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Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Titel: Raven - Schattenreiter (6 Romane) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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herausfinden, was«, sagte Raven schließlich.
    »Ja. Die Polizei kann in diesem Fall nichts unternehmen. Ich fürchte, Sie sind der Einzige, der hier weiterkommt, Raven«, sagte Card.
    Wahrscheinlich begriff Sir Anthony nicht, wie Cards Worte wirklich gemeint waren. Aber Raven begriff es.
    Und als er in Cards Augen sah, wusste er, dass sein Verdacht berechtigt war.
    Der Mann bewegte sich lautlos wie ein Schatten durch die Dunkelheit. Er ging schnell, vornübergebeugt und mit hochgeschlagenem Mantelkragen, als hätte er Angst, sein Gesicht zu zeigen, und wenn er unter einer Straßenlaterne hindurchmusste, gab er sich Mühe, den Bereich größter Helligkeit zu meiden, als hätte er aus irgendeinem Grund Angst vor dem Licht.
    Seine Haut wirkte da, wo sie vom Licht beschienen wurde, blass und kränklich, von einem unnatürlichen, beinahe durchsichtigen Weiß, unter dem die blauen Linien pulsierender Adern sichtbar wurden, und die Augen schienen unnatürlich groß, mit schmalen, geschlitzten Pupillen. Augen ähnlich denen von Katzen, mit denen er auch bei fast vollkommener Dunkelheit noch sehen können musste.
    Der Mann ging zielsicher über die ausgestorbenen Straßen. Obwohl er selten aufsah, schien er genau zu wissen, wo er sich befand und wo er hingehen musste.
    Schließlich blieb er vor einem hohen, schmiedeeisernen Tor stehen. Dahinter lag ein gepflegter Park mit sauber geschnittenem englischen Rasen, gepflegten Blumenbeeten und einer Anzahl uralter, knorriger Bäume, deren blattlose Äste sich wie dünne Knochenfinger gegen den klaren Nachthimmel erhoben. Das dreigeschossige Herrenhaus im Zentrum des Parks lag im Dunkeln; nur hinter einem schmalen Fenster im Erdgeschoss schimmerte noch trübes gelbes Licht.
    Der Mann blieb sekundenlang reglos vor dem geschlossenen Tor stehen, sah sich dann blitzschnell nach rechts und links um und trat mit einem entschlossenen Schritt näher. Seine Hände legten sich um das rostige Eisen. Er sah sich noch einmal misstrauisch nach allen Seiten um, spannte die Muskeln und riss mit aller Kraft an den zollstarken Stäben.
    Das Metall knirschte protestierend. Das Gesicht des Mannes verzerrte sich vor Anstrengung. Langsam, Millimeter für Millimeter, bogen sich die Eisenstäbe nach außen. Ein heller, an einen Pistolenschuss erinnernder Laut zerriss die Stille, als eine Schweißnaht unter der Belastung riss und sich einer der Stäbe ganz aus dem Tor löste.
    Der Mann schrak zusammen, sah sich wieder angstvoll um und schlüpfte dann mit einer Eleganz, die seiner massigen Gestalt hohnsprach, durch die entstandene Lücke.
    Augenblicke später war er mit den Schatten des Parks verschmolzen und unsichtbar, als hätte es ihn nie gegeben.
    Als wenn er jemals mehr als ein Schatten gewesen war ...
    Bis auf das monotone Ticken der altmodischen Standuhr war das Zimmer vollkommen still. Selbst der Verkehrslärm war verstummt, nachdem das Fenster geschlossen worden war, und mit der Stille waren graue Schatten und Kälte in den Raum gekrochen.
    Coco sah zum wahrscheinlich hundertsten Mal in dieser Nacht auf die Uhr, drehte sich ächzend auf der schmalen Pritsche herum und setzte sich in eine halb hockende, halb liegende Stellung auf.
    »Du solltest versuchen, etwas zu schlafen«, murmelte Karden. »Wenn du dich die halbe Nacht herumwälzt, wird es auch nicht besser.« Er hockte wie ein schwarzer Schatten auf dem Stuhl neben der Tür. Selbst beim Sprechen schien sich sein Gesicht nicht zu bewegen.
    Aber Coco wusste nur zu gut, wie schnell der Gangster sein konnte. Seine Rippen schmerzten noch immer von den Schlägen, mit denen Karden seinen ersten und einzigen Ausbruchsversuch gestoppt hatte, und jedes Mal, wenn er Luft holte, schien sich eine winzige glühende Nadel in seinen Brustkorb zu bohren.
    »Wie lange wollt ihr mich noch hier festhalten?«, fragte er.
    Karden regte sich noch immer nicht.
    »So lange, bis der Boss entschieden hat, was mit dir geschieht«, sagte er nach einer Weile.
    »Du könntest das Problem ganz einfach lösen«, erwiderte Coco, obwohl er genau wusste, wie sinnlos es war, mit dem Killer diskutieren zu wollen. »Du brauchst nur die Augen zuzumachen und mich gehen zu lassen. In zwei Stunden bin ich aus der Stadt verschwunden. Ich verspreche euch, dass ihr mich nie wieder seht.«
    Karden grinste humorlos. »Es hat keinen Sinn, Coco. Schau mal, ich habe nichts gegen dich persönlich, aber wenn der Boss mir sagt, ich soll darauf achten, dass du das Zimmer nicht verlässt, dann

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