Raylan (German Edition)
fragte Raylan, »der war unter Tage, oder?«
»Bis der Schacht über ihm eingebrochen ist.«
»Das muss 1996 gewesen sein«, Raylan schüttelte den Kopf, »da waren Sie noch ein kleines Mädchen. Tut mir leid, dass ich davon angefangen habe.«
»Schon gut«, sagte Jane. »Ich hab’s aus Hazard rausgeschafft, um etwas aus mir zu machen, und es bis zur Nackttänzerin und Bankräuberin gebracht.«
Raylan lächelte.
Jane sagte: »Das ist nicht lustig.« Aber auch sie grinste jetzt.
»Wenn Sie weiter auf diese Weise davon erzählen«, sagte Raylan, »lachen sich noch in zehn Jahren die Leute kaputt.«
Sie fragte: »Werde ich so lange im Gefängnis sein?«
»Euch hat doch dieser Typ gezwungen, die Banken auszurauben«, sagte Raylan, »er hat euch unter Drogen gesetzt, damit euch alles wie ein witziges Spiel vorkam, oder? Ich glaube, ihr könnt diesen Mann verklagen. Wie heißt er?«
»Es gibt einen Grund«, sagte Jane, »warum ich seinen Namen noch nicht genannt habe: Ich habe eine Heidenangst vor ihm.«
»Hat er euch verprügelt?«
»Es hat bei jedem Widerwort eine Ohrfeige gesetzt, oder wenn man ihm nicht sofort geantwortet hat. Danach hat er immermit Engelsstimme gesagt: ›Baby, du weißt, ich schlage dich nur ungern.‹ Immer wieder dieses: ›Bitte, Baby, zwing mich nicht dazu.‹ Er hat gesagt, mit weniger als fünftausend pro Kopf bräuchten wir gar nicht erst nach Hause zu kommen. Deswegen haben wir in den Banken immer genau das gefordert. Drei Mal hab ich’s zusammen mit den Mädels gemacht und einmal alleine, und da ist dann prompt die scheiß Farbbombe hochgegangen.«
»Durftet ihr was von der Beute behalten?«
»Ein paar Hundert.«
»Kannten Sie die anderen beiden schon vorher?«
»Wir haben eine Zeit zusammen gestrippt. Zwei Barbiepüppchen auf Drogen. Kim und Cassie.«
»Wie lief die Vorbereitung?«
»Er hat uns was zum Rauchen gegeben und gesagt: ›Wenn ihr fertig seid, Ladys, kommt ihr sofort nach Hause, verstanden?‹ Zur Bank gefahren und wieder abgeholt hat uns immer so ein junger Typ, aber ich würde alles verwetten, dass Delroy uns beobachtet hat.«
»Delroy also ist es«, sagte Raylan, »der euch die Jobs organisisert hat?«
»Ich habe gerade seinen Namen gesagt, oder? Ist mir rausgerutscht.« Jane sah Raylan jetzt mit zusammengekniffenen Augen an. »Kennen Sie Delroy Lewis?«
Raylan erinnerte sich, wie er damals gewartet hatte, bis Delroy sein Gewehr fallen ließ und die Hände hochnahm. »Ich habe ihn mal verhaftet. Viel geredet haben wir da nicht miteinander.«
»War das in Florida?«, fragte Nichols. »Großer, dürrer Typ? Wurde dann verurteilt wegen Tätlichkeit, in seinem Fall schwerer Körperverletzung. Er hat einem Mann mit einer Schrotflinte den Arm weggeschossen, als der seine Waffe ziehen wollte.«
»Als er versucht hat, sie aus der Hose rauszukriegen«, sagte Raylan. »Der Mann wollte eine Million Dollar für den Verlust seines Arms. Seine Waffe nicht griffbereit zu haben – ich habe noch nie von einem V-Mann gehört, der so blöd ist. Delroy hat irgendwas zwischen sieben und zehn Jahren dafür gekriegt, dass er versucht hat, ihn umzubringen.«
»Was hat er denn mit euch Mädchen verdient?«, fragte Nichols Jane. »So vierzig-, fünfzigtausend? Diesmal kriegen wir ihn wegen Auftragsraubes dran.«
Jane sagte: »Ich habe mit ihm telefoniert.«
Raylan sagte: »Sie haben ihn von hier aus angerufen?« Und flehte innerlich den heiligen Christophorus an in der Hoffnung, dass sie Delroy nicht von ihrer Verhaftung erzählt hatte.
»Hab ihm erzählt«, sagte Jane, »dass ich geschnappt worden bin, voll mit roter Farbe. Wissen Sie, was er gesagt hat? Zur Abwechslung mal klang seine Stimme überhaupt nicht entspannt. Er hat gesagt: ›Mit wem spreche ich, bitte?‹ Hat versucht, auf ahnungslos zu machen. War sicher das erste Mal in seinem ganzen Leben, dass er ›bitte‹ gesagt hat. Er wusste, dass die Polizei meinen Anruf aufzeichnet. Ich so: ›Hör auf, lass den Scheiß, ich bin im Knast.‹ Darauf Delroy, total unbeteiligt: ›Wer spricht denn da, bitte?‹ Ich hab ihn angeschrien: ›Ich bin’s, Janie. Die haben mich geschnappt.‹ Wieder die tonlose Stimme am anderen Ende: ›Ich kenne niemanden, der Jane heißt.‹ Dann hat er sein Handy abgeschaltet. Ich habe für diesen Wichser Banken überfallen. Und plötzlich kennt er mich nicht mal mehr.«
Raylan merkte, dass es besser wäre, das Thema zu wechseln.
Nichols Telefon klingelte.
Er nahm ab, horchte, sagte,
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