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Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Titel: Raven - Schattenreiter (6 Romane) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Dämon und lächelte verlegen. »Wie können wir ...«
    Boraas machte eine beschwichtigende Handbewegung. »Schon gut. Sie brauchen mir nicht zu danken, Card. Wir hatten ein Abkommen, erinnern Sie sich?« Er zuckte mit den Schultern. »Und ich glaube, es wird Zeit, dass ich auch den letzten Teil einhalte.«
    »Welchen letzten Teil?«, fragte Card verwundert.
    »Ich hatte Ihnen zugesagt, dass Sie mich nie wiedersehen werden, wenn das hier alles vorbei ist. Nun denn ...« Mit diesen Worten trat er zurück und hob die Hände.
    Card sprang mit einem Satz auf die Füße. »He! Moment mal ...«
    Aber der Dämon war bereits verschwunden. Dort, wo er Augenblicke zuvor noch gestanden hatte, befand sich jetzt nur noch eine leere Felswand.
    Kemmler lachte leise. »Warum so erregt, Kommissar? Er hat nur sein Versprechen gehalten.«
    »Versprechen?«, ächzte Card. Er fuhr herum, funkelte den Sergeant feindselig an und stapfte dann wütend zum Höhlenausgang. »Hat einer der Anwesenden eine Ahnung, wo wir sind?«, fragte er, ohne sich umzudrehen. »Nein? Niemand?« Er drehte sich um, verschränkte die Arme hinter dem Rücken und begann auf den Absätzen zu wippen. Auf seinem Gesicht erschien ein boshaftes Lächeln. »Dann will ich es euch sagen. Der Fluss dort draußen ist der Chatel-Arab. Auf seiner einen Seite liegt der Iran, auf der anderen Seite der Irak. Nur weiß ich nicht, auf welcher Seite wir uns befinden.«
    Raven starrte den Inspektor einen Sekundenbruchteil lang verblüfft an. Dann sprang er mit einem Satz auf die Füße und hetzte zum Höhlenausgang.
    »Vielleicht«, fuhr Card nach einer angemessenen Pause fort, »hat einer der Anwesenden eine passende Idee, wie wir wieder nach Hause kommen.«
    »Hören Sie auf, Card!«, sagte Raven. »Es reicht!«
    »Ach?«, machte Card.
    Raven starrte ihn finster an.
    Irgendwo aus dem Hintergrund der Höhle wehte ein leises, amüsiertes Lachen zu ihnen herüber. Manche Dämonen, dachte Raven düster, haben einen wirklich seltsamen Sinn für Humor.

 
Fünfter Teil
MERLINS BÖSES ICH

 
    D er Raum lag tief unter der Erde, zugedeckt von der zeitlosen Stille der schottischen Hochmoore, ein gleichmäßig geformter Würfel mit etwas mehr als sechs Metern Kantenlänge und fünf Meter tief.
    Mehr als anderthalb Jahrtausende waren vergangen, seit die schwere steinerne Deckplatte das Grab verschlossen hatte, und seit dieser Zeit hatten kein Laut, kein Lichtschimmer den ewigen Schlaf des Toten gestört.
    Der Raum war leer bis auf einen niedrigen grauen Block aus poliertem Basalt. Die Wände waren sonderbar glatt und ebenmäßig, als wären sie geschliffen und mit einer hauchdünnen Schicht aus unsichtbarem Glas überzogen. Es war nicht nur ein Grab, sondern gleichzeitig Zuflucht, eine Trutzburg, in der der schmale, sorgfältig aufgebahrte Leichnam selbst dem Ansturm der Jahrtausende unbeschadet trotzen konnte.
    Sein Körper war unbeschädigt wie am ersten Tag, und das asketische, von Falten und Linien durchzogene Gesicht vermittelte eher den Eindruck eines Schlafenden als den eines Toten. Eine schwarze, eng anliegende Metallkappe bedeckte seinen Schädel und zog sich in einer dreieckigen Spitze bis tief in die Stirn, was den ansonsten sanften Zügen ein leicht diabolisches Aussehen verlieh. Die Hände waren auf der Brust gefaltet, und der Körper steckte in einem einfachen, sackähnlichen Gewand, das so schmucklos wie der Rest des Grabes war.
    Anderthalb Jahrtausende waren vergangen, seit der Magier zum letzten Schlaf niedergelegt worden war, doch nun war etwas geschehen, das den Bann der keltischen Magie, die seinen Körper vor dem Verfall bewahrt hatte, brach. Weit entfernt und von unbefugter Zunge gesprochen, war uralte Magie zum Leben erweckt worden. Der Spruch, wenn auch zur falschen Zeit und am falschen Ort und nur zum Teil aufgesagt, zerriss den unsichtbaren Schirm, der den Körper des Toten mit magischer Kraft eingehüllt hatte.
    Ein fahles grünes Licht breitete sich in der Kammer aus. Der Körper des Toten schien zu zucken, sich gegen die unsichtbaren Kräfte, die aus einer anderen Dimension in ihn hineinflossen, zu wehren, dann flackerten seine Augenlider, und der Blick seiner schmalen grauen Augen wanderte unsicher und verwirrt über die polierte Steinplatte, die die Decke seines Grabes bildete.
    Erinnerungen zuckten in seinem Bewusstsein auf. Schemen und Bilder aus einem Leben, das anderthalb Jahrtausende zurücklag. Aber die Erinnerungen waren unvollständig, bruchstückhaft,

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