Raylan (German Edition)
mit der Hand vor seinem Gesicht herumgewedelt und war einfach weitergegangen. Jetzt öffnete er vor Layla die Hände zu einer bittenden Geste, diese Hände, die er dazu benutzt hatte, einem anderen das Leben zu retten. Er fand sich selbst so toll, dass er einen Ständer hatte.
Sie kamen in seine Richtung.
Raylan trat auf Dr. Goldman zu, würdigte Layla keines Blickes, und sagte: »Entschuldigen Sie, Doktor, aber meine Schwester muss hier irgendwo liegen, sie soll eine Nierentransplantation bekommen haben.«
Layla fragte: »Wie heißt Ihre Schwester denn?«
»Raejeanne Givens«, sagte Raylan und nannte den Namen seiner kleinen Schwester. »Ich weiß nicht, warum niemand aus meiner Familie hier ist. Ich komme gerade erst vom Flughafen.«
Layla sagte, »dann sehen wir doch mal nach Raejeanne«, legte ihre Hand auf Raylans Arm, zuckte mit den Schultern und warf dem Arzt einen Blick zu, der recht eindeutig ›Verpiss dich!‹ sagte. Dr. Goldman ging wortlos an Raylan vorbei den Flur hinunter.
»Ich bin bereits seit einer Stunde hier«, sagte Raylan, »und versuche rauszufinden, was los ist. Sie kommen gerade aus dem OP, oder?« Er hielt ihr die Hand hin. »Ich bin Raylan Givens, Deputy United States Marshal. Tut mir leid, wenn ich Sie undden Doktor gestört habe. Ich mache mir nur Sorgen wegen meiner Schwester.«
Sie sagte: »Hallo, ich bin Layla. Der Doktor hat gerade eine Niere transplantiert, und Sie sagen, Raejeanne braucht eine? Merkwürdig, wir haben hier keine Raejeanne, auf keinem Terminplan, noch nicht mal auf dem für die Untersuchungen.« Mit einer Art Lächeln hob Layla die Augenbrauen.
»Macht nichts«, sagte Raylan. »Sie wirkten nicht gerade glücklich, als Sie eben mit Howard sprachen. Da dachte ich mir, ich könnte vielleicht eingreifen und Sie befreien. Ich hatte den Eindruck, Sie würden mitspielen.«
Sie sagte: »Wollen Sie mich wegen irgendetwas verhören?«
»Ich bin auf der Suche nach einem Arzt«, sagte Raylan, »der in Motelzimmern Nieren herausoperiert und auf dem Schwarzmarkt für menschliche Organe verkauft.«
Jetzt lächelte sie. »Sie sind verrückt.«
»Hat denn keiner der Ärzte hier vielleicht ein Problem mit seiner Spielsucht? Geht draußen auf der Rennbahn pleite und verschuldet sich bei einem Geldverleiher?«
»Die wetten hier nur auf Golfspiele«, sagte Layla.
»Soweit ich weiß«, sagte Raylan, »setzt man, wenn man eine Niere entnimmt, den Schnitt vorne.«
»Woher wissen Sie das?«
»Ich habe mit den Opfern gesprochen. Zwei haben gesagt, es war eine Frau, die ihnen die Nieren geraubt hat. Ich dachte, na ja, vielleicht hat der Arzt eine Frauenmaske aufgehabt. Setzt man Spenderorgane auch von vorne wieder ein?«
»Kann man machen, wie man lustig ist«, sagte Layla. »Was denn für eine Maske?«
»Eine aus Gummi, die man sich komplett über den Kopf zieht. Ich glaube, es soll Mrs. Obama gewesen sein.«
»Wirklich?«
»Ja, und die andere Maske, da bin ich mir ziemlich sicher, war der Präsident.«
Layla sagte: »Die andere Maske ...?«
»Die, die Cuba Franks aufhatte.« Raylan ließ das so stehen und wartete ab, wie Layla damit umgehen würde.
Sie zögerte einen Moment, bevor sie den Kopf schüttelte und in ihrer weißen Schwesternkluft mit den Schultern zuckte. Dann sagte sie, »ich kann Ihnen leider nicht weiterhelfen«, und wandte sich schon ab, hielt aber noch einmal inne und fragte: »Warum kann der Arzt keine Frau gewesen sein?«
»Man hat mir gesagt, dass alle Ärzte hier Männer sind.«
»Sie könnte an einem anderen Krankenhaus arbeiten.«
»Das stimmt, aber Cuba kennt dieses Krankenhaus. Er ist mit seinem Chef ein, zwei Mal hier gewesen. Kennen Sie Cuba Franks?«
»Ich glaube nicht«, sagte Layla. »Ich würde Ihnen wirklich gerne weiterhelfen ...« Damit ließ sie ihn stehen.
Raylan wartete, bis sie sich ein paar Meter entfernt hatte, bevor er sagte: »Layla, Sie sind aber nicht diejenige, die die Nieren stiehlt, oder?«
Er hatte damit gerechnet, dass sie stehenbleiben und sich umdrehen würde. Nicht so Layla. Sie hob nur kurz lässig die Hand zum Gruß, ohne noch einmal zurückzublicken, so, wie man es häufig im Kino sieht.
Als er wieder bei den alten Zeitschriften im Wartezimmer saß, überlegte er, was er beim nächsten Mal zu ihr sagen sollte. Er kam zu keinem Schluss, bis Nichols den Raum betrat und sagte: »Es war gelogen, dass sie ihre Mutter gesund pflegen musste. Die alte Dame wohnt seit drei Jahren in einem Heim für
Weitere Kostenlose Bücher