Raven - Schattenreiter (6 Romane)
Sergeant schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Nein! Nein! Scheinbar weiß hier niemand etwas, mich eingeschlossen. Diese Eierköpfe sagen doch tatsächlich, dass die Proben von keiner bekannten Lebensform stammen. Ha! Vielleicht sind die Marsmenschen gelandet und haben Pendrose gekillt.«
Er ließ sich wieder in seinen Stuhl fallen, stützte den Kopf auf die gefalteten Hände und starrte sein Gegenüber an.
»Ich muss noch einmal mit diesem Raven sprechen«, sagte er nach einer Weile. »Der Kerl weiß mehr, als er eingestanden hat. Diese Geschichte von Geistern und Schattenreitern kann er seiner Großmutter erzählen, aber nicht mir. Rufen Sie ihn an!«
Der Sergeant griff über den Schreibtisch, angelte sich das Telefon und wählte mit fliegenden Fingern eine Nummer.
»Nun?«, grollte Card nach einer Zeit. Er hatte sich ein wenig beruhigt, aber sein Gesicht hatte immer noch eine ungesunde rote Färbung. An seiner Wange zuckte ein Muskel.
»Niemand zu Hause«, sagte Smithers unglücklich. »Da meldet sich nur der automatische Anrufbeantworter. Wollen Sie eine Nachricht hinterlassen?«
»Nein.« Card stand auf, raffte seine Unterlagen zusammen und verstaute alles in einer Aktentasche. »Wir fahren noch einmal zu Candley«, entschied er. »Und danach bringen Sie mich nach Hause. Ich werde mir den ganzen Schwachsinn heute Abend in Ruhe noch einmal vornehmen.«
Es war Abend geworden. Durch die getönten Scheiben der Südfenster fielen die letzten Strahlen der untergehenden Sonne herein, vergoldeten den Teppich, die schweren antiken Möbel und verwoben sich mit den sanften Klängen von Beethovens Siebenter zu einer Atmosphäre der Romantik und Behaglichkeit. Der Duft von frisch aufgebrühtem Kaffee durchzog die Wohnung, und die Erinnerung an den gemeinsam verbrachten Nachmittag vertrieb auch den letzten Rest dumpfer Gedanken aus Jeffreys Kopf.
Er war allein in der winzigen Kochnische. Vor ihm blubberte der Kaffee durch den Automaten, und auf dem Tablett daneben hatte er Tassen und Gebäck vorbereitet.
Es war ein seltsames Gefühl. Er hatte die vollautomatische Küche in den zwei Jahren fast nie benutzt; Essen und Trinken waren bisher rein körperliche Bedürfnisse für ihn gewesen, die er so schnell wie möglich erledigte, ohne mehr als einen flüchtigen Gedanken daran zu verschwenden.
Aber mit Carols Erscheinen war alles anders geworden. Selbst jetzt spürte er ihre Anwesenheit durch die dünne Trennwand hindurch. Sie saß auf der Couch, eingehüllt in einen seiner Kimonos, das Haar nass und strähnig, vertieft in ein Buch. Sie waren am Nachmittag ins Hallenbad hinuntergefahren, das zur Einrichtung des Hauses gehörte und allen Mietern offenstand - ein ungeheurer Luxus. Und es hatte ihm unglaublichen Spaß gemacht zu sehen, wie sie glücklich herumplanschte und sich freute wie ein kleines Kind.
Der Kaffee war fertig. Jeffrey schaltete den Automaten aus, nahm die Glaskanne heraus und balancierte vorsichtig mit dem Tablett ins Wohnzimmer.
Carol half ihm, es unbeschädigt auf dem Tisch abzusetzen, und schenkte anschließend beide Tassen voll.
»Schmeckt er?«
Sie nickte, trank noch einen großen Schluck und griff nach den Keksen. »Köstlich. Wie alles hier.« Sie lächelte. »Weißt du, Jeff, manchmal frage ich mich, ob ich nicht träume.«
»Warum?«
»Nun« - sie machte eine weit ausholende Geste, die das Zimmer und die ganze Wohnung einschloss -, »das alles hier, das ist so ...« - sie suchte nach Worten - »so neu für mich. So völlig anders als alles, was ich bisher kennen gelernt habe.«
»Das ist nichts«, sagte Jeffrey abfällig. »Ich habe dir schon mal gesagt, dass Geld nichts bedeutet, wenn man es einmal hat.«
»Ich meine auch nicht dein Geld«, antwortete sie leise.
»Sondern?«
Sie zögerte. »Die - die Männer, die ich bisher kennen gelernt habe, waren alle ganz anders als du. Weißt du, mir hat noch nie jemand etwas geschenkt. Ich musste immer für alles bezahlen, ganz egal, was es war. Aber du - du bist so - selbstlos.«
»Selbstlos?« Er lachte unterdrückt. »Vielleicht ist das nur ein ganz besonders raffinierter Trick, um zum Ziel zu kommen.«
Carol schüttelte den Kopf. »Nein. Ich weiß, dass das nicht stimmt.«
Jeffrey schürzte abfällig die Lippen. »Niemand bekommt etwas geschenkt, Liebes«, sagte er leise. »Jeder bezahlt, irgendwann.« Er stand auf, trat ans Fenster und vergrub die Hände in den Taschen. »Auch Paul hat bezahlt«, murmelte er.
»Wie meinst du das?
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