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Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Titel: Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Twin
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Sie
allein zur Halle für die Spezialtrainings hin?«
    »Ich erinnere mich«, nuschele ich und wische mir
den Schweiß an den Oberschenkeln ab.
    »Mir scheint, Sie haben einen exzellenten
Orientierungssinn.« Wieder durchbohrt mich sein Blick.
    »Das glaube ich eher nicht. Zumindest weiß ich es
nicht.«
    »Haben Sie sich neulich verlaufen, oder haben Sie
gefunden, was Sie gesucht haben?«
    Mist,
verdammter. Er hat mich doch in der Gefängnishalle gesehen, als ich ihm und
Kill hinterher geschlichen bin.
    Augenblicklich läuft mir der Schweiß brennend zwischen
den Schulterblättern herunter. Mein Herz klopft wie wild und ich möchte nur
noch eines: Weglaufen!
    Erikson tritt einen Schritt näher.
    Wir blicken uns so nah in die Augen, dass ich
sehen kann, wie seine schwarze Pupille gefährlich flackert. Sie wird größer,
dann kleiner und schließlich wieder größer. Mir scheint, seine Augen reagieren
auf seinen Herzschlag. So etwas habe ich noch nie bei einem Menschen
beobachtet. Diese Augen machen mir Angst, weil sie alles sehen. Wir stehen abseits
zwischen den Geräten, am Ende des Hindernisparkours. Die anderen haben sich
weitab verzogen. Sie üben Klettern, Bogenschießen, dreschen auf die Boxsäcke
ein oder reden miteinander. Uns beachtet niemand.
    »Mistral, ich habe Sie etwas gefragt. Haben Sie am
Gefangenentrakt gefunden, was sie gesucht haben?«
    »Nein«, sage ich mit Tränen in den Augen. »Ich
habe die Lagerhallen gesucht.«
    »Da haben Sie sich aber ordentlich verlaufen. Sie
waren bei den Gefangenen. Ich frage Sie noch einmal, wen haben Sie dort
gesucht?«
    Jetzt erst fällt mir auf, dass Erikson nun so
steht, dass ich ihm kaum entfliehen kann. Ich frage mich, warum er mich nicht
gleich vor drei Tagen dort festgehalten und zur Rede gestellt hat.
    »Wen haben Sie gesucht?« Eriksons Worte brennen
wie glühende Eisen in meinem Kopf.
    »Ehrlich, ich wollte nur zur Packstation und bin
irrtümlich ein Stockwerk zu tief gewesen.«
    »Falsche Antwort.« Seine Augen sind plötzlich so
dunkel wie Tinte. Ich spüre die Angst über meine Arme krabbeln, fühle wie sich
die Härchen aufrichten. Noch ein falsches Wort, und ich bin tot.
    Erikson tritt ungeduldig von einem Bein aufs
andere. »Stimmt es, dass Sie mit Pa:ris Liberius verlobt sind?«
    Irritiert blinzele ich. Was soll der Wechsel des
Themas? »Ja«, antworte ich leise.
    »Dann wollen Sie sicher bald schon heil und gesund
zu ihm zurückkehren.«
    Soll das etwa eine Drohung sein? Meine Unterlippe
zittert. »So … ist … es«, stammele ich.
    »Warum sind Sie überhaupt hier?« Eriksons Stimme
nimmt auf einmal einen ungewohnt weichen Tonfall an. »Hätte Liberius Sie nicht
vor all dem hier bewahren müssen?«
    Verwirrt bemerke ich, dass eine Träne über meine
Wange gekullert ist. Verschämt wische ich sie ab. »Er hätte es sicher gern
getan, aber sein Vater ist sehr, sehr streng mit mir.«
    Ich seufze. Habe ich die Situation falsch
eingeschätzt? Hat Erikson womöglich Angst vor mir gehabt? Dachte er, ich bin
hier, um dem Statthalter zu berichten? Vielleicht tue ich ihm unrecht. Ich muss
wissen, wo er steht. Dann erfahre ich vielleicht auch, warum er sich mit Kill
abgibt. Aus einem Gefühl heraus wage ich einen Vorsprung.
    »Noch mal zu den Gefangenen«, murmele ich.
    »Ja, was ist mit denen?«
    »Ich dachte, dort wären unsere Gefangenen … die Arbeiter … Sie wissen schon.«
    »Und?«
    »Ich habe die anderen gesehen. Ich … ich wollte es nicht … es ist passiert.«
    Er nickt und beißt die Zähne aufeinander.
    »Es … es hat mir nicht gefallen«, flüstere ich.
    Erikson blickt mich emotionslos an und schweigt.
    Mist, verfluchter, hätte ich bloß geschwiegen.
Jetzt weiß er, wie ich darüber denke. Wie konnte ich nur so dumm sein? Wer auch
immer dieser Mann ist, er hat es drauf, seine Gedanken vor anderen zu
verbergen.
    Abrupt dreht er sich weg und gibt mit einer
ausladenden Armbewegung den Weg frei. »Kommen Sie! Der Unterricht ist noch
nicht vorbei.«

 
    ***
    Am Nachmittag werden sämtliche verfügbaren Hilfskräfte
benötigt, um die Früchte zu säubern, das Gemüse einzulegen und das Kraut zu
stampfen. Wir müssen Konfitüren und Suppen kochen, Kräuter zum Trocknen
aufhängen und die Loren beladen. Die Mädchen und die Frauen arbeiten in der
Großküche und in der Konservenfüllstation. Die Jungs beladen die Waggons. Die
stärksten Männer gehen zusammen mit den Gills auf die nahegelegenen Äcker und
ernten Getreide.
    In der Küche tuscheln

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