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Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Titel: Raven - Schattenreiter (6 Romane) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zerberstender Scheiben. Metallsplitter jagten wie Granatsplitter durch den Tunnel, prallten Funken schlagend gegen Decke und Wände und rissen tiefe Narben in den Stein.
    Dann, von einer Sekunde zur anderen, war wieder Ruhe. Aber es war die Ruhe des Todes ...
    »Und du wagst es auch noch, mir mit dieser Geschichte unter die Augen zu treten?«, fragte Gelders ruhig. Sein Gesicht wirkte unbewegt und starr, das Pokergesicht eines erfolgreichen Geschäftsmannes, das nichts über seine wahren Gefühle verriet. Nur in seinen Augen schien ein tückisches Glitzern zu sein, ein Ausdruck, der sein Gegenüber an den Blick einer Schlange erinnerte, die ihr Opfer mustert und überlegt, an welcher Stelle sie es am besten packen kann. »Allein dafür, dass du hierhergekommen bist, würde ich dir am liebsten ein paar Betonlatschen verpassen und dich in die Themse werfen. Warum hast du die Bullen nicht gleich mitgebracht?«
    Trevellian schien ein weiteres Stück in sich zusammenzuschrumpfen. Er überragte Gelders um fast dreißig Zentimeter, und seine Schultern waren so breit, dass sich zwei normal gewachsene Männer dahinter hätten verstecken können. Trotzdem hatte er im Moment entschieden das Gefühl, der Kleinere zu sein. »Ich - bin nicht verfolgt worden«, sagte er unsicher.
    Gelders zog die linke Augenbraue hoch. »So«, murmelte er, »du bist nicht verfolgt worden. Glaubst du das nur, oder bist du sicher?«
    »Ich ... bin sicher«, stammelte Trevellian.
    »So sicher, wie Karden es war, wie?«, fragte Gelders hämisch.
    »Aber wieso, ich ...«
    Gelders seufzte. »Was glaubst du, wieso die Bullen so schnell da waren?«, fragte er in resignierendem Tonfall. »Dass diese schwarze Ratte nur ein Köder war, nach dem ich schnappen sollte, ist dir noch gar nicht aufgefallen, wie?«
    Der Killer setzte zu einer Antwort an, beließ es aber dann vorsichtshalber bei einem dümmlichen Lächeln.
    »Aber es ist vielleicht gar nicht nötig, dass die Polizei mir eine Falle stellt«, fuhr Gelders in täuschend ruhigem Tonfall fort. »Meine eigenen Leute helfen ihnen ja bestens.« Sein Gesicht verzerrte sich übergangslos vor Wut. »Wie oft habe ich euch Idioten eigentlich eingehämmert, euch nicht hier sehen zu lassen? Die Bullen warten doch nur darauf, mich mit einem von euch zu erwischen, du Blödmann! Wenn sie auch nur beweisen können, dass ich weiß, wie Rauschgift riecht, fliegt der ganze Laden hier auf!!«
    Der Killer schrumpfte ein weiteres Stück in sich zusammen und senkte betreten den Blick.
    »Okay«, seufzte Gelders schließlich. »Wenn du nun schon mal hier bist - gibt es was Neues?«
    »Nicht ... direkt.«
    »Was heißt das, nicht direkt?«, schnappte Gelders. »Ich will Coco haben, ist das klar? Ihn und diesen Mistkerl, der ihn befreit hat. Und zwar, bevor die Bullen sie schnappen.«
    »Aber ich ...«
    »Nichts aber! Es ist mir völlig egal, wie ihr es macht. Bringt mir die beiden, und zwar lebend! Und wenn ihr ganz London dazu umgraben müsst! Ich will sie haben! Und ich will wissen, für wen sie arbeiten! Und wenn ich es weiß«, fügte er etwas leiser und eigentlich nur zu sich selbst hinzu, »dann gnade ihm Gott ...«
    Der Triebwagen war aus den Schienen gesprungen und gegen die Wand gekippt. Das gesamte vordere Drittel des Fahrzeuges war zerschmettert. Was nicht beim Durchbrechen des eisernen Tores, mit dem der stillgelegte Tunnel verschlossen gewesen war, zerstört worden war, hatte der Aufprall vernichtet. Der Triebwagen war nur noch ein Trümmerhaufen, ein wirres Konglomerat aus zermalmtem, verdrehtem, ineinander gestauchtem Metall und Glassplittern.
    Heißes Öl tropfte aus einer zerborstenen Leitung und verzischte auf den Schienen, und irgendwo brannte etwas. Auch die drei Wagen waren beschädigt. Die Wucht des Aufpralles hatte sie wie leere Konservendosen ineinandergeschoben und -gepresst. Kaum einer der Passagiere war ohne Verletzungen davongekommen, eine große Zahl von ihnen lag reglos auf dem rauen Gummiboden der zertrümmerten Wagen, bewusstlos, vielleicht tot. Die meisten anderen hatten blutende Wunden und Hautabschürfungen.
    Trotzdem war in dem finsteren Stollen nicht der leiseste Schmerzenslaut zu vernehmen. Wer noch fähig war zu gehen, hatte die Züge verlassen und beiderseits des Gleises Aufstellung genommen, ein stummes Spalier erstarrter Gestalten mit leeren, ausdruckslosen Gesichtern. Wären die beiden ineinander verkeilten U-Bahn-Züge nicht gewesen, hätte nichts auf die Katastrophe hingedeutet, die

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