Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Raylan (German Edition)

Raylan (German Edition)

Titel: Raylan (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmore Leonard
Vom Netzwerk:
Zeitung habe ich aber gelesen«, sagte Jackie, »dass es eine Automatik war, eine Glock. Falls Sie noch wissen wollen, was ich mache: Ich bin Pokerspielerin. Harry hat mich mit frischem Geld versorgt, als es mal nicht so lief und ich schon fast raus war. Und jetzt fährt er mit mir zu Pokerspielen.«
    »Ich habe zehntausend Dollar investiert«, sagte Harry, »nachdem sie zwanzigtausend an ein paar Jungs verloren hatte, die ich zufällig kenne. Sie hat mich neugierig gemacht, ich hatte bei ihr so ein bestimmtes Gefühl, es war die Art, wie sie über Poker redete, so, als würde sie dieses Spiel in- und auswendig kennen, dass ich mir dachte, warum nicht? Ich habe ihr zehn Riesen gegeben und gesagt: Wenn du verlierst, lasse ich dich an der nächsten Straßenecke raus. Tja, und das kleine Mädchen hat einen guten Lauf hingelegt, erst in ein paar Clubs in Indiana, danach zwei ganze Tage in Louisville, wo sie gegen ein paar Jungs gespielt hat, die überhaupt nicht wussten, wie ihnen geschah.« Zu Jackie sagte er: »Erzähl Carol doch, wie viel du gemacht hast.«
    Sie erwiderte: »Du hast mir noch nicht ein Mal dabei geholfen, meine Gewinne zu zählen.«
    Er sagte: »Du Arme.« Und zu Carol: »In Louisville hat Jackie nur ein kleines Päckchen Scheine in die Bank gelegt und am Ende eine Kreditkarte gewonnen. Sie wollen wissen, wie viel drauf ist? Fragen Sie sie, mir verrät sie’s nicht.«
    »Tja, wenn sie gegen High Roller gespielt hat«, sagte Carol, »und Sie sagen, sie hatte einen guten Lauf, dann schätze ich mal ...«, Carol hielt inne und sah Jackie an. »Du sagst kein Wort dazu, richtig? Würdest du darüber reden, könnte ich womöglich denken, dass du dich damit brüstest, und deswegen behältst du’s lieber für dich. Das ist bewundernswert zurückhaltend für ein junges Mädchen von vielleicht ... einundzwanzig Jahren? Du spielst schon dein ganzes Leben lang Poker, oder?«
    »Seit ungefähr sieben Jahren«, sagte Jackie.
    »Dann hast du also angefangen, als ...«
    »Ich sechzehn war«, sagte Jackie. »Zuerst aber nur online.«
    »Das ist ja fast schon dein ganzes Leben. Spielst du immer um Geld? Warum sonst, stimmt’s? Vermutlich an der Uni.«
    »Ich bin auf der Butler«, sagte Jackie, »habe dort jeden Abend gespielt.«
    »Betrügst du?«
    »Nein.«
    »Du hast das vermutlich nicht nötig. Du durchschaust die Menschen.«
    »Das tut man unvermeidlich«, sagte Jackie. »Man prüft ihre Gewohnheiten, während man sich seine Chancen ausrechnet.«
    »Mehr braucht es nicht«, sagte Carol. »Wir sollten uns mal zusammensetzen und ein bisschen pokern.«
    »Sie hat zu tun«, sagte Harry.
    »Dann eben, wenn sie damit fertig ist«, sagte Carol. »Wir trinken was und unterhalten uns ein bisschen.«
    »Ich bin übrigens dreiundzwanzig«, sagte Jackie.
    Carol lächelte sie an und sagte: »Tut das was zur Sache?«
    Boyd saß mit im Schoß gefalteten Händen an Carols Tisch in der Mitte des Blue Grass Room und sagte kein Wort. Ihre Getränke kamen, Weißwein für Carol, eine Flasche Rolling Rock für Boyd. Sie hatte ihm verboten, Hochprozentiges zu trinken, wenn er sie durch Lexington chauffierte. Er goss sich das Bier ins Glas, hob es an die Lippen, nahm einen Schluck und stellte es wieder ab.
    »Ich kann mir denken, was es war«, sagte Carol. »Harry, der dich Boy genannt hat. ›Ihr Boy musste Otis Culpepper ja erschießen.‹ Harry nennt jeden unter fünfzig so. Und zu Jackie sagt er ›dieses kleine Mädchen‹. Du hast ihn doch gehört. Jackie ist dreiundzwanzig. Sie wusste, dass ich sie durchschaut hatte, deshalb ist sie mit der Sprache rausgerückt. Dabei ist es mir völlig egal, wie alt sie ist. Sie ist zwar noch ein Kind, aber sie ist hellwach.«
    Boyd sagte: »Weil Sie mir Ihr Leben verdanken, haben Sie mich immer griffbereit? Für den Fall, dass ich Sie irgendwo hinfahren oder eine Besorgung machen muss? Wissen Sie eigentlich, wie es ist, wenn man Leute so über sich reden hört, während man blöd danebensitzt?«
    »Sie hat sich gleich auf mich gestürzt, als ich die Glock als Revolver bezeichnet habe. Ich glaube nicht mal, dass sie mich verbessern wollte. Sie wollte nur meine Aufmerksamkeit.«
    »Es war Ihre Waffe«, sagte Boyd. »Das hätte ich ihr erzählen können.«
    »Sie macht es wie beim Poker«, sagte Carol. »Wenn sie dran ist,sagt sie: ›Ich raise‹, kriegt so jedermanns Aufmerksamkeit und legt gleichzeitig offen, was es den Tisch kosten wird, im Spiel zu bleiben. Ich glaube, ihren eigentlichen

Weitere Kostenlose Bücher