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Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze

Titel: Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Twin
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öffne
ich schließlich die Lider und blinzele in grelles Licht.
    »Ah, da sind Sie ja wieder!« Ein pausbäckiges
Gesicht mit strahlendweißer Haube erscheint in meinem Blickfeld. »Sagen Sie mal ah !«
    Was will diese Lichterscheinung von mir?
    Ängstlich suche ich das Zimmer ab. Ist Frau Kasten
hier irgendwo? Oder habe ich nur geträumt, was sie gesagt hat?
    Die Schwester mit dem leuchtenden Kranz auf dem
Kopf beugt sich vor. Das weiße Deckenlicht blendet in meine Augen.
    Die Frau rüttelt an meiner Wange. »Mund auf!«
    Ich mache, was sie von mir verlangt. Etwas Hartes
landet auf meiner Zunge und drückt sie rabiat runter. Mein Mund schmerzt als
sei er mit Säure ausgegossen. Automatisch brülle ich »Aaah!«
    »Gut. Sie können wieder zumachen!«
    »Wass…« Ich schaffe es nicht, weiter zu sprechen.
    »Was Sie haben?« Die Schwester schüttelt den Kopf.
»Sieht nicht gut aus. Drei weitere Mädchen sind betroffen. Aber Sie haben es
eindeutig am schlimmsten.«
    »Wasss…«, krächze ich.
    »Ihre Zunge ist beerenrot. Das ist eindeutig eine
besonders schwere Form von Scharlach. Was sonst?«
    »Wass…sser, verdammt«, brülle ich.
    Sie zuckt zusammen und reicht mir eine
Schnabeltasse.
    »Vorsicht!«
    Mit Mühe schaffe ich es, einen Schluck zu trinken.
Sofort pruste und huste ich erschrocken. Mir entweicht die Luft aus den Lungen
und ich sinke kraftlos ins Kissen zurück. Das Wasser schmeckt merkwürdig bitter
und es liegt wie zäher Schleim auf meiner Zunge.
    »Versuchen Sie alles zu trinken!«
    Ich schließe erschöpft die brennenden Augen, spüre
wie die Schwester mir in die glühend heiße Wange kneift. Ihre Hand riecht nach
Seife und Desinfektionsmittel. Der Geruch verursacht ein scharfes Brennen in
meinem Hals. Sie soll endlich die Hand wegnehmen. Ich habe das Gefühl, ein
öliger Tropfen Parfüm rinnt mir den Rachen hinab.
    »Trinken! Habe ich gesagt. Alles!«
    Mein Mund öffnet sich halb.
    Zu gerne möchte ich kühles Wasser trinken, aber
nicht diesen zähen Saft, der sich wie ein rauer Pelz auf meine Zunge legt und
mich würgen lässt.
    Sie hebt meinen Kopf und setzt die Tasse erneut an
meine Lippen. »Sie wollen doch nicht sterben, oder? Dann schlucken Sie gefälligst
die Medizin!«
    Meine in dicke Wattewolken eingehüllten Gedanken
lichten sich für einen Moment. Scharlach hat sie gesagt. Hoffentlich hat sie
sich nicht getäuscht. Diese Infektion werde ich überleben. Die Erreger sind in
den letzten Jahrzehnten so stark mutiert, dass sie die Schwachen ins Grab
zwingen – nicht aber mich. Alte und Kinder haben keine Chance, das Fieber zu überleben,
doch ich bin stark.
    Ein beklemmender Gedanke drängt sich mir auf. Was
wird mit mir geschehen, wenn es nicht Scharlach ist? Wenn sie sich irren und
ich mich bei Kill angesteckt habe? Wenn die bloße Nähe seiner Lippen, der Hauch
eines Kusses bereits genügt hat, um mir das tödliche Fieber zu bringen?
    Dann sterbe ich.
    Jetzt.
    »Nun reißen Sie sich mal zusammen! Schön
austrinken!«
    Die Schwester lächelt endlich zufrieden. Sie nimmt
mir den Becher ab und stellt ihn mit einem Knall auf das kleine weiße Schränkchen
neben meinem Bett.
    Energisch schüttelt sie ein Fieberthermometer,
blickt auf die Anzeige, nickt geschäftig und steckt mir das kalte Glas in den
Mund.
    »Schön ruhig liegen bleiben! Ich bin gleich
zurück.«
    Erschöpft schließe ich die Lider.
    Mir ist so heiß. Ich stöhne.
    Das Laken fühlt sich nass an. Das Fieberfeuer
lechzt gnadenlos nach mir, es umschließt mit gierigen Zungen meine Arme und
Beine, frisst sich weiter durch meinen Bauch und lodert in meinen Lungen.
    Meine Haut brennt. Die Hitze droht mich wie eine
ölige Decke einzuhüllen.
    Hilfe, ich
ersticke!
    Um mich herum wird alles schwarz. Inmitten dieses
dunklen Tunnels kommt eine Gestalt auf mich zu.
    Der
Falkgreifer!
    Ich gaffe auf das Loch in seinem Brustkorb. Es
wird größer, reißt immer weiter auf. Sein rotes Herz pumpt hektisch. Blut
sprudelt daraus hervor. Das Herz schlägt immer schneller. Dann bleibt es
stehen. Ich sehe und denke nur noch Rot.
    Rot. Rot …
    Tot.
    Bevor an meinem Bett womöglich noch Dämonen und
Teufel aus der Hölle auftauchen, beschließe ich, mich auf etwas anderes zu
konzentrieren.
    Kill, mein
Liebster. Kill, ich liebe dich.
    Der Gedanke tut mir ebenfalls nicht gut, denn er
weckt augenblicklich mein schlechtes Gewissen.
    Oh nein, quäle ich mich, komme ich etwa ins ewige Fegefeuer, weil ich einen Wolfer
liebe?
    Aber sicher
ist das die Strafe,

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