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Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Titel: Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Twin
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packen, alle
ungeraden kommen mit mir.« Sie hebt den Arm. »Äpfel pflücken!«
    Erneutes Verteilen, diesmal in zwei Reihen. Alice
und ich sind dem Erntetrupp zugeteilt. Im letzten Moment tritt Kiki aus ihrer
Reihe und schiebt Alice an den freigewordenen Platz. Sie grinst. »Kisten packen
ischt echt doof. Isch brauche einen Adrenalinkick, damit isch im Training
bleibe.«
    Im Flur begegnet mir die Abteilungsleiterin und
Aufseherin Luise Reisle. Sie packt mich am Oberarm und zieht mich aus der marschierenden
Reihe. »Sie wollen doch wohl nicht gleich am ersten Tag die Schule schwänzen?«
    »Nein.«
    »Dann kommen Sie mit mir!«
    Kiki flüstert mir zu. »Du hascht esch gut, du darfscht
zur Schule gehen.«
    Bevor ich mit der Aufseherin um die Ecke biege,
sehe ich noch, wie die Uniformierte Becky an der Schulter festhält. »Untauglich.
Du gehst Kisten packen!«
    Verwundert sehe ich Reisle an. »Warum darf sie
keine Äpfel pflücken?«
    »Becky ist zu dick und läuft nicht schnell genug.
Damit ist sie ein unnötiges Risiko für die Gruppe.«
    »Dann kommt sie nie raus?«
    »Oh doch.« Die Aufseherin grinst. »Mittags, wenn
es zu heiß für die Falkgreifer ist. Dann darf sie Kisten abladen.«
    Die Schule befindet sich auf Station eins in einem
separaten Schultrakt abseits der Premium-Schlafräume.
    Gebannt starre ich auf die mit gelber Farbe bestrichenen
Wände. »Wow!« So etwas habe ich noch nie gesehen. Als würde die Sonne scheinen.
Unter meinen Füßen liegen gewachste Holzbohlen. Sie riechen angenehm nach Honig
und Mandelöl. Für einen Moment überlege ich, ob es ein Fehler war, dass ich
nicht auf den mir zustehenden besseren Platz bestanden habe. Wenn es hier schon so aussieht, dann sind die
Schlafräume für die bevorzugten Zöglinge sicherlich wunderschön.
    Reisle bleibt vor einer breiten Flügeltür aus Holz
stehen und klopft. Ich trete ein und bin verblüfft, denn die Klasse unterschiedet
sich auf den ersten Blick nicht von einer normalen Abschlussklasse. Die meisten Schüler gucken etwas gelangweilt; Mädchen gibt
es auch …
    »Wie alt?«, fragt die Lehrerin.
    »Siebzehn.«
    »Wurde für Sie die Premium-Unterbringung bezahlt?«
    »Ja.«
    Auch Reisle nickt bestätigend. Die Lehrerin
mustert mich knapp und schiebt das Kinn vor. »Dann gehören Sie in diese Klasse.
Da ist noch ein Platz frei.«
    Ich setze mich auf den mir zugewiesenen Stuhl in
der ersten Reihe. Neben mir lümmelt ein kräftiger Junge mit zimtfarbenen
Sommersprossen und rostfarbenen Haaren. Er sitzt auf der Stuhlkante und liegt
mit dem Oberkörper und breit ausgestreckten Armen auf dem Tisch. Der Junge sieht
aus wie fünfzehn. Warum geht er nicht auf eine normale Schule? Er hebt den
Kopf, stützt ihn mit der Hand und grinst mich an.
    »Würden Sie sich bitte vorstellen, bevor Sie sich
setzen!«, fordert mich die Lehrerin auf.
    Erschrocken erhebe ich mich.
    »Mein Name ist Soraya Mistral.«
    »Ist das alles?«
    »Ähm«, stottere ich, denn ich weiß nicht, was ich
sagen soll. Und über meine Strafe möchte ich auf gar keinen Fall reden.
    »Hat es Sie die Sprache verschlagen?«
    »Nein. Ich weiß nur nicht, was…«
    »Wir können hier nicht ewig rumtrödeln. Aus
welchem Bezirk sind Sie, welche Schule, welcher Abschluss?«
    Hinter mir höre ich ein paar alberne Gänse
kichern. Auf unangenehme Weise fühle ich mich an die eingebildeten Zicken aus
meiner Schule erinnert.
    »Ich stamme aus Bezirk drei.«
    Jemand lacht. Dieser hochnäsige Klang ist mir nur
zu gut vertraut. Überheblichkeit gepaart mit Dummheit klingt überall gleich. Erschrocken
blicke ich mich um. Eine Blondine mit rotem Lippenstift und Perlen-Ohrringen
gähnt mich unverhohlen an. Der Typ neben ihr grinst spöttisch.
    In mir perlt das Blut. Warum starren mich alle an?
In meiner alten Schule hatte ich mich daran gewöhnt, nicht dazu zu gehören. Die
Mädchen interessierten sich für schicke Kleider und trendige Haarfrisuren. Ich
nicht. Sie stritten darüber, wer die schönste Puppe besaß, und später zankten
sie sich wegen der Jungs. Ich besaß kein Spielzeug und gehörte auch sonst nie
dazu, denn ich war nur anwesend, weil Cesare als mein Sponsor das Schulgeld für
mich bezahlte. Meine Kleider waren abgetragen und geflickt. Oft trug ich alte Hemden
und Hosen von Pa:ris. Darin fühlte ich mich sogar am wohlsten, weshalb wohl
auch der Wunsch in mir wuchs, eine Gill zu werden. Wenn ich an die Zeit
zurückdenke, dann gibt es nur zwei Personen, die mir wirklich wichtig waren

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