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Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Titel: Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Twin
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dass mir das
Eingesperrtsein aufs Gemüt schlage. Auch am Morgen des dritten Tages sitze ich blass
und wortkarg im Unterricht. Nach Schulschluss muss ich in die Nähstube gehen.
Reisle hat das arrangiert. Ich solle etwas Sinnvolles machen, anstatt im
Sportunterricht tatenlos auf der Bank zu sitzen.
    Nach der Mittagspause müssen die Zöglinge Kartoffeln
und Möhren ausgraben. Ich darf nicht mit. Die Stationsärztin sagt, mit meiner
Kratzwunde sei solche Arbeit zu gefährlich. Dreck aus dem Boden könne mich sehr
krank machen. Ob ich noch nie etwas von Tetanus gehört habe? Ich lasse meinen
Arm frisch verbinden. Den Rest des Tages muss ich in der Nähstunde die zerrissenen
Hemden der Gills flicken.
    Nachdenklich streiche ich über ein ausgefranstes Loch,
an dem Reste von getrocknetem braunem Blut haften. Den Gedanken daran, wessen
Blut es sein könnte, verdränge ich. Jede Erntesaison fordert ihren Tribut. Sieben
Gills und dreizehn Erntearbeiter starben bereits in diesem Jahr. Hauptsächlich durch
die Angriffe der Falkgreifer. Einer starb durch einen Tigare und ein weiterer
vermutlich durch einen Wolfer. Ein junges Mädchen wird vermisst . Die Leiche wurde bisher nicht gefunden, aber Hoffnung
gibt es keine.
    Für mich waren die Toten bisher nicht mehr als ein
abstrakter Faktor, doch hier an diesem abgelegenen, monströsen Ort kriechen die
Zahlen der Opfer wie lebende Schlangen auf mich zu und würgen mich, bis mir der
Atem wegbleibt.
    Zum ersten Mal wird mir bewusst, dass jede Seite Verluste
hat. Tote, Verletzte – Gefangene.
    Ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht, was wir
mit den Gefangenen machen.
    Wissen die Falkgreifer, was wir mit ihnen machen?
    Seit ich die
Misshandelten gesehen habe, bekomme ich Angst vor ihrer Rache. Ich schwöre mir, dass ich mich niemals lebend gefangen
nehmen lasse.
    Niemals!
    Nach allem, was ich nun weiß, hege ich keinen
Zweifel daran, dass die Greifer uns bei lebendigem Leib in Stücke reißen, wenn
sie die Gelegenheit dazu bekommen.
    Meine Fingerspitzen zittern. Es gelingt mir nicht,
den Faden einzufädeln. Ich lege die Nadel beiseite und seufze.
    Morgen bin ich wieder dabei.
    Draußen!
    Ernten.
    Ich lege das geflickte Hemd zusammen und greife
mir ein weiteres aus der Kiste mit den zerrissenen Kleidungsstücken. Das Hemd
ist hellgrün, Größe XXL. Ein kräftiger Mann muss es getragen haben. An der
Brusttasche und an den Ärmeln sind die Embleme entfernt worden. Noch immer
zeichnen sich die abgetrennten Wappen auf dem Leinenstoff als dunkler Farbfleck
ab. Die Schildform verrät, dass das Hemd einem Gill gehört hat. Es ist ausrangiert
und geht nicht an die Truppe zurück.
    »Geflicktes ist nicht mehr gut genug für unsere
Kämpfer«, hat mir die Nähstubenleiterin erklärt.
    Auf die ausgebesserte Kleidung nähen wir die
rechteckigen Schilder mit dem leuchtend gelben Emblem »Gute Ernte.« Die Sachen
gehen an die Vorarbeiter, die Erziehungs-Zöglinge und die Zwangsarbeiter. Letztere
sind überwiegend Männer und Frauen, die ihre Schulden nicht zurückzahlen
konnten oder bei Mundraub erwischt wurden. Manchmal werden auch geflickte Hemden
und Hosen an die freien Arbeiter
verkauft.
    Ausrangierte, mehrfach ausgebesserte Kleidung, die
niemand mehr haben will, geht an die Sträflinge. Deshalb werden die
Strafgefangenen bei uns auch Lumpenpack genannt. Ich habe noch keine gesehen.
Bisher waren sie anderen Arbeitstruppen zugeteilt. Aber es gibt sie.
    Die Tür geht auf und Connor rollt in die Nähstube.
    »Hier steckst du«, ruft er mir zu und kommt näher.
Die Abteilungsleiterin winkt ihn zu sich. Mit einem unwilligen Gesichtsausdruck
folgt er ihr. Die beiden drücken sich in eine Ecke und tuscheln so leise, dass
ich nichts verstehen kann.
    Ich tue so, als sei ich zu beschäftigt, um ihn zu
beachten. Geschäftig wende ich das Hemd und betrachte die Schäden. Der Stoff
ist am Oberarm und am Rücken in Streifen gerissen. Um das zu flicken, benötige
ich Ersatzstoff. Ich gehe einmal quer durch die Halle zu den Stoffballen und
halte das Hemd an. Schließlich finde ich etwas Passendes und schneide mir ein
Stück ab. Mit dem Hemd und dem Stoff begebe ich mich zurück an meinen Platz.
    Connor kommt zu mir rüber gerollt. »Hi, wie geht
es dir?« Er zieht seine Handschuhe aus und legt sie auf die Knie.
    »Ganz gut«, weiche ich aus und halte den
Stofffetzen über ein Loch, um die Größe anzupassen. Ich spüre Connors brennenden
Blick und ignoriere ihn.
    Niemand darf wissen, was ich denke. Es

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