Raylan (German Edition)
States Marshal, Miss. Verraten Sie mir, wie Sie von Ihren Freunden genannt werden?«
Ein riesiger, breitschultriger Typ hatte mitgehört und fragte: »Hat Ihnen noch nie jemand die Dienstmarke abgerissen, so, wie sie da hängt?«
»Bislang nicht«, sagte Raylan. »Einer hat’s mal versucht, aber nicht geschafft. Und Sie, was machen Sie so, Football spielen? Sie sehen aus wie ein Lineman im Angriff.«
Der Typ mit den Schultern sagte: »Ich spiele in der Abwehr.«
»Ich meinte«, sagte Raylan, »dass Sie auf mich wie ein angriffslustiger Lineman wirken. Wenn ich es vor zwanzig Jahren mit Football versucht hätte, hätte man mich nach drei Tagen rausgeschmissen. Aber jetzt stecke ich mir meinen Stern erst mal in die Tasche, damit mich niemand mehr deswegen blöd anmacht.« Dann sagte Raylan: »Übrigens, falls Sie’s noch nicht wissen: Ich bin einer von den Guten. Im Dienst habe ich sieben Mal auf Menschen geschossen, auf flüchtige Verbrecher, keine Frauen, keine Studenten, und alle sind tot.« Jetzt lächelte Raylan den Lineman der Abwehr an. »Wenn Sie wollen, erzähle ich Ihnen noch mehr Geschichten aus dem Marshal-Leben.«
Um halb drei Uhr nachts setzte er schließlich seinen Cowboyhut auf und ging Miss Layla besuchen.
Um den Portier nicht zu stören, nahm Raylan für die Eingangstür seinen Dietrich. Er ging die Treppe hoch zu Laylas Apartment und klopfte an die Tür. Mit seinem Hut auf dem Kopf stand er vor dem Spion, damit sie ihn erkennen konnte, und klopfte erneut, drei kräftige Schläge.
Er wartete.
Mittlerweile beobachtete sie ihn sicherlich und überlegte sich, wie sie vorgehen sollte.
»Ich bin nicht gekommen, um Sie festzunehmen«, sagte Raylan, das Gesicht nah an der Tür. »Ich möchte mich nur mit Ihnen unterhalten.«
Da hörte er endlich ihre Stimme. »Um drei Uhr morgens?«
»Ich habe versucht, Sie früher zu erwischen«, sagte Raylan. »Sie haben dem Krankenhaus gesagt, sie bräuchten Urlaub, um Ihre Mutter gesund zu pflegen, aber Sie waren nicht mal in deren Nähe. Sie wissen, von welchem Zeitraum ich spreche?«
Schweigen.
Dann ihre Stimme: »Ich habe mich mit meinem Freund getroffen. Ich war wirklich in New Orleans.«
»Wenn wir ihn dazu kriegen, für Sie auszusagen«, sagte Raylan, »höre ich sofort auf, Sie weiter zu verdächtigen.«
»Er ist verheiratet«, sagte Laylas Stimme.
»Ich könnte trotzdem mal mit ihm reden«, sagte Raylan. »Wie heißt er?«
»Ich möchte ihn nicht in Schwierigkeiten bringen.«
»Wenn ich erst mal damit anfangen würde, Leute wegen Ehebruchs zu verhaften, würde ich gar nicht mehr heimkommen und meine Frau und die Kinder sehen. Wir haben drei Söhne und eine Tochter.«
Laylas Stimme sagte: »Warten Sie, bis ich mir etwas übergezogen habe.«
Raylan stellte sich vor, wie Layla splitternackt auf der anderen Seite der Tür stand, wollte etwas Schlagfertiges erwidern, kam aber auf nichts, das nicht dumm geklungen hätte, sagte also nur »Okay« und wartete.
Cuba hatte die Hose übergestreift und zog das Laken vom Sofa ab. Er sagte, »Raylan«, und schüttelte den Kopf. »Es war nicht zu überhören, dass ihr euch anlügt.«
Layla trug einen schwarzen Kimono mit einem Hauch von Rot darin. Sie befahl Cuba, die Schuhe anzuziehen und im Schlafzimmer zu warten. »Und zwar mit deiner Knarre«, sagte sie. »Wir sind so weit, wir machen es hier und jetzt. Direkt in der Badewanne. Lassen das Wasser laufen und spülen so das Blut weg. Sobald er in der Wohung ist, lügen wir uns noch ein bisschen weiter was vor. Ich will erst mal sehen, wie er drauf ist, wie seine Laune ist. Die Spritze halte ich bereit.« Sie sah sich im Zimmer um. »Vielleicht in der Küche. Er soll sich entspannen.«
»Und wenn er nicht hinsieht«, sagte Cuba, »kommst du mit der Spritze?«
»Ja, und du trägst ihn raus, wenn wir fertig sind«, sagte Layla. »Lässt ihn verschwinden.«
»Also nicht an einer Straßenecke ablegen und den Notarzt rufen?«
»Er kennt uns«, sagte Layla. »Schafft er’s bis in die Dialyse, sind wir am Arsch.« Sie sah Cuba ruhig an und sagte dann: »Habe ich recht?«
Cuba sagte: »Hast du doch immer.«
***
Sie machte die Tür auf und sagte zu Raylan, »folgen Sie mir«, dann führte sie ihn durchs Wohnzimmer in die Küche, wo auf der Theke schon zwei Wodka auf Eis warteten. Sie sah ihn grinsen, als sie ihm einen reichte.
»Sie wollen, dass ich mich entspanne«, sagte Raylan. »Um ehrlich zu sein, hatte ich dieselbe Idee. Wollte Ihnen versichern,
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