Raven - Schattenreiter (6 Romane)
keine Luft mehr bekam. Er spürte, wie seine Rippen unter dem ungeheuren Druck dieser entsetzlich starken Arme knackten, wie ...
Ein einzelner Schuss peitschte durch die Halle. Der Ghoul zuckte zusammen. Sein mörderischer Griff löste sich. Er zitterte, trat einen halben Schritt zurück und wandte sich schwerfällig um.
Wieder krachte ein Schuss. Raven sah, wie das unglaubliche Wesen unter dem Treffer zurücktaumelte.
Aber es stürzte nicht.
Ravens Blick glitt an dem Monster vorbei. Unter dem Eingang, durch den sie selbst die Halle betreten hatten, waren zwei Männer erschienen. Einer von ihnen hatte eine Waffe in der Hand, eine großkalibrige Pistole, deren rauchende Mündung auf den Ghoul deutete.
Der Ghoul knurrte, duckte sich ein wenig und bewegte sich mit wiegenden Schritten auf die beiden neu aufgetauchten Gegner zu.
Raven wartete nicht ab, was weiter geschah. Er wusste, dass die beiden dem Wesen mit ihrer Waffe nicht wirklich gefährlich werden konnten, aber ihr plötzliches Auftauchen gab ihm noch eine winzige Chance. Er ließ sich wieder auf die Knie herab, umklammerte die Pistole mit beiden Händen und zielte sorgfältig. Von der Tür her krachten kurz hintereinander drei Schüsse, gefolgt von einem dumpfen, klatschenden Geräusch und einem entsetzten Aufschrei.
Raven drückte ab.
Das orangerote Mündungsfeuer seiner Waffe stach wie eine winzige, glühende Lanze nach dem sternförmigen Stein.
Die Kugel saß genau im Ziel.
Der Stein zerplatzte.
Drei, vier endlose Sekunden lang geschah nichts. Dann begann sich das Licht abermals zu verändern. Es flackerte stärker, verlor an Glanz und wurde schwächer.
Raven sah auf. Stone stand noch immer im Zentrum des Kreises, aber die Flammen, die ihn einhüllten, brannten jetzt wirklich. Er taumelte, begann zu schreien und schlug wie irrsinnig auf seinen Körper ein. Seine Kleidung begann zu schwelen. Er stolperte zurück, außer Reichweite des pulsierenden Lichtfingers, der plötzlich nicht mehr dämonische Kraft, sondern nur noch Hitze und Tod auf ihn herabsengte, fiel auf die Knie und versuchte verzweifelt, die Flammen an seinen Kleidern auszuschlagen.
Es gelang ihm. Sein Körper war übersät mit geschwärzten, rauchenden Flecken, sein Haar verkohlt, und sein Gesicht schien eine einzige große Brandwunde zu sein, aber irgendwoher nahm er die Kraft, noch einmal aufzustehen und mit weit ausgebreiteten Armen auf Raven zuzutaumeln.
Raven wich mit einem entsetzten Keuchen zurück. Der Mann musste tot sein! Er hatte kein Recht mehr zu leben!
Er hob die Waffe, zielte auf Stones Kopf und spreizte die Beine, um einen sicheren Stand zu haben.
»Stehen bleiben!«, rief er.
Stone ging weiter.
»Bleiben Sie stehen, Stone!«, sagte Raven noch einmal.
Stone stieß einen knurrenden, unmenschlichen Laut aus und kam mit unsicheren Schritten näher.
»Ich schieße!«, rief Raven. »Ich erschieße Sie, wenn Sie noch einen einzigen Schritt machen!«
Für einen Moment blieb Stone wirklich stehen. Aber nur für einen Moment. Dann stieß er ein zweites Mal dieses fürchterliche, unmenschliche Geräusch aus und kam wieder näher.
Ravens Finger krampfte sich um den Abzug. Langsam, Millimeter für Millimeter, zog er das kalte Metall durch, spürte, wie er den Druckpunkt erreichte - und zögerte erneut.
Stones Körper fing an sich zu verändern ...
Seine Umrisse begannen zu zerfließen wie die einer Wachspuppe, die zu lange in der Sonne gelegen hatte. Er verlor mehr und mehr an Substanz, wurde unscharf, nebelig ...
Aber hinter den vertrauten Umrissen eines menschlichen Körpers begann sich etwas Neues zu formen. Etwas Gigantisches und Schreckliches. Raven konnte keine Einzelheiten erkennen, aber das, was er sah, reichte aus, ihm das Blut in den Adern gefrieren zu lassen.
Plötzlich hatte er wieder das Wort in seinem Schädel, den Namen, den Stone genannt hatte.
Thul Saduun ...
Und plötzlich glaubte er zu begreifen, was sich hinter diesem Wort verbarg.
Das Grauen.
Das Grauen einer Zeit, die seit Millionen und Abermillionen von Jahren vergangen, aber noch nicht tot war.
Mit einem gellenden, entsetzten Aufschrei wich er zurück und drückte ab!
Die grellrote Mündungsflamme der Waffe schien wie eine glühende Lanze auf das Ding zuzustechen, in das Stone sich zu verwandeln begann. Raven sah, wie die Kugel traf, Stone zurücktaumelte und wankte.
Aber er fiel nicht.
Einen Moment lang blieb er stehen, sein Körper begann stärker zu wallen, endgültig an Substanz
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