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Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Titel: Raven - Schattenreiter (6 Romane) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Berge, den Assassinen, so oft gelesen, dass er ihn beinahe auswendig aufsagen konnte. Aber schlauer war er dadurch auch nicht geworden.
    Er stand auf, ging zum Schreibtisch und begann ziellos in seinen Papieren zu wühlen.
    Und wieder war da dieser Schatten.
    Er fuhr herum. Aber da war nichts. Das Zimmer war leer.
    Aber er hatte es gesehen! Er wusste genau, dass er sich nicht getäuscht hatte.
    Die Erscheinung wiederholte sich, deutlicher diesmal, aber trotzdem unfassbar, ein schnelles, huschendes Etwas, das sich immer dicht am Rande seines Gesichtskreises zu bewegen schien. Es war, als hätte er einen winzigen dunklen Fleck im Auge, der unweigerlich mitwanderte, wenn er die Augen bewegte.
    Er spürte, wie sich sein Pulsschlag beschleunigte. Raven war ganz gewiss kein Feigling, aber dieser seltsame, huschende, lautlose Schatten jagte ihm Angst ein.
    »Unsinn«, murmelte er halblaut. »Ich lasse mich schon anstecken.«
    Allmählich begann Raven zu begreifen, wie Pendrose zu dem geworden war, als das er ihn kennen gelernt hatte: ein zitterndes, verängstigtes Nervenbündel, ein menschliches Wrack.
    Um sich abzulenken, ging er zur Stereoanlage hinüber. Sekunden später erfüllten die Lautsprecher den Raum mit dumpfen, rhythmischen Trommelwirbeln, aber die Musik wirkte seltsamerweise nicht beruhigend auf ihn.
    Im Gegenteil. Seine Nervosität schien mit jeder Sekunde zu steigen, und das dumpfe, rhythmische Pochen in seinen Ohren rührte zu einem Gutteil vom Klopfen seines eigenen Herzens her.
    Raven fuhr mit einer wütenden Bewegung herum und schaltete die Anlage aus.
    Das Pochen blieb.
    Aber es war auch nicht der Rhythmus seines Herzschlages. Es war ein dunkles, regelmäßiges Dröhnen, das eine Vielzahl von Empfindungen und Bildern in ihm auslöste. Er fühlte sich an den Klang dunkler Trommeln erinnert, vermischt mit fernem, regelmäßig auf und ab schwellendem Donner. Ein seltsamer, fremder Geruch schien plötzlich in der Luft zu liegen; der Geruch von heißem, sonnendurchglühtem Sand, von brackigem Wasser und Pferden.
    Er ballte die Hände zu Fäusten, um ihr Zittern nicht mehr spüren zu müssen. Er hatte Angst. Auf eine seltsame Art erfüllten ihn das Dröhnen und die Gerüche beinahe mit Panik. Langsam, die Augen angstvoll geweitet, wich er zurück, bis er mit dem Rücken gegen die Wand stieß.
    Irgendetwas war mit dem Licht nicht in Ordnung. Es schien plötzlich weniger intensiv zu sein. Die Sonnenstrahlen, die durch die deckenhohen Fenster hereinfielen, hatten ihren goldenen Glanz verloren, spielten jetzt mehr ins Graue hinein und tauchten den Raum in ein seltsames Dämmerlicht, in dem die Konturen der vertrauten Gegenstände zu verschwimmen schienen und die Schatten zu geheimnisvollem Leben erwachten.
    Vor ihm, direkt in der Mitte des Raumes, bewegte sich etwas. Raven presste die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen, um die Erscheinung besser erkennen zu können. Es ging nicht. Er sah nur Bewegung, die Andeutung wallender, ineinanderfließender Schatten, die sich seinem Blick entzogen. Irgendwo inmitten dieser wallenden Schwärze blitzte es silbern auf, und einmal glaubte Raven, kurz den Umriss eines großen, hässlichen Pferdeschädels zu erkennen. Aber die Nebel flossen immer wieder auseinander, wurden zu auseinandertreibenden schwarzen Schwaden.
    Und dann verging die Erscheinung, so schnell, wie sie gekommen war. Das Pochen verschwand, die wallenden Nebel lösten sich in nichts auf, und die Einrichtung des Apartments nahm wieder ihre gewohnten Konturen und Umrisse an.
    Aber die Angst blieb.
    Inspektor Card schäumte vor Wut. Die wenigen Kollegen, die es ausgehalten hatten, länger als ein paar Jahre mit ihm zusammenzuarbeiten, kannten die Vorzeichen eines seiner berüchtigten Wutanfälle mittlerweile gut genug, um sich vorsichtshalber in Sicherheit gebracht zu haben, sodass sich Card als einzigem Opfer einem jungen Sergeant gegenübersah, der erst seit ein paar Wochen in Dienst war und den Inspektor bisher nur von seiner friedlichen Seite kennen gelernt hatte.
    »Idioten!«, brüllte Card mit hochrotem Kopf. »Komplette Volltrottel habe ich um mich!« Er sprang auf, knallte den Hefter mit den Laborergebnissen auf den Tisch und funkelte den Sergeant feindselig an. »Da arbeite ich mit einem Dutzend so genannter Wissenschaftler zusammen, und die bringen es nicht einmal fertig, eine simple Blutprobe zu analysieren.« Er schlug mit der Faust auf den Tisch. »Wissen Sie, was da drin steht, Smithers?«
    Der

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