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Ravinia

Titel: Ravinia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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Blut fließen!«
    Â»Sie haben doch nicht mal ein Messer, Ma’Haraz«, erwiderte Lord Hester darauf nur.
    Da richteten der Seemann und das Mondgesicht ihre Armbrüste auf den alten Lord und drückten ab.
    Es bedurfte einer Handbewegung des Lords, und ein Schwall Rabenfedern wickelte sich im Flug um die Bolzen und lenkte sie von ihm weg. Gleichzeitig schossen mehrere Federn mit spitzen Kielen voran auf die Schützen zu und bohrten sich in Schultern und Schenkel, sodass diese erschrocken aufschrien und die Armbrüste fallen ließen. Sie fassten sich fluchend an die verletzten Gliedmaßen. Es schien nichts Lebensgefährliches zu sein, aber die mit Rabenfedern gespickten Körperstellen mussten stark schmerzen.
    Lord Hester hatte seinen Standort nicht verändert, wartete auf eine weitere Reaktion. Doch diese blieb aus. Es fühlte sich ein wenig an wie ein Patt, aber Lara ahnte, dass Lord Hester in Wirklichkeit noch zu ganz anderen Dingen in der Lage war. Es hatte den Anschein, als wollte Lord Hester jegliches Blutvergießen vermeiden, er war kein grausamer Mann. Ma’Haraz dahingegen suchte fieberhaft nach einem Ausweg.
    Grob stieß er Lara von sich fort, denn plötzlich hielt er etwas in der Hand – Lara konnte sich denken, was es war, aber sie konnte nicht reagieren, denn sie fiel durch Ma’Haraz’ Stoß auf den Kies im Hof – und warf es Lord Hester vor die Füße. Es klirrte, und eine große Lichtwolke entfaltete sich vor dem Lord mit dem blauen Mantel, der in einer Schutzreaktion die Hände hob. Rabenfedern erhoben sich vom Boden, schienen aus Lord Hesters Ärmeln und Taschen zu strömen und begannen, den gewaltigen Lichtgeist zu umhüllen, ihn mit Schatten zu belegen.
    Um sie herum schlug der Sturm los. Die Raben erhoben sich in Scharen und strömten in den Hof hinab in Richtung der Düsterlinge.
    Ma’Haraz verlor keine Zeit. Er riss seine beiden verletzten Komplizen mit sich und schrie Valerius ein verzweifeltes »Zur Tür!« zu. Sie rannten los, verfolgt von einem Meer krächzender Raben. Ihre Geiseln ließen sie einfach zurück.
    Als Ma’Haraz die Tür erreichte, steckte er in aller Eile irgendeinen Schlüssel hinein und riss sie auf. Da erreichte eine erste Gruppe Raben den Mann mit der Wüstensandstimme, und sie rissen ihn im Vorbeifliegen von den Füßen.
    Valerius hielt die beiden Leichtverletzten an und drückte ihnen den schwachen Roland Winter in die Arme, während er selbst mit einer unglaublich geschmeidigen Bewegung zwei unterarmlange schwarze Messer aus seinen Stiefeln zog und mit einer zweiten Wolke Raben zusammenprallte.
    Der Seemann und das Mondgesicht hingegen zogen Roland Winter weiter in Richtung Tür. Ma’Haraz entfesselte einen weiteren Lichtgeist, der zwar nicht so prachtvoll und mächtig schien wie sein Verwandter zuvor, ihm aber immerhin ein paar weitere wertvolle Sekunden verschaffte.
    Valerius sprang vor ihn und schirmte mit unfassbar eleganten und tödlichen Bewegungen die Flucht Roland Winters vor den Raben ab. Blutige Kratzer liefen über sein Gesicht, und seine dunklen Kleider hingen in Fetzen von seinem athletischen Körper herab, aber er legte eine verzweifelte Entschlossenheit an den Tag, die ihresgleichen suchte.
    Eine Handvoll Sekunden später schlug die Tür zu, und eine weitere Wolke Raben prasselte dagegen, so die großen schwarzen Vögel nicht mehr rechtzeitig ausweichen konnten.
    Dann senkte sich allmählich Ruhe über das Schlachtfeld.
    Die Raben zerstreuten sich, flogen auf die Dächer der Umgebung oder begannen, weite Kreise über dem Hof zu ziehen. Hier und da war ein einzelnes Krächzen zu vernehmen.
    Manche Raben steuerten auch jene Artgenossen an, die zu einem guten Dutzend verletzt oder vielleicht auch tot auf dem Hof lagen.
    Lord Hester selbst ging von Rabe zu Rabe, um einige Zeit vor jedem zu knien. Häufig – zu häufig – nahm er seinen Zylinder ab und senkte den Kopf. Das Gekrächze um sie herum erstarb völlig, und nur noch die Stille der düstergoldenen Nacht war zu hören.
    Â»Sie haben die Raben von Ravinia getötet«, stellte der betroffene Francesco mit trauriger Stimme fest. »Sie haben sie einfach getötet.«
    Ja, da war ein gutes Dutzend Raben, die für Lara und Henry McLane, für Lee Crooks und den blassen Francesco ihr Leben gegeben hatten. Tiefe Trauer machte sich

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