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Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Titel: Raven - Schattenreiter (6 Romane) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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»Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass ich mein Leben so leben werde, wie ich es will. Und dazu gehört nicht, dass ich mich von einer Frau aushalten lasse. Auch nicht von dir!«
    Janice erbleichte. Ihre Augen weiteten sich erschrocken, und Raven konnte trotz der schlechten Beleuchtung erkennen, dass ihre Lippen zu zittern begannen. Aber die Worte waren heraus und ließen sich nicht wieder zurücknehmen.
    »Du ...«
    »Es tut mir leid, Liebling«, sagte er sanft. »Ich - ich habe es nicht so gemeint.«
    »Oh doch! Du hast es so gemeint.« Sie riss die Tür auf und starrte ihn wild an. »Wenn du dich von mir ausgehalten fühlst, ist wohl zwischen uns nichts mehr zu sagen!«
    Raven setzte zu einer Entgegnung an, aber Janice war mit einer raschen Bewegung aus dem Wagen, schmetterte die Tür hinter sich zu und verschwand mit schnellen Schritten in der Dunkelheit.
    Raven hätte sich am liebsten selbst geohrfeigt. Natürlich waren Janice' Worte nicht so gemeint gewesen. Aber der Alkohol hatte ihn dazu getrieben, heftiger zu reagieren, als er selbst gewollt hatte. Janice war nicht leicht zu verletzen, aber das, was er ihr da an den Kopf geworfen hatte, war pure Gemeinheit gewesen.
    Er griff nach dem Verschluss des Sicherheitsgurtes, löste ihn und stieg schwerfällig aus dem Wagen.
    Von Janice war keine Spur mehr zu sehen. Aber das war kein Wunder. Die Straße war so dunkel, dass er sie nicht einmal dann entdeckt hätte, wenn er drei Yards an ihr vorübergegangen wäre.
    Er atmete tief ein, schloss für einen Augenblick die Augen und wartete darauf, dass der Alkoholdunst aus seinem Schädel verschwand. Die eisige, feuchte Nachtluft half ihm dabei, und nach wenigen Sekunden fühlte er sich schon wieder nüchtern. Natürlich trog dieses Gefühl - wenn die Anspannung nachließ, würde alles verschlimmert zurückkehren. Aber bis dahin musste er Janice gefunden haben.
    Bei dem Gedanken, dass sie jetzt womöglich allein und frierend die halbe Nacht durch die Gegend irren könnte, verkrampfte sich etwas in ihm. Es war seine Schuld, dass sie kopflos davongerannt war, und wenn ihr irgendetwas zustieß, würde er sich bis an sein Lebensende Vorwürfe machen. Er musste sie finden!
    Er ging einmal um den Wagen herum, entzündete sein Feuerzeug und suchte den Boden nach Spuren ab. Aber natürlich waren da keine. Rechts und links der Straße befand sich moosiger, feuchter Waldboden, auf dem ein im Spurenlesen ungeübter Mann wie er nicht einmal die Fährte eines Elefanten wiedergefunden hätte.
    Trotzdem - er musste sie finden. Schließlich war er Privatdetektiv. Es gehörte zu den grundlegenden Aufgaben seines Berufes, einen Menschen aufzustöbern, egal wo und egal unter welchen Umständen.
    Er drehte sich einmal um seine Achse, musterte seine Umgebung und wandte sich dann nach Norden. Der Wald war dort besonders dicht. Aber Janice war in dieser Richtung davongestürzt, nachdem sie den Wagen verlassen hatte. Und jemand, der kopflos davonrennt, überlegt im Allgemeinen nicht lange.
    Raven kletterte über die niedrige Mauer, die die Straße in dieser Richtung begrenzte, beugte sich noch einmal zum Boden hinab und ging dann achselzuckend los. Eine Richtung war so gut wie die andere.
    Jeremy Tabett trat lautlos aus dem Wald hervor. Er hatte sicherheitshalber noch ein paar Minuten verstreichen lassen, nachdem der Typ zwischen den Bäumen verschwunden war, aber es hatte sich nichts mehr geregt.
    Tabett unterdrückte ein schadenfrohes Lachen. Die beiden waren Touristen, das war nicht zu übersehen. Jemand, der die Insel nur ein ganz klein wenig kannte, wäre niemals auf die Idee gekommen, ausgerechnet hier auszusteigen und in den Wald zu gehen.
    Das Waldstück, das die gesamte Nordküste und einen Teil des Innenlandes beherrschte, hätte jedem südamerikanischen Dschungel Konkurrenz machen können. Der Wald war nicht nur dicht, er war regelrecht verfilzt - eine einzige, kompakte Masse, in der es schon am Tag kaum ein Durchkommen gab. Nach Tabetts Meinung musste jeder, der nach Dunkelwerden in diesen Irrgarten vordrang, nicht mehr ganz normal sein.
    Aber schließlich war ihm dies nur recht. Die beiden waren jetzt gute fünf Minuten lang im Wald, was bedeutete, dass er in den nächsten Stunden nicht mit ihrer Rückkehr zu rechnen brauchte. Ganz bestimmt nicht vor Sonnenaufgang. Und Ruhe war genau das, was er brauchte.
    Er sprang über die Mauer, sah sich sichernd nach beiden Seiten um und ging dann mit raschen Schritten zu dem Rover hinüber.

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