Raven - Schattenreiter (6 Romane)
Es steht da eine Summe von ... äh ... warten Sie ...« Raven hörte das Geräusch von Papier, das eifrig durchgeblättert wurde, dann räusperte sich Hanson lautstark und griff wieder nach dem Hörer. »... 1623 Pfund Sterling offen. Ich habe gestern Nachmittag versucht, Sie zu erreichen, aber Sie haben nicht geöffnet. Obwohl Sie zu Hause waren.« Leichter Vorwurf klang in Hansons Stimme. »Mir blieb leider keine andere Wahl, als Ihren Wagen als Pfand zu nehmen. Ich hoffe, Sie nehmen mir das nicht übel.«
»Und ob ich es Ihnen übel nehme«, knurrte Raven. »Darf ich nach dem Grund Ihres Anrufs fragen?«
»Nun«, sagte Hanson nach einer kurzen Pause, »ich wollte Sie daran erinnern, dass die Hälfte Ihrer Frist bereits abgelaufen ist. Und die Sache mit dem Wagen natürlich. Von meiner Sicht aus ist nichts dagegen einzuwenden, wenn Sie ihn bis zum Versteigerungstermin noch fahren. Aber seien Sie vorsichtig. Wenn der Wagen beschädigt wird, handeln Sie sich erhebliche Schwierigkeiten ein.«
Raven seufzte. Hanson hatte eine Art, gegen die er einfach nicht ankam. »Gut, Mr. Hanson«, sagte er. »Ich werde aufpassen.«
»Das freut mich. Bis morgen Nachmittag dann.« Hanson legte auf, und Raven ging schlecht gelaunt ins Badezimmer hinüber. Er fühlte sich noch lange nicht ausgeruht und fit genug, um sich schon wieder in die Arbeit zu stürzen, aber die Zeit brannte ihm auf den Nägeln.
Er zog sich in aller Eile an, verließ die Wohnung und fuhr mit dem Lift nach unten.
Das Pech schien ihm an diesem Morgen treu zu bleiben. John, der Portier, dem er gestern mit Müh und Not entkommen war, erwartete ihn diesmal direkt vor dem Lift.
»Oh, Mr. Raven«, sagte der Alte erfreut. »Gut, dass ich Sie treffe.«
Raven schluckte trocken und bemühte sich, einen einigermaßen unbeteiligten Gesichtsausdruck zu machen. Er versuchte, an dem Portier vorbeizuhuschen, aber John vertrat ihm mit einer raschen Bewegung den Weg.
»Tut mir leid, dass ich Sie gestern Abend nicht mehr rechtzeitig erwischt habe«, sagte er.
Raven setzte einen schuldbewussten Ausdruck auf. »Ich weiß, John, Sie bekommen noch zehn Pfund von mir, aber ...«
»Oh, das eilt nicht, Mr. Raven. Ich wollte Ihnen nur sagen, wie leid es mir tut, dass ich Sie nicht mehr warnen konnte. Da war dieser Mann ...«
»Mann?«
John nickte. »Ein Mr. Hanson. Er hat ein paarmal nach Ihnen gefragt und ist dann einfach hinaufgefahren, um oben auf Sie zu warten. Ich wollte Sie ja warnen, aber Sie waren leider zu schnell ...«
»Warnen ...?«, wiederholte Raven verblüfft.
»Ein unangenehmer Mensch, dieser Hanson. Wissen Sie, Mr. Raven, ich kenne diesen Typ. Er bringt nichts als Ärger. War gestern Abend noch einmal da, aber ich konnte ihn abwimmeln.«
Raven unterdrückte den Impuls, sich selbst eine Ohrfeige zu verpassen. »Es ... äh ... ist schon gut, John«, sagte er stockend. »Ich habe mit Mr. Hanson gesprochen.« Er nickte lächelnd, ging an John vorbei und blieb dicht vor der gläsernen Doppeltür des Apartmenthauses noch einmal stehen. »Übrigens, John ...«
»Ja, Mr. Raven?«
»Sie hatten Recht. Hanson ist ein unangenehmer Mensch. Wenn er noch einmal kommt, sagen Sie ihm, ich wäre auf einer dreimonatigen Nordpolexpedition.«
Er verließ das Haus, blieb einen Moment stehen und atmete die kühle, sauerstoffreiche Morgenluft in tiefen Zügen ein. In seinem Kopf war ein dumpfer, fast schmerzhafter Druck, aber das kam nicht allein von seiner Übermüdung. Im Augenblick schien sich die ganze Welt gegen ihn verschworen zu haben. Hanson war dabei vielleicht das drängendste Problem, aber beileibe nicht das einzige.
Tatsache war, dass sich Raven über kurz oder lang nach einem Job umsehen musste. Seine Detektei war noch nie sehr gut gelaufen, aber es hatte allemal gereicht, um die Miete zu bezahlen und einen bescheidenen Lebensunterhalt zu finanzieren. Aber selbst das klappte seit ein paar Monaten nicht mehr. Nur würde es für einen Mann wie ihn nicht gerade leicht sein, einen Job zu finden, der seinen Fähigkeiten entsprach und ihn noch dazu ausfüllte.
Privatdetektiv - das war einmal sein Traum gewesen. Er hatte ihn verwirklicht, aber allmählich begann ein Albtraum daraus zu werden.
Er ging über die Straße, kaufte sich die Morgenzeitung und schlenderte zu dem Café hinüber, in dem er jeden Morgen zu frühstücken pflegte.
Er suchte sich einen Fensterplatz, bestellte einen Kaffee und faltete die Zeitung auseinander.
Die Schlagzeile traf ihn wie ein
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