nicht mehr angenehm, sondern jagte ihm kalte Schauer den Rücken hinunter.
    Denn nun erkannte er die grenzenlose Verderbtheit, die in dieser Stimme mitschwang. Und es war eine Verderbtheit, die selbst einen ehemaligen Profi-Killer wie ihn im Vergleich dazu wie einen Heiligen erscheinen ließ.
    JA, ES IST

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