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Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Titel: Raven - Schattenreiter (6 Romane) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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»habe ich. Aber sie haben darauf bestanden, auf dich zu warten. Es scheint wichtig zu sein.«
    In Ravens Gehirn begann eine ganze Batterie misstönender Alarmsirenen zu schrillen. Wenn Card - noch dazu in Begleitung - spätabends hier auftauchte und bereit war, die ganze Nacht auf ihn zu warten, dann konnte das nur bedeuten, dass er seine Hilfe brauchte. Und Hilfe bedeutete in den meisten Fällen einen Auftrag. Und es gab im Moment nichts, was Raven dringender benötigt hätte als Arbeit.
    Er straffte sich, fuhr sich noch einmal glättend über die Haare und betrat mit geübt schwungvollen Schritten das Wohnzimmer.
    Inspektor Card saß mit dem Rücken zur Tür in einem Sessel und kippte gerade den letzten Rest aus Ravens letzter Whiskyflasche in sein Glas. Ihm gegenüber saß ein etwa fünfzigjähriger, distinguiert wirkender Herr in schwarzem Nadelstreifenanzug, Spazierstock und Melone vor sich auf den Tisch gelegt und einen besorgten Ausdruck auf dem gepflegten Gesicht.
    Raven blieb mitten im Schritt stehen und versuchte, sich seine Überraschung nicht allzu deutlich anmerken zu lassen. »Sir Anthony!«, sagte er mit einer Mischung aus Staunen und vorsichtiger Freude. »Was für eine ... Überraschung!«
    Card drehte sich im Sessel um, grinste flüchtig und deutete mit einer Kopfbewegung auf den freien Platz am Kopfende des Tisches. »Ich würde guten Abend sagen«, feixte er, »aber so, wie Sie aussehen, würde es etwas makaber klingen. Setzen Sie sich doch!«
    Raven schluckte die Bemerkung, die ihm auf der Zunge lag, herunter. Er hatte lange gebraucht, um zu lernen, wie man mit Card umzugehen hatte. Der glatzköpfige Inspektor war mit Sicherheit der beste Kriminalist, den der Yard hatte - aber auch der schwierigste. Jemandem in seiner eigenen Wohnung einen Platz anzubieten, gehörte nun einmal zu seiner Art.
    Raven setzte sich, warf der geleerten Flasche vor Card einen sehnsüchtigen Blick zu und wandte sich dann an seinen zweiten Besucher.
    »Ich freue mich, Sie wiederzusehen, Sir Anthony«, sagte er steif. »Ich hoffe, es geht Ihnen gut.«
    Sir Anthony Gifford - seines Zeichens Sonderbeauftragter Ihrer Majestät der Königin und immer dann im Einsatz, wenn irgendwo auf der Welt eine besonders heikle oder delikate Angelegenheit zu bereinigen war - schüttelte traurig den Kopf. Raven hatte ihn kennen gelernt, als Card, Janice und er nach ihrem Duell mit dem Assassinen am Chat-el-arab im vom Krieg erschütterten und zerrissenen Irak gestrandet waren. Aber Sir Anthony hatte die Sache geradezu bravourös gemeistert. Sie hatten schon am nächsten Morgen in einem Flugzeug nach London gesessen.
    »Ob es mir gut geht?«, sagte der grauhaarige Diplomat. »Ich fürchte, nein, Mr. Raven. Ganz im Gegenteil.«
    »Das ist auch der Grund, warum wir mitten in der Nacht bei Ihnen auftauchen, Raven«, mischte sich Card ein. »Sir Anthony hat uns einmal geholfen, und es sieht so aus, als könnten wir uns revanchieren.«
    Raven runzelte verwundert die Stirn. »Revanchieren?«, fragte er ungläubig. »Sie werden doch nicht Arger mit der Polizei haben, Sir Anthony?«
    Gifford zog ein Gesicht, als hätte er unversehens auf eine saure Zitrone gebissen. »Nicht doch, Raven«, sagte er beleidigt. »Es geht nicht um mich!«
    »Sondern um seine Tochter«, fiel ihm Card ins Wort. »Vielleicht«, fügte er mit einem leisen, entschuldigenden Lächeln hinzu, »erzähle ich die ganze Geschichte. Ich habe ein wenig mehr Abstand als Sie, Sir Anthony.«
    Gifford seufzte, nickte betrübt und griff nach seinem Whiskyglas. Raven spürte plötzlich, was für einen Durst er hatte.
    »Es geht um Sir Anthonys Tochter«, begann Card, »wie bereits gesagt. Sie erinnern sich - wir haben Lady Cynthia und ihre Tochter Hillary kurz kennen gelernt.«
    Raven nickte. Er konnte sich gut an Hillary erinnern - ein langhaariges, schlankes Geschöpf von knapp achtzehn Jahren, ausgestattet mit einer Figur, die ganz dazu angetan war, jeden Mann um den Verstand zu bringen.
    »Das Ganze begann vor zwei Wochen«, fuhr Card fort. »Ein Bautrupp der Londoner U-Bahn-Gesellschaft suchte einen der tiefer gelegenen Schächte auf, um nach einem schadhaften Wasserrohr zu suchen ...«
    »Aber was hat das mit ...«
    Card hob rasch die Hand und runzelte unwillig die Stirn. »Warten Sie ab, Raven«, sagte er. »Wenn die Sache so einfach wäre, wäre ich nicht mit Sir Anthony zu Ihnen gekommen. Dieser Bautrupp verschwand - fünf Mann, komplett mitsamt Ausrüstung. Sie tauchten nie

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