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Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Titel: Raven - Schattenreiter (6 Romane) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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versuchte, ihn vom Regal wegzureißen.
    Der Unheimliche taumelte einen halben Schritt zurück, prallte gegen die Wand und richtete sich mit einem drohenden Knurren wieder auf. Seine Augen flammten.
    Craddock ergriff seine Chance. Er wischte zur Seite weg, als die verkrampften Hände des Ungeheuers ihn packen wollten, humpelte ungeschickt auf die Tür zu und drehte den Schlüssel herum. Als er die Klinke herunterdrückte, hörte er hinter sich ein Geräusch.
    Excalibur gab ein kurzes, klagendes Singen von sich, als Lance zuschlug. Die Klinge schien den kleinwüchsigen Polizeibeamten kaum zu berühren, aber in seiner Jacke klaffte plötzlich ein dünner, wie mit dem Lineal gezogener Riss, der vom Kragen bis zu den Rockschößen reichte.
    Aber das merkte Craddock schon nicht mehr.
    »Es ist mir vollkommen egal, ob Sie einen Haftbefehl für Mr. Thompson haben oder nicht«, zischte Cowley aufgebracht. »Ich weiß nicht, wo er ist.«
    »Und wenn du's wüsstest, würdest du's uns bestimmt nicht sagen«, knurrte Card. »Oder?«
    Der Gangster zuckte mit den Schultern und sah Card hochmütig an. Auf seinem Gesicht erschien ein gehässiges Grinsen. »Ich brauche ja wohl nicht Ihre Arbeit zu tun, oder?«, sagte er. Er stand auf, ging mit provozierend langsamen Bewegungen hinter die Bar und schenkte sich einen fünfstöckigen Whisky ein. Der Schankraum des »Four Roses« war leer bis auf ihn, Card und zwei uniformierte Polizisten, die beiderseits des Ausganges standen und darauf achteten, dass der Gangster nicht mit einem überraschenden Satz entkam.
    Aber Cowley schien nichts in dieser Art vorzuhaben. Er stützte sich mit den Armen auf die Theke, nippte an seinem Glas und starrte Card provozierend an. »Ich habe Mr. Thompson gestern Abend zum letzten Mal gesehen. Er ist weggegangen, ohne mir zu sagen, wohin. Er ist nämlich mein Arbeitgeber, wissen Sie? Er braucht sich nicht bei mir abzumelden.«
    Card kochte vor Wut. Am liebsten hätte er sich diesen Kerl geschnappt und ihn erst einmal für ein paar Tage eingebuchtet. Aber er wusste, dass er sich damit nur Schwierigkeiten einhandeln würde. Solange er Thompson nicht selber hatte, war er machtlos. Und der Gangsterboss hatte blitzschnell reagiert und war untergetaucht.
    »Sie haben das Haus doch durchsucht, oder?«, fragte Cowley. »Er ist nicht da. Ich kann ihm ja ausrichten, dass Sie ihn zu sprechen wünschen, wenn er wiederkommt. Er setzt sich dann bestimmt mit Ihnen in Verbindung.«
    Card musterte ihn finster.
    »Gut«, sagte er nach einer Weile. »Ich gehe. Aber ich komme wieder, Cowley.«
    »Mister Cowley«, sagte Cowley kalt.
    Cards Gesichtsausdruck verdüsterte sich noch mehr. »Bitte, Mister Cowley«, sagte er gepresst. »Aber dich kriegen wir auch noch, verlass dich drauf!« Er drehte sich auf dem Absatz herum, winkte seinen beiden Begleitern und ging wütend aus dem Raum.
    Cowley wartete, bis er von draußen das Geräusch der abfahrenden Wagen hörte. Dann richtete er sich auf, kam hinter der Bar hervor und lief, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe zu Thompsons Arbeitszimmer hinauf. Der spöttische Ausdruck war von seinem Gesicht verschwunden und hatte einer besorgten, fast ängstlichen Miene Platz gemacht.
    Er betrat das Büro, ging um den Schreibtisch herum und wählte mit zitternden Fingern eine Nummer auf dem Telefon.
    Eine helle Frauenstimme meldete sich. »Ja?«
    »Gib mir Thompson!«, schnauzte Cowley.
    »Wen? Ich kenne keinen Thompson.«
    Cowleys Gesicht verdüsterte sich. »Red keinen Senf, Sue! Hier ist Cowley. Und ich muss den Boss sprechen - sofort.«
    Es dauerte einen Moment, ehe Thompson selbst an den Apparat kam. »Cowley. Was gibt es? Ich habe dir doch gesagt, dass du nicht hier anrufen sollst.«
    »Card war hier«, berichtete Cowley ohne Einleitung. »Mit einem Haftbefehl. Es sieht so aus, als wäre der Alte am Leben. Und er scheint noch gesund genug zu sein, um wie ein Vögelchen bei Sonnenaufgang zu singen.«
    »Mist!«, sagte Thompson. »Was hast du dem Bullen gesagt?«
    »Dass Sie gestern Abend weggefahren sind, ohne mir zu sagen, wohin.«
    »Gut gemacht.«
    »Card wird die halbe Stadt umgraben, um Sie zu kriegen«, sagte Cowley vorsichtig.
    »Ich weiß. Und der Mistkerl ist gerissen. Was ist mit dem Jungen?«
    »Lance? Ich glaube, er liegt im Krankenhaus. Ich konnte nicht viel erfahren, aber ich denke nicht, dass er eine Gefahr für uns darstellt.«
    Unten im Schankraum ertönte ein dumpfes Poltern, gefolgt vom Klirren von Glas.

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