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Ravinia

Titel: Ravinia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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Begabung , von Laras Seite her eher Kleine Angeberin!
    Als der Efeu keine weiteren Anstalten machte, den Vorhang erneut zu lüften, griff Tom einfach hinein und schob einen Armvoll zur Seite, sodass erst Lara hindurchschlüpfen konnte und schließlich er selbst.
    Liza erwartete sie bereits mit verschränkten Armen und einem ungeduldig vor sich hin wippenden Fuß, während die Efeuranken von ihrer Seite gewichen waren und sich offenbar wieder ihren angestammten Plätzen an der Felswand zugewandt hatten.
    Â»Ihr seid wirklich etwas schwer von Begriff, oder?«, feixte sie, während Tom und Lara die Efeuwand hinter sich ließen und sich staunend am Ausgang eines offensichtlich weitverzweigten Labyrinths wiederfanden, das tief in den Felsen hineinreichen und auf dem hoch über ihnen die Oberstadt mit ihren noblen Villen thronen musste.
    Â»Es wäre mir ein Vergnügen, dich einmal in den Uhrenturm einzuladen«, murmelte Tom halblaut. »Es wäre interessant zu sehen, wie schnell sich dort deine Überheblichkeit in Luft auflösen würde.«
    Â»Das habe ich gehört«, meinte Liza mit einem überlegenen Grinsen.
    Â»Und? Wann gedenkst du der Einladung nachzukommen?«
    Â»Mal sehen«, zwitscherte sie. »Zu Meisterin Ito geht es hier entlang.«
    Und schon war sie wieder vorausgeeilt.
    Â»Irgendwie hatte ich mir das Efeumädchen netter vorgestellt«, stöhnte Tom und begann ihr zu folgen. »Oder zumindest weniger eingebildet. Das steht den Lehrlingen von Ravinia nämlich nicht.«
    Sie folgten Liza in eine eigenartige Struktur von Gängen hinein, die kein wirkliches Labyrinth darstellte, sondern eher eine Ansammlung von Räumen, Kammern und Sälen innerhalb des großen Felsmassivs war. Glühwürmchen waren allgegenwärtig und versorgten auch diejenigen Winkel mit ihrem schummrigen Licht, die vom Schein der großen feuerlosen Fackeln, in denen seltsame glimmende Steine erstrahlten, nicht erreicht wurden.
    Der Boden war fein säuberlich gekachelt, während die Wände eher roh belassen waren. Statt der – für Stollen üblichen – Stützbalken gab es baumdicke, fahle, vom Sonnenlicht niemals berührte Reben- und Rankengewächse, welche die steinernen Wände um sie herum abstützten. Kleine Rinnsale von Wasser liefen an ihnen entlang und versorgten sie mit Lebenskraft aus den felsigen Mineralien. Pilze aller Größenordnungen schmiegten sich behutsam an, einige von ihnen glommen ebenfalls und gaben weiteres Licht ab in die diffuse Beleuchtung eines himmellosen Tages.
    Ab und an kamen sie an größeren Höhlen vorbei, die Laboratorien, Vorratsräume für Mineralien oder getrocknete Pflanzen, Hörsäle, riesige Kamine oder ähnliche Dinge beheimateten. In einen dieser Räume bog Liza letztlich ab. Es war eine kleine Höhle, in der es zwar taghell war, aber in die sich dennoch kein Funken Tageslicht verirrte. Ohne Regale waren dort stapelweise uralte Bücher an die Wände gelehnt, wobei Lara vermutete, dass die eigenartigen klimatischen Bedingungen hier zum Aussehen der Folianten beitrugen. Ein uralter, ausladender Schreibtisch mit einer undurchsichtigen Versuchsanordnung aus gläsernen Kolben mit unscheinbaren Flüssigkeiten, Röhrchen und Brennern stand in der Mitte des Raumes, während dahinter die Hand einer alten Frau eifrig chemische Formeln in kunstvoller Lehrerschrift an eine riesige Schiefertafel schrieb.
    Â»Meisterin Ito?«, fragte Tom und räusperte sich.
    Ohne die geringste Reaktion zu zeigen, schrieb die Frau weiter und setzte erst ab, als die Zeile aus unverständlich aneinandergereihten und übereinandergetürmten Buchstaben und Zahlen zu ihrer Zufriedenheit vollendet an der Tafel prangte.
    Als sie sich umdrehte, wurde Lara ihrer unverkennbar asiatischen Züge gewahr. Sie war uralt. Es war nun einmal die Stadt der alten Meister. Falten zogen sich über ein Gesicht, das aus zerknülltem Papier hätte bestehen können, nur in der Farbe des gelblich braunen Teints der fernöstlichen Länder. Ihr schlohweißes Haar war mit allerlei Stäbchen zu einem Dutt aufgesteckt, während sie am Körper eine Art dicken Kimono in Gelbtönen trug.
    Â»Tom Truska«, sagte sie erfreut mit einer Stimme, die dem äußerlichen Alter der Frau nur bedingt Rechnung tragen wollte.
    Tom deutete eine Verbeugung an, während die Asiatin mit angehobenem

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