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Raylan (German Edition)

Raylan (German Edition)

Titel: Raylan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmore Leonard
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Lynch.
    »Früher«, sagte Raylan, »haben hier mal zehntausend Menschen gelebt. Heute hat der Ort noch achthundert Einwohner, Bergbau unter Tage wird kaum noch betrieben. Städte ändern sich, wenn der Kohleabbau sich ändert. M-T sprengt den ganzen Bergzug weg, Schicht für Schicht tragen sie die Flanken ab, alles, was übrig bleibt, kippen sie seitlich runter, und unten duckt sich der Wald. Ich erinnere mich noch gut, wie Freunde von mir die Highschool verlassen haben, um ihre Jugendliebe zu heiraten und in die Minen runterzufahren. Die Jungs konnten’s gar nicht abwarten, ihr Mädchen jede Nacht bei sich im Bett zu haben, das so lange hübsch ist, bis ihm die Zähne ausfallen. Dann verschleißt sie sich bei der Erziehung der Kinder, und er geht, wenn er nicht gerade unten in der Mine ist, raus, einen trinken. Dann fällt ihm ein Stein auf den Kopf, er muss sich auskurieren, kann nicht arbeiten und wird gefeuert«, sagte Raylan. »Erinnerst du dich noch an Tennessee Ernie Ford, wie er in dem Song Sixteen Tons schuftet, um Kentucky-Kohle zu fördern, und dabei immer älter wird und einen immer größeren Schuldenberg anhäuft?«
    »Am Ende schuldet er dem Lebensmittelladen seine Seele«, sagte Art. »Das war damals wirklich so im Kohlebergbau: Die Arbeiter wurden in Gutscheinen bezahlt, die sie nur im Lebensmittelladen einlösen konnten, der ebenfalls dem Konzern gehörte.«
    Raylan sagte: »Hast du die Jungs gesehen, die gerade ins Restaurant gekommen sind?«
    »Kohlekumpel«, sagte Art.
    »Aber das sieht man ihnen nicht an, oder? Ihre Overalls werden vielleicht ein kleines bisschen staubig, wenn sie da oben auf ihren Schaufelradbaggern sitzen, aber Kohleschmutz ist das nicht.«
    Art sagte: »Irgendwann sind auch diese Jungs mal in der Gewerkschaft der Kohlearbeiter gewesen, wie alle.«
    »Aber Gewerkschafter bekommen bei M-T keinen Job.«
    »Jetzt lass sie doch in Frieden. Müssen schließlich ihre Familien ernähren.«
    Sie näherten sich Looney Ridge, dem Tagebau von M-T Mining. Art sagte: »Sie kippen Geröll und Abfälle einfach über die Kante und nennen das dann ›Talverfüllung‹.«
    Er wurde langsamer und fuhr im Schneckentempo an einem Warnschild vorbei, das an einen Baum genagelt war. Darauf stand:
    BETRETEN VERBOTEN
    JAGEN VERBOTEN
    ANGELN VERBOTEN
    KRAFTFAHRZEUGE VERBOTEN
    BESUCHER VERBOTEN
    ALLES VERBOTEN
    Raylan las vor: »›Jede Zuwiderhandlung wird strafrechtlich verfolgt.‹ Über Ermittlungen in einem Mordfall steht nichts da, wir haben also noch mal Glück gehabt.«
    Sie fuhren jetzt bergan durch den Wald Richtung Abbaustelle.
    »Morgen findet in Cumberland diese Versammlung statt, die M-T anberaumt hat«, sagte Art. »Jeder ist eingeladen, seinen Frust dem Konzern gegenüber abzulassen.«
    »Keine Jobs«, sagte Raylan, »und der Kohlenstaub setzt sich überall fest.«
    »Sie wollen sich zu den Beschwerden äußern«, sagte Art, »und Auskunft darüber geben, was sie wegen der kahlen Bergrücken unternehmen wollen.«
    »Ich habe gehört«, sagte Raylan, »dass sie einen Golfplatz anlegen werden. Die ganzen entlassenen Bergleute können dann eine Runde Golf spielen gehen, damit ihnen nicht langweilig wird. Das wird also so ablaufen: Arbeitslose Kumpel schreien die Kumpel mit Job an, und schon ist die Versammlung wieder vorbei.«
    »Teilweise wird es sicher tatsächlich so kommen«, sagte Art, »aber in dieser Versammlung wird es auch um den Black Mountain gehen – keine Ahnung, ob das schon jemand weiß. M-T behält das lieber möglichst lange für sich.«
    »Den Big Black kriegen sie nicht«, sagte Raylan.
    »Bis jetzt nicht, aber sie sind geduldig.«
    »Wie hoch ist der, tausendirgendwas?«
    »Tausendzweihundertdreiundsechzig Meter über Normalnull.«
    »Und wie hoch vom Fuß bis zum Gipfel?«
    »Ungefähr siebenhundertfünfzig Meter.«
    Raylan sagte: »Diesen Berg auch noch zu skalpieren, das wird man M-T nicht durchgehen lassen. Der ist doch voller Natur, Tiere, Hirsche, Wege für Geländewagen ... Dass in diesem Fall die Ökos den Aufstand proben würden, ist doch garantiert.«
    »Du sprichst da von Leuten, die sich von ihren Gefühlen leiten lassen«, sagte Art. »Warten wir mal ab, wie die sich gegen die Anwältin eines Bergbaukonzerns schlagen.«
    »Diese Frau, die der Konzern schickt?«
    »Ja, Carol Conlan«, sagte Art.
    »Fünf Dollar, dass sie eine Männer hassende Emanze ist.«
    »Ihr Vater war Kumpel in West Virginia. So viel ich weiß, ist sie in Bergarbeitersiedlungen

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