Raya und Kill - Gefaehrliche Grenze
du spielend so eine
Infektion.« Er zwinkert. »Du bist ja sogar ins Kampftraining aufgenommen
worden. Na ja, so etwas kann nie schaden. Ich versuche ein gutes Wort für dich
einzulegen. Vielleicht darfst du noch vor Weihnachten nach Hause. Und dann
heiraten wir.« Er drückt meine Hand.
Verzweifelt blicke ich ihn an.
»Ah, du hast Durst.« Er sieht sich um. Neben
seinem Helm steht die Schnabeltasse. Vorsichtig hebt er meinen Kopf und flößt
mir zu Trinken ein. Ich schlucke schwer und sacke erschöpft in seinen Arm.
Pa:ris stellt den Becher zurück und streichelt
zärtlich mit den Fingerspitzen über mein Haar. Er nimmt eine Locke und dreht
sie mit konzentriertem Blick zwischen Daumen und Zeigefinger, ganz so als wolle
er sich diesen Teil von mir für immer einprägen.
»Ich habe dich so vermisst, meine Kleine.«
Seine Worte zerreißen mich innerlich. Mein Herz
brennt. Ich weiß, dass ich ihn liebe, sehr sogar – und doch liebe ich ihn nicht
so wie Kill. Wie kann das sein?, frage ich mich unglücklich. Wenn es
irgendetwas ändern würde, ließe ich mein Herz in zwei Teile schneiden. Es fühlt
sich jetzt schon an, als hätte mich der Hieb eines Schwertes erwischt.
Ich schlucke schwer und schließe die brennenden
Lider.
»Süße, hörst du mich?«
Ich nicke.
Wird es mir vielleicht doch gelingen, mich Pa:ris’
Wünschen unterzuordnen? Das würde alle meine Probleme lösen. Solange er mich
liebt, kann mir nichts passieren.
Die viel zu schwere Bettdecke klebt unangenehm an
meinen nackten Beinen. Unruhig zappele ich mit den Füßen.
Schöner Mist, holen mich die alten Sorgen wieder ein – irgendjemand hat mir die Stiefel ausgezogen, und derjenige muss das
Flugblatt gefunden haben. Wenn das zur Sprache kommt, werde ich mich
rechtfertigen müssen, und dann benötige ich einen Fürsprecher. Solange ich
unter Pa:ris’ Schutz stehe, wird meine Neugier sicher nicht zur Staatsaffäre
aufgebauscht werden, versuche ich mich zu beruhigen. Außerdem ist der gestrenge
Cesare diesmal weit weg. Ich werde erklären, dass ich im Fieberwahn gehandelt
habe, und Pa:ris wird es seinem General erklären. Er wird sagen, ich neige zu
unüberlegtem Handeln. Deshalb eigne ich mich auch nicht zur Gill. Egal, wie
großartig ich beim Training bin.
Alles wird
gut, denke ich und spüre, wie er meine Hand drückt.
***
Zwei oder drei Tage dämmere
ich zwischen Schlafen und Wachen. Wie viel Zeit genau vergangen ist, kann ich
nicht sagen. In diesem fensterlosen Bunker ist mir jegliches Gefühl für Tag und
Nacht abhanden gekommen. Das kleine Lämpchen neben dem Bett glimmt immer gleich
diesig, und wenn die Schwester im Raum ist, brennt zusätzlich das grellweiße
Deckenlicht.
Manchmal schlürfe ich etwas Brei oder trinke Tee.
Zwieback liegt angebissen auf einem Teller neben mir. Ich schaffe es nicht, die
harten Krümel zu schlucken. Es fühlt sich an, als müsste ich Sand essen.
An der Tür klopft es leise.
Wieso macht jemand das? Ich bin zu müde, um zu
rufen. Sie können doch einfach ins Zimmer kommen. Vorhin kam eine Schwester zum
Waschen und Fieber messen. Jetzt bringen sie vermutlich wieder diese bittere
Medizin.
Erneut pocht es. Langsam öffnet sich die Tür.
Pa:ris’ dunkler Schopf erscheint im Rahmen. Er betritt das Zimmer, schließt die
quietschende Klinke und tritt an mein Bett. Leise schiebt er den Stuhl näher,
setzt sich und greift vorsichtig meine Hand.
»Sie sagen, das Fieber sei bereits auf vierzig
Grad gesunken. Siehst du, es geht bergauf. Morgen kannst du bestimmt schon
etwas Keks essen. Und in einer Woche bist du wieder in Topform.«
Zärtlich streicht er über meinen Handrücken.
Seine Geste löst zwiespältige Gefühle in mir aus.
Einerseits tun mir seine Wärme und sein Mitgefühl gut, andererseits hat sein
Griff etwas Besitzergreifendes. Ich bin bereits ein Teil von ihm, er darf
ungefragt meine Hand halten. Das hätte er während der Schulzeit niemals gewagt.
Verwirrt blicke ich auf seinen kräftigen
Handrücken und seine schlanken Finger. Pa:ris ist für den Moment das einzige
Bindeglied zwischen diesem öden, dunklen Bunker und der Welt in Freiheit. Und
nun weiß ich es: Ich will nicht, dass er
mich loslässt. Matt erwidere ich seinen Druck.
Ich bin froh, ihn zu sehen, und ich will nicht,
dass ihm jemals etwas zustößt.
»Wasch ischt drauschen
losch?« Oh mein Gott, ich nuschele wie Kiki. Meine Zunge will mir einfach nicht
gehorchen.
»Alles ruhig. Zu ruhig. Deshalb muss ich mich
jetzt auch von
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