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Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Titel: Raven - Schattenreiter (6 Romane) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Raum. Holzsplitter fetzten aus dem Türblatt, und in der tapezierten Fläche entstand ein beinahe gleichschenkliges Dreieck aus drei dunklen, schwarz umrandeten Löchern.
    »So«, murmelte Cowley, »das war's wohl, Freundchen.«
    Er ging mit raschen Schritten zur Tür hinüber und feuerte noch einen Schuss hindurch, diesmal knapp über dem Boden. Dann ließ er den Revolver sinken und riss die Tür mit der Linken auf.
    Irgendetwas Helles, Silbernes schien ihn anzuspringen, kratzte über seine Brust und hinterließ eine Spur feurigen Schmerzes. Er schrie auf, taumelte zurück und warf sich mit einer instinktiven Bewegung zur Seite, als die Klinge ein zweites Mal heruntersauste. Der Stahl verfehlte ihn nur um Millimeter.
    Cowley wankte zurück. Blut lief über seine Brust, aber er spürte das heiße Brennen der Schnittwunde kaum. Alles, was er tun konnte, war aus hervorquellenden Augen auf die Gestalt zu starren, die mit hoch erhobenem Schwert auf ihn eindrang.
    »Lance ...«, stöhnte er.
    Der Playboy hatte sich auf erschreckende Weise verändert. Er trug ein bodenlanges weißes Nachthemd, auf dem Blut und Flecken einer hellen, schleimigen Flüssigkeit ein surrealistisches Muster bildeten. Von seinen Armen baumelten zerrissene Schläuche und Kabel, und quer über seine Stirn zog sich eine blutige Narbe.
    Cowley riss in einer instinktiven Bewegung die Waffe hoch und drückte ab.
    Excalibur schien sich in einen flirrenden Blitz zu verwandeln. Die Waffe beschrieb einen Viertelkreis, kreuzte die Bahn der Kugel und ließ sie als sirrenden Querschläger davonjaulen.
    Als Cowley ein zweites Mal abdrücken wollte, zuckte die Klinge mit einer schlangengleichen Bewegung vor, trennte seine Hand dicht hinter dem Gelenk ab.
    Seltsamerweise spürte er keinen Schmerz.
    Er starrte aus schreckgeweiteten Augen auf die Wunde, aus der nur wenig Blut tropfte.
    Langsam, Schritt für Schritt, wich Cowley zur Treppe zurück. Lance folgte ihm dichtauf, die Klinge zum letzten Schlag erhoben. Excalibur erfüllte den Raum mit seinem hohen Singen, ein Geräusch, das auf seine Art grauenhafter war als die schreckliche Erscheinung und die Klinge in ihren Händen.
    Cowley stolperte rückwärts die Treppe hinauf. Er strauchelte, fiel hintenüber auf die harten Marmorstufen und rappelte sich wimmernd wieder hoch.
    »Lance ...«, stöhnte er. »Lance, bitte nicht ... bitte ...«
    Aber der Mann, der einmal Lance gewesen war, hörte nicht auf seine Worte.
    Er kam näher.
    Unaufhaltsam.
    Raven erwachte von einem schrillenden, unangenehmen Geräusch, das sich in seinen Traum drängte und ihn auf penetrante Art daran erinnerte, dass es Zeit war, aufzustehen und seine Arbeit zu tun.
    Er blinzelte, öffnete die Augen und starrte die offen stehende Verbindungstür wütend an. In letzter Zeit schien sich der Apparat darauf spezialisiert zu haben, ihn zu den unmöglichsten Zeiten zu wecken. Er drehte sich auf die andere Seite, zog die Bettdecke über den Kopf und versuchte, das Geräusch zu ignorieren.
    Aber das Telefon schrillte weiter; fünfmal, zehnmal, fünfzehnmal. Wer immer am anderen Ende der Verbindung war, schien eine Engelsgeduld zu haben. Schließlich resignierte Raven und stand auf. Er ging in seinen kombinierten Wohn- und Arbeitsraum hinüber und riss den Hörer ans Ohr.
    »Ja?«
    »Mr. Raven? Hier spricht Hanson! Sie erinnern sich ...!«
    »Natürlich«, knurrte Raven. Seine Laune sank um einige weitere Grade. »Gut, dass Sie von selbst anrufen«, sagte er wütend. »Ich hätte mich sowieso heute Morgen bei Ihnen gemeldet.«
    »Fein«, meinte Hanson. »Ich bin heute Morgen auf dem Weg zum Büro zufällig an Ihrem Haus vorbeigekommen.«
    »Na und? Fahren Sie über eine andere Straße, wenn Ihnen das Gebäude nicht gefällt.«
    »Darum geht es nicht, Mr. Raven«, gab Hanson ruhig zurück. »Ihr Wagen stand nicht mehr da, wo ich ihn gestern gesehen habe.«
    »Ich bin damit gefahren. Irgendwie muss ich ja mein Geld verdienen. Außerdem ...«
    »Siegelbruch ist ein strafbarer Akt, Mr. Raven«, sagte Hanson süffisant. Raven konnte sich direkt vorstellen, wie der Gerichtsvollzieher hinter seinem Tisch hockte und das Telefon angrinste.
    »Wir hatten eine Abmachung, Mr. Hanson«, sagte Raven betont langsam. »Sie haben mir versprochen, mir achtundvierzig Stunden Zeit zu geben.«
    »Das Versprechen gilt nach wie vor«, sagte Hanson beleidigt. »Anscheinend liegt hier ein Missverständnis vor. Sehen Sie, den Wagen habe ich im Auftrag der Bank beschlagnahmt.

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