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Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Titel: Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Twin
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genügt,
dass ich mein rebellisches Blut kaum im Griff habe. Ich will um keinen Preis der
Welt dorthin, wo meine leibliche Mutter herkommt. Denn dann bin ich eine
Gejagte. Eine Verfolgte. Eine ohne Heimat. Eine, die sich verstecken muss, weil
jeder auf dieser Welt sie hasst. Die Stadtregierung und die Bevölkerung. Selbst
die Mutare hassen die Demoganier, denn sie machen ihnen den Platz in den erbärmlichen
Löchern streitig.
    Wenn die Rebellen, diese bösartigen Nattern, aus
ihren Verstecken kriechen und die Stadt verlassen, dann jagen die Falkgreifer
und die Wolfer sie. Außerhalb der Stadtmauern ist kein Überleben möglich und
innerhalb der Stadtmauern ist es kein Leben mehr. Nein, so will ich nicht
enden. Deshalb schweige ich.
    In einem halben Jahr kehre ich zurück und werde
Pa:ris’ Frau.
    Plötzlich spüre ich Connors warme Hand auf meinem
Handgelenk. »Soraya, es ist nicht zu übersehen, dass dir die Attacke des Greifers
zugesetzt hat. Willst du mit jemandem darüber reden?«
    »Da gibt es nichts zu reden«, wehre ich schroff ab
und ramme die Nadel in den Stoff. Connor lässt los. Er ahnt nicht im entferntesten,
dass mir eine ganz andere Sache auf der Seele liegt. Etwas derart Brutales, dass
ich mit niemandem darüber reden kann.
    »Alle hier riskieren ihr Leben dafür, dass wir im
Winter nicht verhungern«, sage ich so emotionslos wie möglich. Ich schlucke und
beiße mir kurz auf die Lippe, damit die Rebellin in mir schweigt.
    Wieso überfluten mich meine ketzerischen Gedanken gerade
jetzt? Mir wird übel, wenn ich an den bevorstehenden langen Winter denke. Wir
haben nie genug zu essen. Nicht einmal im Sommer.
    Die Hälfte der Ernte opfern wir den Göttern, damit
sie uns beschützen. Wir legen die Sachen in geheimen unterirdischen
Höhlengängen an heiligen Opferplätzen ab. Priester bringen die Waren das letzte
Stück des Weges. So ist garantiert, dass niemand die Orte kennt und keine
Plünderer das Essen rauben. Wir dürfen die Götter nicht erzürnen. Trotzdem
frage ich mich, ob wir damit nicht die Ratten füttern. Oder womöglich die Mutare
oder die Rebellen … Und noch ein Gedanke nagt in mir. Wenn die Götter so
allmächtig und überirdisch sind, warum müssen sie überhaupt essen? Warum
besorgen sie sich nicht aus eigener Kraft, was sie brauchen?
    Das sind kritische, rebellische Gedanken, die ich
mit niemandem teilen kann. Schon gar nicht mit Connor, den ich kaum kenne.
    Seit wann stelle ich mir diese Fragen überhaupt?
Seit wann bohren sie in mir?
    Konzentriert blicke ich auf meine Näharbeit. Der
ausgewählte Stofffetzen ist zu groß. Ich schnappe mir eine Schere und schneide
den Stoff in zwei Hälften.
    Connor nimmt mir die übrige Hälfte ab und spielt
damit, indem er den Stoff zwischen seinen Fingern hin und her gleiten lässt.
    »Wusstest du, dass die Offizierin, die euch bei
der Apfelernte beaufsichtigt hat, eine Verwarnung bekommen hat?«
    Überrascht lasse ich das Hemd auf meinen Schoß
sinken. »Wieso ist sie verwarnt worden?«
    »Es gibt einen Zeugen – der Mann, der auf dem
Apfelbaum neben dir stand. Er hat gesagt, die Frau habe sich nicht zu dir
umgedreht, als du um Hilfe gerufen hast. Und das, obwohl vor ihr kein weiterer
Angreifer in der Nähe war.«
    »Connor, warum erfahre ich das erst jetzt?«
    »Weil du die letzten drei Tage nicht allzu
gesprächig warst.«
    Ich schlucke. »Ja, der Todesschreck saß mir ziemlich
in den Gliedern. Und natürlich war ich aufgewühlt, weil ich mich nicht
beschützt gefühlt habe.«
    »Das ist der Punkt.« Connor hebt den Zeigefinger
und bohrt damit in die Luft. »Der Zeuge war ein freier Arbeiter. Er sagt, wenn der
Vorfall die Runde macht, komme bald kein Freiwilliger mehr zum Ernten. Er
fordert Waffen für die Arbeiter.«
    Ein warnendes Kribbeln zieht meinen Nacken hoch. Das
Gespräch nimmt eine Wende, die ich nicht will. Es war ein Fehler, zuzugeben,
dass ich mich geärgert habe.
    »Es ist ja nichts passiert«, falle ich Connor ins
Wort.
    Connor schweigt und sieht mich fragend an.
    Auch ich verschließe meine Lippen und blicke
erneut auf meine Näharbeit. Damit übergehe ich die Forderungen des Arbeiters.
Fordern heißt kritisieren, bedeutet das System, so wie es ist, anzugreifen.
Nein, darauf lasse ich mich nicht ein. Uns fehlen die Waffen, um jeden damit
auszustatten. Das weiß doch jeder.
    Schließlich halte ich Connors Schweigen nicht mehr
aus.
    »Was sagt die Gill dazu?«, lenke ich von dem
Arbeiter ab.
    »Jenska Skallgare hat gesagt, es sei

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