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Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Titel: Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Twin
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Lederhandschuhe
überstreift und dann die Hände an die Greifreifen legt. Langsam schiebt er den
Rollstuhl vorwärts.
    Ich runzele die Stirn. Wir? Wohl kaum möglich. Irgendetwas muss ich falsch verstanden
haben.
    Doch in der Tat finden wir uns kurz darauf in einer geräumigen, nach Bohnerwachs
riechenden Halle im Erdgeschoss des Gebäudes wieder und ich habe meine erste
Stunde in einer richtigen Kampftrainingshalle. Kein Schulsport! Respektvoll
blicke ich mich um. Offenbar lernen wir hier Schießen, Boxen, Klettern …
    Da Reisle mir keine Sportkleidung mitgegeben hat, trete
ich im Streetlook an. Im schwarzen Unterhemd, mit hochgekrempelter Khakihose
und barfuß.
    An der gegenüberliegenden Hallenseite wartet ein
Mann mit breiten Schultern und kurzen, blonden Haaren. Er ist mindestens
zwanzig Jahre älter als ich. Das erkenne ich trotz seines durchtrainierten
Körpers. Sein Knochenbau ist kräftiger als bei einem Jugendlichen. Auch seine
Gesichtszüge, sein Kinn und seine Nase, sind ausgeprägter. Der Mann späht mit
zusammengeschobenen Augenbrauen über die Schüler hinweg, die lachend zu den
Trainingsgeräten strömen. Deutlich spüre ich, wie sein Blick einen kurzen
Moment auf mir haften bleibt. Kein Zweifel, er ist der Sportlehrer.
    »Schick«, kommentiert Connor und reißt mich aus
den Gedanken. Er kommt auf mich zugerollt.
    »Was meinst du?«
    »Deine Sportkleidung.« Er lächelt und zeigt
unauffällig zu unserem Sportlehrer. »Gut improvisiert. Aber lass dir was geben,
sonst denkt Erikson, du hättest deine Sachen mit Absicht vergessen, damit du
nicht mitmachen musst.«
    »Danke für den Tipp.«
    »Gern. Die erste viertel Stunde dürfen wir die
Geräte frei auswählen und nach Belieben üben. Kennst du dich mit Pfeil und
Bogen aus?«, fragt Connor.
    Ich nicke und grinse bei dem Gedanken an den Falkgreifer,
den ich am Hals erwischt habe.
    Als könne Connor Gedanken lesen, erwidert er: »Mir
scheint, du schießt nicht nur auf Tauben?«
    Wieder nicke ich.
    »Ah, du willst zu den Gills?«
    »Steht das auf meiner Stirn geschrieben?«
    Connor wiegt den Kopf. »Irgendwie strahlst du das
mit deiner Haltung aus – und wie du dich gibst.« Er rollt zu den Schießständen,
einer abgetrennten Bahn an der Längsseite der Halle, an deren Ende
Schießscheiben aufgestellt sind. Ich folge ihm. Was genau meint er? Meine
praktische Zopffrisur? Natürlich habe ich kein Geld für Lippenstift und
Wimperntusche.
    Er mustert mich, überlegt, sieht mich noch einmal
an. Dann greift er nach einem der Holzbögen, die an der Wand befestigt sind und
hält ihn mir hin. »Hier! Der ist für Mädchen. Mit weniger Zugkraft.«
    Ein richtiger
Bogen! So ein Teil hätte ich am Wasserfall gut gebrauchen können. Ich lege
den Pfeil an die Sehne und ziehe daran. Der Pfeil gleitet über den Handrücken
meiner Bogenhand.
    »Ellbogen höher!«
    »Mach ich.« Mir wird etwas mulmig. Im Bogen und
auf der Sehne liegt eine Kraft, die ich nicht vermutet hätte. Meine gebastelten
Pfeile zur Taubenjagd sind dagegen Kinderspielzeug. Eine falsche Bewegung und
der Pfeil verbrennt mir die Finger oder schlitzt mir den Puls auf. Und wenn die
Sehne zurückfedert? Erschrocken begreife ich, warum die Amazonenkriegerinnen wohl
auf ihre Brust verzichtet haben. Ich hege keinen Zweifel daran, dass die
Legende von den a-mazos , den
Brustlosen, wahr ist.
    »Konzentrier dich!«, zischt Connor.
    Ich strecke Zeige- und Mittelfinger und der Pfeil
zischt los. Ich bin so erleichtert, dass ich überhaupt nicht registriere, wo
genau ich getroffen habe.
    »Bravo.« Connor klatscht in die Hände. »Profi oder
Anfängerglück?«
    »Hunger!«, antworte ich. »Ich hatte einen Sponsor
für die Privatschule, aber nicht fürs Essen.«
    Er macht ein ernstes Gesicht. »Hat dich das wütend
gemacht?«
    »Worauf willst du hinaus?«
    »Ach, vergiss es. Nur so ein Gedanke.«
    Er zeigt zu einem Hindernisparcours. Am Start
steht Barbie , die Legasthenikerin. Sie
trägt kurze, weiße Shorts und ein schwarzes Shirt. Mir fallen ihre perfekten Beine
auf – lang wie bei einer Gazelle. Mit einer eleganten Bewegung wirft sie ihre
seidigen, blonden Haare über die Schultern zurück.
    »Babette ist richtig schnell. Na ja, bei den
langen Beinen. Nur im Denken erfüllt sie die Klischeevorgaben.« Sein
Gesichtsausdruck wird wieder ernst. »Wenn du hier überleben willst, dann sorgst
du dafür, dass du ebenso schnell bist wie sie.«
    Das wäre doch gelacht, denke ich und gehe kurz
darauf an den letzten freien

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